Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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erschöpfenden Bestimmungen darüber, welche 
Wege in den älteren Provinzen gemäß § 12 
des G. vom 20. Juni 1887 gesetzlich als K. zu 
gelten haben, beziehen sich die für Hannover 
und Schleswig-Holstein ergangenen gleich— 
artigen Sondergesetze nur auf bestimmte Arten 
von öffentlichen Wegen, und zwar das hann. 
Provinzialgesetz vom 22. Febr. 1879 (GS. 19) 
auf die dortigen Chausseen und Landstraßzen 
und dasjenige für Schleswig-Holstein, mit 
Ausnahme des Kreises Herzogtum Lauenburg, 
vom 27. Juni 1890 (GS. 219) auf die in der 
Unterhaltung der Provinz befindlichen Haupt- 
und Aebenlandstraßen und die von den Kreisen 
unterhaltenen ausgebauten Mebenlandstraßen 
(O##. 39, 248). In Hessen-Aassau gelten 
als K. die vormaligen Staatsstraßen, die 
Provinzialdistrikts= und chaussierten Verbin- 
dungsstraßen, sowie die Landwege, in den 
Hohenzollernschen Landen die Landstraßen 
und im Herzogtum Lauenburg die Land- 
straßen (MBl. 1898, 160). Hinsichtlich der 
Wegebaulast gelten im übrigen, abgesehen 
von den im nachstehenden dargestellten Be- 
sonderheiten, dieselben Grundsätze wie für 
sonstige öffentliche Wege. Ebenso hinsichtlich 
der Jnanspruchnahme für den öffentlichen 
Verkehr (OVG. 21, 244). S. Wege (öffent- 
liche) V. 
b) Entstehung. Aus obigem ergibt sich, 
daß der kunstmäßige Ausbau allein zur Be- 
gründung der Kunststraßengemeinschaft im ge- 
setzlichen Sinne nicht genügt (O. 9, 250; 
35, 251). Dafür ist vielmehr allein die staat- 
liche Anerkennung entscheidend. Sie erfolgt 
entweder durch Unterstellung unter die V. vom- 
17. März 1839 oder in der Form der Ver- 
leihung der sog. fiskalischen Vorrechte 
oder durch ausdrückliche Anerkennung seitens 
des Oberpräsidenten und Aufnahme in das 
Kunststraßenverzeichnis. Ohne die staatliche 
Anerkennung handelt es sich auch bei voll- 
kommenstem Ausbau unter Beachtung aller 
technischen Mormativvorschriften nicht um eine 
K., sondern lediglich um einen kunststraßen- 
mäßig ausgebauten Weg anderer rechtlicher 
Art. Von den bestehenden K. unterlagen im 
Geltungsbereich der V. vom 17. Aärz 1839 
die Provinzialchausseen, soweit sie als frühere 
Staatschausseen auf Grund des Dotations- 
gesetzes auf die Provinzialverbände überge- 
gangen sind, als solche ohne weiteres den Vor- 
schriften der V. Die Entstehung aller anderen 
Arten von K. ist von einem besondern staat- 
lichen Anerkennungsakte abhängig, der vor 
dem Inkrafttreten des G. vom 20. Juni 1887 
in der doppelten Form der Verleihung einer 
Hebungsberechtigung oder der Unterstellung 
unter die zusätzlichen Bestimmungen usw. er- 
folgte. Unter der Herrschaft jenes Gesetzes ist 
als neue Form die Anerkennung durch den 
Oberpräsidenten verbunden mit der Katastrie- 
rung hinzugetreten. Ein besonderes Verfahren 
ist dafür nicht vorgeschrieben. Es genügt für 
den Oberpräsidenten die Uberzeugung, daß 
die Straße den Normativbestimmungen der 
Provinz entspricht. Die Verleihung der fiska- 
lischen Porrechte ist ein Recht der Krone. So- 
fern sie für eine neue Straße in Frage kommt, 
  
Kunststraßen. 
sind die Projekte zum Zwecke der Erwirkung 
dem Mdö. vorzulegen (Erl. vom 2. Vov. 
