Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Kunststraßen. 
ziehung die Anweisung zum Bau und zur 
nterhaltung der Chausseen vom 6. April 
1834 von besonderer Bedeutung ist. Sie ent- 
hält u. a. Vorschriften über die Breite des 
Planums, der Steinbahnen und Sommerwege, 
über die Breite von Straßen ohne Sommer- 
weg usw. Für die Staatschausseen ferner 
wurden die Verpflichtungen der Interessenten, 
insbesondere der engeren Kommunalverbände, 
durch das Reskr. vom 8. Nov. 1834, die sog. 
Rotherschen Bedingungen, näher festgestellt. 
Das Chausseegelderwesen schließlich erfuhr seine 
erste allgemeine Regelung durch die V., die 
Kommunikationsabgaben betr., vom 16. Juni 
1838. Für den Verkehr auf den K. erwies 
sich als im hohen Alaße bedeutungsvoll die 
V. vom 17. März 1839, betr. den Verkehr 
auf den K. (GS.80), und die V. vom 
29. Febr. 1840, betr. den Tarif zur Erhebung 
des Chausseegeldes auf den Staatschausseen 
und die Handhabung der Polizei auf den- 
selben (GS. 94). Sie bilden noch heute, teil- 
weise ersetzt durch das G. vom 20. Juni 1887 
(G#S. 301), die wesentlichen Grundlagen der 
Chausseepolizei und der Chausseegelderhebung. 
Hinsichtlich der technischen Behandlung der 
Chausseebauten erging demnächst noch die 
Instr zur Aufstellung der Projekte und 
ostenanschläge für den Bau von K. vom 
17. Mai 1871. Den letzten bedeutsamen Vor- 
gang auf dem Gebiete der Chausseegesetz- 
gebung enthält das bereits erwähnte G., betr. 
die Abänderung der V. vom 17. März 1839 
und der KabO. vom 12. April 1840, vom 
20. Juni 1887 (G. 301), durch das die auf 
den K. zulässigen Ladungsgewichte und die 
Breiten der Radfelgen ihre Regelung er- 
fahren haben. Es enthielt insoweit für den 
Geltungsbereich der abgeänderten Bestim- 
mungen, die älteren Provinzen, die, angesichts 
der neueren Entwicklung der Verkehrsmittel, 
freilich nicht mehr zulänglichen Normen für 
den Gemeingebrauch der Chausseen. In den 
neueren Provinzen hat das Chausseewesen 
seine besondere, zum Teil der altpreuß. Ge- 
setzggebung systematisch und praktisch erheb- 
lich überlegene gesetzliche Regelung gefunden. 
Eine Zusammenstellung der auf K. bezüglichen 
Bestimmungen in den einzelnen Landesteilen 
enthält das Handbuch der gesetzlichen Bestim- 
mungen über die Provinzial-, Kreis= und 
Aktienchausseen der preuß. Monarchie von 
Emil Bittmann, 2. Aufl., Berlin 1891, Karl 
Heymanns Verlag. Für den durchgehenden 
Verkehr traten seit der Mitte des vorigen 
Jahrhunderts die Eisenbahnen allmählich an 
die Stelle der Chausseen. Dagegen verdichtete 
sich bis zur Gegenwart das Netz der K. mit 
örtlicher Bedeutung, so daß gegenwärtig die 
Länge der K. im preuß. Staate sich etwa auf 
100000 km beläuft. Die Einführung des Kraft- 
fahrzeugs scheint übrigens berufen zu sein, 
den K. ihre Bedeutung für den durchgehenden 
Verkehr wenigstens teilweise wieder zu ver- 
leihen. Früher überwiegend in der Hand des 
Staates, befindet sich seit dem Ubergange der 
Staatschausseen auf die Provinziallkommunal-- 
verbände (vgl. das Dotationsgesetz vom 8. Juni 
1875 — GS. 497) die Verwaltung des RKunst- 
  
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straßenwesens in erster Linie in der Hand dieser 
Verbände und mit der Zunahme der Kreis= und 
sonstigen kommunalen K. in der Hand der Kreise 
und Gemeinden. Auch Aktienvereine gibt es 
noch als Unternehmer des Baues und des Be- 
triebes von K., herrührend aus den ersten Zeiten 
der Entwichlung des Kunststraßenbaues, in 
beschränkter Zahl. Neue Unternehmungen dieser 
Art dürften indessen infolge der schlechten finan- 
ziellen Ergebnisse und bei der in den Verhält- 
nissen begründeten Meigung zur kommunalen 
Behandlung des Wegebaues kaum entstehen. 
