102 Arbeitseinstellung
vier Wochen nach seiner Entstehung im Wege
der Klage oder Einrede geltend gemacht ist
(GewO. 8 112 Abs. 2). Die Eintragungen in
das A. find auf Antrag des Arbeiters von
der Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei
zu beglaubigen (GewO. 8 114).
V. Strafbestimmungen in GewO. 8 146
Abs. 3, § 150 Abs. 1 Ziff. 1—3.
VI. Streitigkeiten über die Aushändigung
oder den Inhalt des A. sowie über gesetzwidrige
oder unrichtige Eintragungen in dieses ent-
scheiden die Gewerbegerichte (s. d.).
Arbeitseinstellung und Aussperrung. Für
die unter die GewO. fallenden Betriebe
(s. Gewerbe) und die der Aufsicht der Berg-
behörden unterstehenden Betriebe (Bergwerke,
Salinen, Aulbereitungsanstalten, unterirdisch
betriebene Brüche und Gruben) ist durch GewO.
§#§ 152, 153, 154a Abs. 1 die Koalitions=
freiheit gewährleistet. Das gleiche gilt für
die Binnenschiffahrt (s. d.) und Flößerch (sl. d.),
für die nach G. über die privatrechtlichen
Verhältnisse der Binnenschiffahrt § 21 (Ro#l.
1898, 868) und nach G., betr. die privatrecht-
lichen Verhältnisse der Flößerei, vom 15. Juni
1895 § 18 (Rl. 341) die Bestimmungen der
GewO. über die gewerblichen Arbeiter An-
wendung finden. Auch den Gehilfen in Apo-
theken und Handlungsgehilsen steht das Koa-
litionsrecht zu (GewO. § 154). Nach GewO.
§152 sind alle Berbote und Strafbestimmungen
gegen Gewerbetreibende, gewerbliche Gehilfen,
Gesellen oder Fabrikarbeiter wegen Verab-
redungen und Bereinigungen zum Behufe der
Erlangung günstiger Lohn= und Arbeits-
bedingungen, insbesondere mittels Einstellung
der Arbeit (Streik) oder Entlassung der Ar-
beiter (Aussperrung) aufgehoben. Dadurch ist
den Gewerbetreibenden und den gewerblichen
Arbeitern freie Hand gelassen, beliebige Mittel,
wenn sie nicht schon an und für sich, von der
Koalition abgesehen, gegen ein Ftrasgelet ver-
stoßen oder in Gew. 153 unter Strafe ge-
stellt sind, zur Erlangung günstigerer Arbeits-
bedingungen zu gebrauchen (RSt. 30, 359; 20,
63). Zu den günstigeren Arbeitsbedingungen
gehört auch eine Beschränkung der Ausübung
des Entlassungsrechts des Arbeitgebers (RSt.
38, 161). Für die Frage, ob die von den Ar-
beitern erstrebten Lohn= oder Arbeitsbedingun-
gen günstige sind, ist wesentlich ihre eigene
subsektive Auffassung, nicht aber eine
vergleichende ziffermäßige Berechnung der ein-
zelnen Faktoren maßgebend (RSt. 30, 263).
Das Verbot des Streikpostenstehens ist mit
Gewährleistung des Koalitionsrechts nicht ver-
einbar (RESt. 34, 121). Die Koalitionsfreiheit
bezieht sich nur auf Verabredungen und Ver-
einigungen, welche für die Zuhkunft die Er-
langung günstiger Lohn= und Arbeitsbedin-
Lungen anstreben. Wird die Zahlung des
ohnes für die Vergangenheit und für Arbeiten
verlangt, die nicht geleistet sind, so kann der
Tatbestand der Erpressung vorliegen (RESt.
21, 114). Bestrebungen auf Erlangung von
Lohnbedingungen, die bereits vertragsmäßig
vereinbart sind und deshalb rechtsgültig be-
stehen, sind nicht geschützt (Re# t. 20, 390).
Sobald die Koalitionen behufs Erlangung gün-
und Aussperrung.
stiger Lohn= und Arbeitsbedingungen das Ge-
biet gewerblichen Lebens mit seinen konkreten
Interessen verlassen, sobald sie in das staat-
liche Gebiet hinübergreifen, sobald sie Organe
und die Tätigkeit des Staats für sich in An-
bruch nehmen, hören sie auf, gewerbliche
oalitionen zu sein und wandeln sich in
politische Vereine um, die als solche den
Beschränkungen des Vereins= und Versamm-
ungerechts unterliegen (Rt. 16, 383; KGJ.
17, 419).
Das Koalitionsrecht ist zunächst insofern be-
schränkt, als jedem Teilnehmer der Rüchtritt
von den Vereinigungen und Verabredungen
freisteht und als aus letzteren weder Klage
noch Einrede stattfindet (Gew O. 8§ 152 Abs. 2).
Die verabredeten Konventionalstrafen können
beim Rüchtritte von den Verabredungen nicht
eingeklagt werden, andererseits Kkann der Büchk-
tretende eine etwa früher bezahlte Konventio-
nalstrafe zurüchfordern. Nicht unter diese Be-
schränkung fallen Kartelle, Syndikate, Trusts
(s. Syndikate).
Das Koalitionsrecht erhält dadurch eine
weitere Einschränkung, daß derjenige, welcher
andere durch Anwendung körperlichen Zwanges,
durch Drohungen, durch Ehrverletzung oder
durch Verrufserklärung bestimmt oder zu be-
stimmen versucht, an den erwähnten Vereini-
gungen (RSt. 35, 203) und Verabredungen
teilzunehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder
andere durch gleiche Mittel hindert oder zu
hindern versucht, von solchen Verabredungen
urüchzutreten, mit Gefängnis bis zu drei
onaten bestraft wird, sofern nach dem all-
gemeinen Strafgesetze nicht eine härtere Strafe
eintritt (Gewd. § 153). Hiernach soll niemand,
weder ein Berufsgenosse noch irgend ein
anderer, durch die bezeichneten Mittel in seiner
freien Willensentschließung beschränkt werden;
dieser Schutz kommt Reineswegs nur den der
Vereinigung durch die Gemeinschaft des Berufs
Aahestehenden zu (REt. 30, 359 und 21, 114;
36, 236; ebenso KGS. 5, 241). Teilnahme an
einer Verabredung Rann nicht bloß durch schrift-
liche oder mündliche Erklärung, sondern auch
durch die Tat erfolgen, nämlich durch ein der Ver-
abredung entsprechendes, dem Zwecke derselben
dienendes Handeln; sie hat nicht eine Betäti-
gung bei dem Akte des Verabredens zur Vor-
aussetzung, kann vielmehr schon gefunden
werden in der Mitwirkung bei Ausführung
der verabredeten Maßnahmen. Auch die Dro-
hung mit einer begründeten Denunziation fällt
unter § 153, wenn damit eine widerrechtliche
Einwirkung auf die Willensbestimmung des
Bedrohten bezweckt wird; widerrechtlich ist
jede Drohung, mittels welcher die Teilnahme
an den Verabredungen erzwungen oder die
Freiheit des Rücktritts beschränkt werden soll,
sofern dem Drohenden nicht kRraft besonderen
Rechtstitels ein Zwangsrecht gegenüber dem
anderen zusteht ReSt. 14, 387). Das Merk-
mal der Bedrohung liegt auch dann vor,
wenn mit einer von einem Dritten zu ver-
übenden Tat gedroht wird, vorausgesetzt, dan
diese Tat so dargestellt wird, als ob sie an
Veranlassung oder unter dem Einflusse des
Drohenden vollführt werden wird (RSt. 27,