Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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durch Erlangung der Reife für die Prima 
einer neunstufigen höheren Lehranstalt nebst 
entsprechender Kenntnis des Lateinischen; 
2. dreijährige praktische Ausbildung bei einem 
approbierten A.; für Abiturienten einer neun— 
stufigen höheren Lehranstalt genügt zwei- 
jähriges Praktikum; 3. Absolvierung der 
pharmazeutischen Vorprüfung; 4. danach min- 
destens einjährige praktische Arbeit als Ge- 
hilfe eines approbierten A.; 5. mindestens 
zweijähriges Studium an einer deutschen 
Universität oder an den technischen Hochschulen 
zu Stuttgart, Rarlsruhe, Darmstadt oder 
Braunschweig und Ablegung der pharma- 
zeutischen Hauptprüfung; 6. endlich zwei- 
jähriges weiteres Praktikum als geprüfter 
Gehilfe bei einem approbierten A. und Zeug- 
nisse des letzteren über die erfolgreiche Absol- 
vierung dieses Praktikums. Beim Nachweis 
dieser Borbildung wird die Approbation mit 
Gültigkeit für das BReichsgebiet erteilt von 
den Zentralbehörden der Bundesstaaten, welche 
eine Universität besitzen oder von dem herzogl. 
braunschw. Staatsministerium oder dem Alini- 
sterium für Elsaß-Lothringen. Die erteilte 
Approbation, welche nach TöSt. Ar. 22b LStG. 
mit 1,50 M. stempelpflichtig ist, kann nur 
zurüchgenommen werden (Gew. 8 53), wenn 
die Unrichtigkeit der Nachweise dargetan wird, 
auf Grund deren sie erlangt ist, oder wenn 
und solange dem Inhaber die bürgerlichen 
Ehrenrechte aberkannt werden. Die Zurüchk- 
nahme erfolgt auf Klage der Ortspolizeibehörde 
im Verwaltungsstreitverfahren (36G. 8 120). 
Auf Grund der Approbation ist der A. zur 
selbständigen Berwaltung einer fremden Apo- 
theke sowie zum Erwerbe einer mit Real- 
privileg versehenen oder einer mit dem Recht 
der Präsentation des Aachfolgers ausgestatteten 
Apotheke und, sofern ihm die Konzession für 
eine Neugründung erteilt wird, zur Errichtung 
einer neuen Apotheke befugt; s. über die Er- 
richtung neuer Apotheken unter Apotheken. 
Uber den Schutz des Titels A. bei dessen 
Führung durch nicht approbierte Personen 
oder durch Drogenhändler s. O##. 4, 342; 
33, 350 und Urteile im Pr Vl. 2, 214 vom 
9. Febr. 1881 und Pr VBl. 6, 54 vom 10. Sept. 
1884. — Der Gewerbebetrieb des A. und 
dessen Beaufsichtigung regelt sich nach Landes- 
recht (GewO. 8§ 6), in Preußen nach der Rev. 
Apothekerordnung vom 11. Okt. 1801 und der 
Apothekerbetriebsordnung vom 18. Febr. 1902 
(MWMBl. 63 ff.) nebst Ergänzungserlaß vom 
27. Aug. 1903 (MMIBl. 332); danach findet noch 
eine eidliche Verpflichtung des approbierten A. 
auf seine Berufspflichten statt —über Eidesnorm. 
s. Erl. vom 13. Nov. 1888 (bei Pistor Bd. 1) —; 
in seinem Betriebe untersteht er der medizinal- 
polizeilichen Aufsicht und Revision des Kreis- 
arztes (ugl. G., betr. Dienststellung des Kreis- 
arztes, vom 16. Sept. 1899 — GS. 172 — 8 6 
Ziff. 3 und Dienstanweisung für die Kreisärzte 
vom 23. Aärz 1901 — MMIBl. 2 — 88 47—53), 
in höherer Instanz des Regierungsmedizinal- 
rats bzw. des Regierungspräsidenten, s. Re- 
ierungsinstr. vom 23. Okt. 1817, insbesondere 
47. Die Ausübung der Heilhunst ist den 
A. untersagt, ausgenommen die selbständige 
  
Apothekerkammern. 
