96
nur einzelne Bestimmungen der GewO. An—
wendung finden (s. Gewerbeschutz). Dahin
gehören außer den land= und forstwirtschaft-
lichen A. (s. unter II) u. a. die Bergarbeiter
(s. d.). Auch die A. in Eisenbahnbetrieben ein-
schließlich der A. in den Werkstätten sind keine
gewerblichen A., doch werden auf die A. in
den Werkstätten der Reichs= und Staatseisen-
bahnen die Vorschriften der GewO. Tit. VII
angewendet (MGE. vom 18. Febr. 1905 — SM-
Bl. 45). S. auch Eisenbahnarbeiter.
Uber das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und
gewerblichen A. s. Arbeitsvertrag, Lehr-
linge, Betriebsbeamte. S. auch Gewerbe-
gehilfen, Arbeitsbuch, Minderjährige,
jugendliche Arbeiter, Arbeiterinnen,
Kinder.
II. Land= und forstwirtschaftliche A.
Das Arbeitsverhältnis der land= und forst-
wirtschaftlichen A. beruht auf freier Ver-
einbarung und unterliegt den allgemeinen Be-
stimmungen des B B. über den Dienstvertrag.
Die für gewerbliche A. gegebenen Vorschriften
finden auf sie keine Anwendung, wohl aber
auf die A. in gewerblichen Nebenbetrieben der
Landwirtschaft (Brennereien, Zuchkerfabriken
usw.). Uber das Verbot des Kontrakt-
bruchs s. d. Ein Koalitionsverbot ent-
hält § 3 des G., betr. die Berletzung der Dienst-
pflichten des Gesindes und der ländlichen
Arbeiter vom 24. April 1854 (GS. 214), in-
dem er (Gesinde, Schiffsknechte, Dienstleute
und) land= und forstwirtschaftliche A. unter
Strafe stellt, wenn sie die Arbeitgeber oder
die Obrigkeit zu gewissen Handlungen oder
Zugeständnissen dadurch zu bestimmen suchen,
daß sie die Einstellung der Arbeit oder die
Verhinderung derselben bei einzelnen oder
mehreren Arbeitgebern verabreden, oder zu
einer solchen Verabredung andere auffordern.
Das System der teilweisen Aaturallöhnung
ist bei den ständigen A. noch überall ver-
breitet, namentlich soweit es sich um Arbeiter-
familien handelt, die auf dem Gute des Ar-
beitgebers mit freier Wohnung, Feuerung,
Garten= und Kartoffelland, freier Kuhhaltung
usw. angestellt sind (Instleute, Einlieger,
Katenleute), regelmäßig mit einjährigen Kon-
trakten. Die Barlöhne sind hier im Sommer
höher als im Winter, die Zahl der Arbeits-
tage für die Frau im voraus festgesetzt, Dresch-
arbeit und Kartoffelernte werden im Akkord
bezahlt. Im Osten muß eine solche Familie
vielfach noch einen jugendlichen A. (Schar-
werker) stellen, meist ein schulentlassenes Kind
des A., für den derselbe Tagelohn wie für
Frauenarbeit gezahlt wird. Als Besonderheit
ist zu erwähnen die AkabO. vom 8. August
1837 (v. Kamptz, Jahrg. 1837 Bd. 21 S. LSan
wonach in den Prov. Ost= und West-
preußen Streitigkeiten der Instleute über
An- und Ab#ug in derselben Weise wie beim
eigentlichen Gesinde der vorläufigen Entschei-
dung der Polizeibehörde unterliegen. An der
Gültigkeit dieser RabO. ist durch das BGB.
nichts geändert (OV. bei v. Kamptz, Recht-
sprechung 2. Erg.-Bd. S. 581, ferner Pr VMBl.
26, 446).
Früher die Auswanderung, jetzt die Ab-
Arbeiter.
wanderung der Landarbeiter in die großen
Städte und das westliche Industriegebiet haben
in Verbindung mit dem gesteigerten Arbeiter-
bedarf, den der intensivere Betrieb der Land-
wirtschaft, besonders der Hachfruchtbau mit
sich bringen, die Landwirtschaft in steigendem
MAaße zur Heranziehung nichtständiger A-.
(Saisonarbeiter, Sachsen gänger) genötigt. Uber
die Räume und Einrichtungen zu ihrer Unter-
bringung sind vielfach Folizetliche Vorschriften
erlassen. Die Dechung des Bedarfs an solchen
A. wird oft durch die Landwirtschaftskammern
vermittelt, die auch Muster für die Arbeits-
verträge aufgestellt haben. Um für den Bezug
ausländischer A. den Wettbewerb der verschie-
denen Landwirtschaftskaammern angemessen zu
regeln, hat sich neuerdings die Feldarbeiter-
zentralstelle gebildet (s. d. und Auslän-
dische Arbeiter).
Die Behebung des Arbeitermangels auf dem
Lande ist eine der wichtigsten und zugleich
schwierigsten Aufgaben. Auf dem Boden des
geltenden Rechts der Freizügigkeit und bei
der starken natürlichen Vermehrung der Land-
bevölkerung müssen hier alle Maßnahmen er-
griffen werden, welche geeignet sind, die A.
zum freiwilligen Verbleiben auf dem Lande
zu bestimmen und wenigstens einen Teil des
jährlichen Geburtenüberschusses dem Lande zu
erhalten. Auf ökonomischem Gebiet ist hier
besonders die Fürsorge für ausreichende
Winterarbeit zu erwähnen, durch den Ma-
schinendrusch und die häufige Niederlegung
von Privatforsten ist die Gelegenheit zur
Winterarbeit vielfach eingeschränkt worden.
Ferner kommt in Betracht die Förderung der
inneren Rolonisation, besonders der Renten-
gutsbildungen. Die Schaffung von klein-
bäuerlichen und Arbeiterstellen hat namentlich
dadurch Bedeutung, daß sie durch die Aussicht
auf den Erwerb einer eigenen Scholle dem
tüchtigen A. Aussicht auf Vorwärtskommen
und Selbständigkeit bietet und ihn hierdurch
auf dem Lande fesselt.
Von der größten Bedeutung ist endlich das
Wohnungswesen, da dies unzweifelhaft das
Gebiet ist, auf dem das flache Land in bezug
auf Billigkeit, Gesundheit und Annehmlichkeit
den natürlichen Vorsprung vor den Großstädten
beanspruchen kann. Die Bestrebungen gehen
besonders dahin, die Bestände der Landes-
versicherungsanstalten, die für den Bau
städtischer Arbeiterwohnungen schon jetzt in
umfangreichem Maße verwendet werden, au
für das Land zu demselben Zwecke nutzbar zu
machen (ovgl. die ausführlichen Verhandlungen
des deutschen Landwirtschaftrats im Jahre 1904
— Arch. des deutschen Landwirtschaftsrates
28. Jahrg. S. 364—442). Die Bildung von
Baugenossenschaften für diesen Zweck ist für
das platte Land im allgemeinen Bein geeig-
neter Weg, vielmehr werden als Darlehens-
nehmer vorzugsweise Kommunalverbände
(Kreise) und die einzelnen Grundbesitzer in
Betracht kommen. Damit letztere die erforder:
liche Realsicherheit gewähren können, bedarf
es zugleich einer Vereinbarung mit dem be-
teiligten Grundstüchsinstitut behufs Bewilli-
gung von Vorrechtseinräumungen. In dieser