1878). Dasselbe gilt für die Erwirkung von 
Chausseegelderhebungsrechten. Der früher zum 
Aeubau von Chausseen stets erforderlichen 
Allerh. Genehmigung bedarf es nach der durch 
Erl. des Ministeriums für Handel und GEe- 
werbe und der öffentlichen Arbeiten vom 
2. Aov. 1878 mitgeteilten AOrder vom 25. Okt. 
1878 nicht mehr. Dagegen ist es bei dem Er- 
fordernis der durch die AOrder vom 24. Sept. 
1867 und vom 17. Juli 1874 vorgeschriebenen 
ministeriellen, vom MdöA. im Benehmen mit 
dem Kr M. zu erteilenden Genehmigung für 
Chausseeneubauten, die in Festungsrayons ein- 
münden, schiffbare Gewässer mittels Brücken 
überschreiten und in GErenzkreisen gegen das 
Ausland erbaut werden sollen, verblieben 
(Erl. vom 13. Juli 1882 — M I. 224). Die 
Erklärung der den Bau unternehmenden Ror- 
poration, daß sie sich den Bestimmungen des 
B#Beschl. vom 25. Juni 1869 unterwerfe, 
die nach dem Erl. vom 1. Aug. 1886 
die Voraussetzung für die Erteilung des 
Hebungsrechts und der sonstigen (og. fiska- 
lischen Vorrechte bildete, wird mit Rüchsicht 
auf das Telegraphenwegegesetz vom 18. Dez. 
1899 (Rl. 705) nicht mehr verlangt (Erl. 
vom 4. Sept. 1900). 
III. Deklassierung, Verlegung und 
Einziehung. Eine K. kann ihrer Bechts- 
eigenschaft als solcher nur in derselben Weise 
entkleidet werden, in der sie ihr beigelegt 
wurde. Also entweder durch eine Erklärung 
der Landespolizeibehörde, die ausspricht, daß 
von einem bestimmten Zeitpunkte ab die V. 
vom 17. Aärz 1839 auf den Weg nicht mehr 
Anwendung findet. Oder durch Aufhebung 
des Heberechts in derselben Form, in der es 
verliehen wurde, jedoch mit der Aahgabe, daß 
für Aktienchausseen im Falle des Konkurses 
der Aktiengesellschaft, der durch AKabO. ein 
Heberecht verliehen war, das Heberecht als 
erloschen gilt und damit die Landespolizei- 
behörde zur Deklassierung zuständig ist, ohne 
daß es eines besonderen Ausspruchs des 
Landesherrn oder des Oberpräsidenten bedarf 
(OVS#. 38, 217). Oder schließlich durch Ent- 
Uebung der Anerkennung als K. seitens des 
berpräsidenten und Löschung im Kunststraßen- 
verzeichnis (OVG. 24 S. 209, 210; 26, 214; 
35, 263; 38, 221). Durch die Deklassierung 
tritt der Weg in diejenigen rechtlichen Be- 
ziebungen zurück, in welchen er sich vor seiner 
mwandlung in eine K. befand. Insbesondere 
untersteht der Weg wieder der ordentlichen 
Wegepolizei und die Wegebaulast fällt wieder 
demjenigen zu, welchem sie vorher oblag 
(OV. 35, 243; 38, 221). Ist die Chaussee 
nicht durch Umwandlung eines öffentlichen 
Weges, sondern durch Aeubau entstanden, so 
ist, falls ein öffentliches Verkehrsbedürfnis 
die Beibehaltung der deklassierten Streche 
erfordert, die Wegebaulast neu zu ordnen 
(OV. 9, 248), andernfalls ist die Chaussee 
gemäß § 57 ZG. einzuziehen. Die Dehlassie- 
rung bildet also der Regel nach die Voraus- 
setzung der Einziehung. 
In Hannover bedarf es zur Deklassierung
	        
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