Verabreichung geeigneter Mittel in eiligen 
NVotfällen beim Mangel rechtzeitiger ärztlicher 
Hilfe (Betriebsordnung §37); zu Rebengeschäften 
bedürfen sie der Genehmigung des Regierungs- 
präsidenten (§ 39 das.); s. das. (6§ 40, 41) auch 
über Vertretung, Beurlaubung. Ein 
Ordnungsstrafrecht über A. besteht nicht 
(OVS. 33, 357 und Erl. vom 21. Jan. 1902 
— MII#I. 21); die Medizinalpolizeibehörden 
sind zur Durchsetzung ihrer Anordnungen auf 
die Zwangsmittel des § 132 LVG. angewiesen. 
Die Verletzung der Vorschriften über den 
Apothekerbetrieb ist auch nach § 367 Mr. 5 
St G. strafbar; bei Körperverletzung infolge 
fahrlässigen Betriebes findet § 230 Abs. 2 St#B. 
Anwendung. Für die Zubereitung der Arznei- 
mittel gilt das durch Rek. vom 30. Juni 
1900 (ZBl. 414) eingeführte Arzneibuch für das 
Deutsche Reich, 4. Aufl. Gewisse Arzneimittel 
und Gifte sind gemäß § 6 Abs. 2 GewO. dem 
Vertriebe der A. ausschließlich vorbehalten ((. 
Kais. V., betr. Verkehr mit Arzneimitteln, vom 
22. Okt. 1901 — Rol. 380 — und BRek. 
vom 1. Okt. 1903 — REnl. 281). Für die 
Preisbemessung der Arzneimittel gilt die 
deutsche Arzneitaxe (s. unter Arzneitaxe). Die 
Forderungen der A. aus dem Arzneiverkauf 
verjähren in zwei Jahren (Bös. 8§ 196 
N ’r. 1); sie genießen ein Vorrecht im Konkurse 
(KO. § 61 Ar. 4); die zum Betriebe der Apo- 
theke unentbehrlichen Geräte, Gefäße und 
Waren sind unpfändbar (3P0. 8s 811 Ar. 9). 
Wegen der Miilitärpflicht der A. ozl Heer- 
ordnung vom 11. Nov. 1888 § 21 und Militär= 
sanitätswesen V. S. ferner Apotheken, 
Apothekerkammern, Apothekerwaren, 
Arzneimittel, Arzneiwaren, Geheim- 
mittel, Gifte. 
Apothekerkammern sind die gesetzlichen 
Standesvertretungen der Apotheker; ihre Ein- 
richtung beruht auf der V. vom 2. Febr. 1901 
(G. 49); s. auch AusfE. dazu vom 23. April 
1901 (MMIBl. 127). Ihr Geschäftskreis um- 
faßt die Erörterung aller Fragen und An- 
gelegenheiten, welche den Apothekerberuf oder 
die Arzneiversorgung betreffen und auf die 
Wahrnehmung und Vertretung der Standes- 
interessen der Apotheker gerichtet sind. Sie 
sind befugt, Vorstellungen und Anträge inner- 
halb ihres Geschäftskreises an die Staats- 
behörden zu richten und sollen von diesen 
geeignetenfalls über einschlägige Fragen gut- 
achtlich gehört werden. Für jede Provinz 
besteht eine A. in der Regel am Sitze des 
Oberpräsidenten, der die Staatsaufsicht über 
sie führt. Die Kammermitglieder werden ge- 
wählt von den approbierten Apothekern des 
Kammerbezirks, soweit sie Reichsdeutsche und 
im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind; 
das Wahlrecht ruht während der Dauer eines 
Konkurses, während des Verfahrens auf 
Zurüchnahme der Approbation und der Dauer 
einer gerichtlichen Untersuchung, welche den 
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich 
ziehen kann, sowie wenn die gerichtliche Haft 
verfügt ist. Die aktiv Wahlberechtigten sind 
auch passiv wahlberechtigt. Wahlbezirke sind 
die Regierungsbezirke; die Wahlen erfolgen 
alle drei Jahre; auf je 40 Wahlberechtigte ist
	        
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