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scheidung erfolgt durch eine Erklärung des
Md J. Durch kgl. Verordnung kann nach An-
hörung des Provinziallandtages auch Städten
von geringerer Einwohnerzaht auf Grund be-
sonderer Verhältnisse das Ausscheiden aus dem
bisherigen und die Bildung eines eigenen
Kreisverbandes gestattet werden, wovon in-
dessen bisher kein Gebrauch gemacht worden
ist. In allen diesen Fällen ist zuvor eine Aus-
einandersetzung darüber zu treffen, welchen
Anteil die ausscheidende Stadt an dem ge-
meinsamen Aktiv= und Passivvermögen des
bisherigen K. sowie etwa an fortdauernden
beistungen zu gemeinsamen Zwecken der beiden
neuen K. zu übernehmen hat. Aber die Aus-
einandersetzung beschließt auch hier der Bez.
vorbehaltlich der den Beteiligten gegenein-
ander zustehenden Klage bei dem Bez A. Die
dabei maßgebenden Gesichtspunkte sind u. a.
dargelegt in OVE. 2, 15; 7, 61; 10, 10. Pri-
vatrechtliche Verhältnisse Dritter werden durch
Veränderungen der Kreisgrenzen nicht berührt
(Kr O. 8§ 4). Im Falle des Ausscheidens einer
Stadt aus dem Kreisverbande hat eine neue
Verteilung der RKreistagsabgeordneten auf die
einzelnen Wahlverbände und eine Neuwahl
sämtlicher Abgeordneten stattzufinden (Kr . f.
d. 5. Pr. § 112 Ziff. 1 und die analogen Be-
stimmungen der übrigen KrO.).
Kreisersatzkommissionen, frühere Bezeich-
nung für die jetzigen Ersatzkommissionen, s.
Militärersatzwesen I.
Kreishaushalt. Die Kreise sind als öffent-
liche Korporationen selbständige wirtschaftliche
Persönlichkeiten, besitzen als solche eigenes
Vermögen und haben ihre besondere Finanz-
verwaltung. Die Einnahmen der Kreise be-
stehen hauptsächlich aus den den Kreisen
überwiesenen Renten (s. Dotation U.B); den
eigenen Einnahmen des Kreises aus seinem
Vermögen, sowie wirtschaftlichen Unterneh-
mungen (Chausseen, Krankenhäuser, Klein-
bahnen, Wasserleitungen usw.); den Erträgen
der ihnen gesetzlich zustehenden Steuern, Kosten
und Gebühren (Betriebssteuern s. d. VI; Jagd-
scheingelder s. Jagdschein und Jagdschein-
gesetz; Gebühren für Impfscheine s. Impf-
listen und Impfscheine, Kosten in Verwal-
tungsstreitsachen und ähnliches); sowie den
Erträgen der vom Kreise beschlossenen Abgaben,
Beiträge und Gebühren (s. Kreisabgabey).
Die Verfügung über das Rreisvermögen steht
dem Kreistage zu, dessen Beschlüsse insoweit der
Bestätigung des BezA. bedürfen, als sie sich
auf die Veräußerungen von Grundstücken und
Immobiliarrechten beziehen (KrO. f. d. ö. Pr.
6 Ziff. 4 und entsprechend in den übrigen
O.). Unter den Begriff „Veräußerung" fallen
hier auch Schenkungen. Von dem K. han-
deln die §§ 127—129 KrO. f. d. ö. Pr. bzw.
83—86 HannärO., §§ 84—87 Hess Nass-
f O., §§ 71—74 WestfürO., §§ 71—74
RheinkirO., 85 114—117 SchlHolstr. Den
dort gegebenen Vorschriften entsprechend ent-
wirft der Kr A. jährlich einen Haushaltsetat,
welcher von dem Kreistage festgestellt und
demnächst in derselben Weise wie die Kreis-
tagsbeschlüsse veröffentlicht wird. Die Land-
habung des Etatsrechtes seitens des Kreis-
Rreisersatztommissionen — Kreishilfe.
tages unterliegt lediglich der Kognition der
Aufsichtsbehörden. Bei Vorlage des Haus-
haltsetats hat der Kr A. dem Kreistage über
die Verwaltung und den Stand der Kreis-
kommunalangelegenheiten Bericht zu erstatten.
