Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Arzneitaxen — Arzte. 
stark wirkender A. — auch seitens der 
Apotheker — als Heilmittel ist nur auf schrift- 
liche Anweisung eines Arztes, Zahnarztes oder 
für Zwecke der Tierheilkunde eines Tierarztes 
statthaft (s. Bek. vom 22. Juni 1896 — MVBl. 
123, welche gleichzeitig Vorschriften über die 
Beschaffenheit der Arzneigläser und Stand- 
gefäße enthält, ergänzt durch Bek. vom 
19. April 18998 — Mhl. 88, vom 24. Nov. 
1899 — M B#BMl. 231 — und vom 10. Jan. 1906 
— MM. 57). Andererseits Rann die unent- 
geltliche Abgabe einzelner nicht stark wirkender, 
oder sonst dem freien Verkehr entzogener A. 
mit Genehmigung des Medizinalministers den 
Diakonissen landespolizeilich gestattet werden 
Erl. vom 8. MAlärz 1904 — M. Mr. 5289). — 
S. auch Geheimmittel, Gifte. 
Arzneitaxen. Nach § 80 GewO. können 
Taxen für Apotheker durch die Zentralbehörden 
festgesetzt werden; jedoch sind Ermäßigungen 
durch freie Vereinbarung zulässig. Die Taxe 
ist also nur Höchstsatz dessen, was der Apo- 
theker im Zweifel verlangen kann. Seit 1905 
besteht für das Deutsche Reich eine einheitliche 
deutsche Arzneitaxe (s. R Bek. vom 23. Febr. 
1905 — 3in. 40); dieselbe wird jährlich neu 
festgesetzt und erscheint im Buchhandel (Weid- 
mannsche Buchhandlung, Berlin). Uberschrei- 
tungen der Taxe sind nach § 148 Ziff. 8 GewO. 
strafbar; s. auch Bek. des Medizinalministers 
vom 28. Dez. 1905 (MMMIBl. 1906, 2). Bei Ver- 
abfolgung von Arzneien während der Nacht- 
zeit — von abends 10 Uhr bis morgens 
6 Uhr — kann eine Zuschlagsgebühr von 
50 Pf. (Nachttaxe) pro Arznei erhoben werden. 
Arzneiwaren f. Arzneimittel, Apo- 
tbekerwaren, Geheimmittel, Gifte. 
Arzte. I. Die Ausübung der Heilkunde — 
auch die gewerbsmäßige — ist im Deutschen 
Reiche freigegeben und an den Nachweis einer 
probation nicht geknüpft (OV. 28, 321). 
Die Bezeichnung als „Arzt" (Wundarzt, Augen- 
arzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Tierarzt) oder 
mit gleichbedeutenden Titeln ist dagegen be- 
dingt durch den Besitz der staatlichen Appro- 
bation, welche den Nachweis der Befähigung 
voraussetzt (GewO. 8§ 29). Strafbestimmungen 
wegen unbefugter Führung der Bezeichnung 
ris „Arzt“ oder ähnlicher Titel s. GewO. 8§ 147 
r. 3. Die Approbation darf von der vor- 
herigen Doktorpromotion nicht abhängig ge- 
nacht werden; über die einheitliche Regelung 
der medizinischen Doktorpromotion an den 
eutschen Universitäten s. Bek. des RKultus- 
ministers vom 16. Juli 1900 — U Sl. 747 (. 