II. Begriff und Entstehung. a) Eine 
allgemeine gesetzliche Begriffsbestimmung für 
K. gibt es nicht. Die Begründung zum G. 
vom 20. Juni 1887 (GS. 301), Druchs. des 
Abgh. 1887 Ar. 121 S. 11, führt aus: „Eine 
begriffliche Bestimmung dessen, was unter 
K. im Sinne dieses Gesetzes und der §§ 9—11 
der V. vom 19. Mlärz 1839, beziehentlich der 
Chausseen im Sinne des § 56 36. zu ver- 
stehen ist, begegnet den größten Schwierig- 
keiten, empfiehlt sich ihres vorwiegend tech- 
nischen Charakters und der damit verknüpften 
-Dbtwendigkeit, dem Stande der Technik zu 
folgen, auch nicht für die Gesetzgebung. Es 
erscheint daher rätlich, das bisherige Verfahren, 
die Entscheidung von Fall zu Fall, beizu- 
behalten und nur dem Bedürfnis entsprechend 
umzugestalten.“ Demgemäß behandelt das G. 
vom 20. Juni 1887 die K. als etwas begriff- 
lich Feststehendes und bestimmt im Art. III § 12, 
daß als K. in seinem Sinne gelten sollen: 
1. alle K., auf welche die V. vom 17. März 
1839, betr. den Verkehr auf K. (GS. 80), An- 
wendung findet (OVd. 21, 233); 2. alle K., 
für welche das Recht zur Erhebung von Chaussee- 
geld verliehen ist oder die zusätzlichen Bestim- 
mungen zu dem Chausseegeldtarif vom 29. Febr. 
1840 (GS. 97) für anwendbar erklärt sind 
(OV. 41, 229); 3. diesenigen K., welche auf 
Antrag des Unterhaltungspflichtigen als solche 
staatlich vom Oberpräsidenten anerkannt und 
in das Kunststraßenverzeichnis eingetragen 
worden sind. Uber die Bedeutung dieses Ver- 
zeichnisses vgl. OB G. 26, 218; 35, 263; ferner 
38, 221. Das O#. hat ausgesprochen, daß 
unter K. (Chausseen), den Dammstraßen des 
Ad#R., diejenigen kunstmäßig ausgebauten 
Wege zu verstehen sind, auf welche die für 
Chausseen besonders ergangenen gesetzlichen 
und reglementarischen Bestimmungen für an- 
wendbar erklärt sind (OV. 24, 204). Das 
Vorhandensein eines zurchausseemäßigen Unter- 
haltung öffentlichrechtlich Verpflichteten ist 
nicht wesentlich (OV. 11, 218; 35, 243). Die 
K. sind besondere Verkehrsmittel auch in dem 
Sinne, daß bei der Umwandlung eines recht- 
lich anders gearteten öffentlichen Weges, z. 
einer Land- und Heerstraße in eine K., seine 
besonderen rechtlichen Eigenschaften für die 
Dauer der BZunststraßeneigenschaft erlöschen, 
daß insbesondere die bisherige Unterhaltungs- 
pflicht durch die Verpflichtung zur chaussee- 
mäßigen Unterhaltung absorbiert wird und 
daß der Weg nunmehr einer andern wege- 
polizeilichen Behandlung unterliegt (O#. 
35 S. 243, 246). Für die Prov. Posen ogl. 
insbesondere O. 39, 236. Entsprechend den
	        
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