Ausgaben, die außer dem Etat geleistet wer-
den sollen, bedürfen der Genehmigung des
Kreistages. Die Kreiskommunalkasse, die
von einem Rendanten verwaltet wird, muß
von dem Vorsitzenden des Kr A. an einem be-
stimmten Tage in jedem Monate regelmäßig
und mindestens einmal im Jahre unter Zu-
iehung eines vom KrA. zu bestimmenden
itgliedes außerordentlich revidiert werden.
Uber die Feststellung und den Ersatz von
Defekten der Kreisbeamten beschließt der Bez A.
nach Maßgabe der V. vom 24. Jan. 1844
(GS. 52); s. Defekte II. Die Jahresrech-
nung ist von dem BRendanten der Kreis-
kommunalkasse innerhalb der ersten vier
Wochen nach Schluß des Rechnungsjahres zu
legen und dem Kr. einzureichen. Dieser
hat die Rechnung zu revidieren, mit seinen
Erinnerungen dem Kreistage zur Feststellung
und Entlastung einzureichen und demnächst
einen Rechnungsauszug zu veröffentlichen.
Seit Erlaß des G. vom 29. Juni 1876 (GS.
177) haben die Kreiskorporationen den Beginn
des Etatsjahres meist auf den 1. April ver-
legt.
Kreishilfe auf dem Gebiet des Wegewesens
ist die vom Kreise den Gemeinden und Guts-
bezirken zu Pewährende Nachbarhilfe (OV.
11, 224) (s. Aachbarhilfel. So hat in der
Prov. Sachsen nach § 20 der Wegeordnung
vom 11. Juli 1891 (GS. 316) der Kreis, wenn
im Einzelfalle die Erfüllung der Wegebaulast
die Kräfte des Wegebaupflichtigen (Gemeinde
oder Gutsbezirk) übersteigt, eine Beihilfe zu
gewähren. Notwendigkeit, Dauer, Art, Maß
und nähere Bedingungen der Beihilfe stellt
jedesmal der Greistag auf Vorschlag des Kr.
fest. Im Falle der Ablehnung beschließt auf
Anrufen der BezA. Die Ubertragung der
Vorschrift auf die Prov. Westpreußen in der
Wegeordnung vom 27. Sept. 1905 (GS. 357) ist
aus Erwägungen provinzieller Aatur seiner-
zeit von dem Provinziallandtage dieser Pro-
vinz entschieden widerraten und dementspre-
chend im Landtage der Monarchie abgelehnt
worden (vgl. Drucks. des Herrenhauses Ar. 81
S. 43 ff.). In Schlesien besteht die K. bezüg-
lich der Landstraßen höchst subsidiär neben der
Aachbarpflicht der Gemeinden (Wegeregl. für
Schlesien und die Grafschaft Glatz vom 11. Jan.
1767 § 7 — abgedruckt bei Germershausen,
Wegerecht, 2. Aufl., Bd. 2 S. 113), nicht da-
gegen bezüglich der Vizinalwege (§ 5 a. a.O.).
Auch in der Grasschaft Mark findet sie sich
(Edikt vom 23. Febr. 1676 Ziff. 5 — abgedruckt
bei v. Rönne, Wegepolizei S. 617; vom
25. Juli 1730 — v. Bönne S. 618 — und
vom 7. Jan. 1769 — v. Aönne . 619).
Eine besondere Art der K. besteht hinsichtlich
der von den Gemeinden und Gutsbezirken
für Land= und Heerstraßen zu leistenden Hand-
und Spanndienste auf Grund des G. vom
21. Juni 1875 (GS. 324) in dem ehemals süd-
preußischen Teile der Prov. Posen. Danach