- kademische Grade V). Zur Erlangung der 
dütlichen Approbation ist erforderlich ein min- 
estens fünfjähriges Universitätsstudium, Ab- 
noung zweier Prüfungen — einer Vorprüfung 
ach Beendigung des fünften Studiensemesters 
Se der ärztlichen Prüfung am Schlusse des 
## lums — sowie Absolvierung eines Prak- 
Poontensahre an einer Universitätsklinik oder 
*8 iklinik oder an einem dazu besonders er- 
dücchtigten Krankenhause (s. hierzu Verzeichnis 
zur Annahme von Praktikanten befugten 
stalten vom 27. Okt. 1905 — ZBl. 249); die 
Aueilung der Approbation mit Gültigkeit für 
eichsgebtet erfolgt durch die Zentralbe- 
  
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hörden dersenigen Bundesstaaten, welche min- 
destens eine Landesuniversität besitzen, sowie 
durch das Alinisterium für Elsaß-Lothringen 
(ogl. hierzu RK Bek., betr. Prüfungsordnung für 
A., vom 28. Mai 1901 — ZBl. 136). — Beson- 
dere Vorschriften gelten für die Approbation der 
Zahnärzte (s. Prüfungsordnung vom 5. Juli 
1889 — ZBl. 417). — Die ärztliche Approbation, 
welche einem Stempel von 1,50 Ml. unterliegt 
(TSt. Ar. 22b zum LSt.), ist weder zeitlich 
beschränkt, noch widerruflich (GewO. 8§ 40); 
sie Kann nur zurückgenommen werden, wenn 
die Unrichtigkeit der Nachweise dargetan 
wird, auf Grund deren sie erteilt ist, oder 
wenn und solange dem Inhaber der Appro- 
bation die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt 
sind (Gew O. 8 53). Die Zurüchnahme erfolgt 
auf Klage der Ortspolizeibehörde im Verwal- 
tungsstreitverfahren (Gew O. § 54 und Pr Ausf- 
Anw. dazu vom 1. Mai 1904 — HM.B. 123 
— Ar. 59, 62). 
II. Für die Honorarforderungen der A. gilt 
in Preußen im Streitfalle mangels einer Ver- 
einbarung die auf Grund des § 80 GewO. 
erlassene Gebührenordnung für approbierte A. 
und Zahnärzte vom 15. Mai 1896 (Mhl. 105); 
die Honorarforderungen der A. verjähren in 
zwei Jahren (BöE. 8§ 190), diejenigen des 
letzten Jahres genießen ein Vorrecht im Kon- 
kurse des Schuldners (s. RKO. vom 17. Mai 
1898 — REBl. 612 — §8 61 Mr. 4). 
III. Ein Zwang zur ärztlichen Hilfeleistung 
besteht auch für approbierte A. nicht (s. GewO. 
§ 144 Abs. 2), unbeschadet der auch für A. 
geltenden Verpflichtung, bei Unglücksfällen oder 
gemeiner Gefahr oder N-ot auf Aufforderung 
der Polizeibehörde gemäß § 360 Mr. 10 StGB. 
Hilfe zu leisten. 
IV. Die approbierten A. genießen als solche 
besondere Vorrechte, so Befreiung von der 
Gewerbesteuer (s. Gew St G. vom 24. Juni 1891 
— GS. 205 — § 4 Nr. 7), Befugnis zur Aus- 
übung der Heilkunde im Umherziehen (GewO. 
§ 56a Nr. 1), die Befugnis, zum Schutz der ihnen 
anvertrauten Privatgeheimnisse ihr Zeugnis oder 
Sachverständigengutachten in Zioil- und Straf- 
sachen zu verweigern (s. ZSPO. vom 20. Mai 
1898 — RGBl. 410 — §§ 383 Mr. 5, 408 und 
St PO. vom 1. Febr. 1877 §§ 52 Mr. 3, 70; 
ferner die Befugnis zur Ablehnung des Amts 
als Schöffe und Geschworener (GVG. vom 
17. Mai 1898 — REnl. 369 — 88§ 35 Nr. 3, 
85 Abs. 2), Befugnis zur Ablehnung städ- 
tischer Gemeindeämter (s. östliche StO. vom 
30. Mai 1853 — ES. 261 — 8§5 74 Nr. 6; 
desgl. WestfSt O. vom 19. März 1856 — GS. 
237 — § 74 Ar. 6; desgl. Rhein StO. vom 
15. Mai 1856 — GE. 406 — § 79 Nr. 6; St. 
für Schleswig-Holstein vom 14. April 1869 — 
GS. 589 — § 10 Mr. 5), ebenso für ländliche 
Gemeindeämter in Westfalen (s. WestfLGO. 
vom 19. März 1856 — Es. 265 — 8 78 
Ar. 6), ferner Ableistung des zweiten Halb- 
jahrs der einj.-freiw. aktiven Militärdienst- 
zeit als Unterarzt (s. Militärsanitätswesen), 
ferner Freiheit von der Vorspannleistung für 
die bewaffnete Alacht im Frieden (s. G. vom 
24. Mai 1898 — Rl. 360 — §55 3 Nr. 3); 
desgl. in Kriegszeiten (G. über die Kriegs-
	        
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