Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Aufschiebende Wirkung. l. Im Rechts- 
leben Kkommt eine a. W. in sehr verschiedener 
Weise vor. Pechtsgeschäfte (Verträge, letzt- 
willige Zuwendungen usw.) können unter einer 
aufschiebenden Bedingung vorgenommen wer- 
den (BGB. S8 158, 161. 308 Absf. 2, 2066 usw.). 
Von einer aufschiebenden Bedingung abhängige 
Rechte und VBerbindlichkeiten bleiben bei der 
Feststellung des Wertes des Nachlasses für die 
Berechnung des Pflichtteils außer Ansatz (BGB. 
§ 2313 Abs. 1 Satz 1). Es gibt aufschiebende 
Ehehindernisse (s. Ehehindernisseh), ferner 
aufschiebende Einreden (BEB. 88 2014—2017, 
betr. die Haftung des Erben für die Nachlaß= 
verbindlichkeiten). Eine besondere Molle spielt 
die a. W. bei den Rechtsmitteln, von denen 
die sog. ordentlichen a. W. (Suspensiveffekt) 
haben, d. h. die formelle Rechtskraft des Ur- 
teils hemmen, die außerordentlichen nicht. Diese 
Unterscheidung ordentlicher und außerordent- 
licher Rechtsmittel hat die Zivilprozeßord- 
nung sedoch insofern nicht angenommen, als 
zwar an sich die Berufung und die Revision 
Suspensiveffeklt haben, die Beschwerde ihn 
meist nicht hat, die Bollstreckbarkeit aber da- 
neben selbständig in anderer Weise geregelt 
ist (s. Bollstrechbarkeit). Im Strafpro- 
zesse haben die Berufung und die MRevision 
stets Suspensiveffekt, die Beschwerde hat sie 
regelmäßig nur auf besondere Anordnung des 
judex a quo (StPO. § 349; Ausnahmen: St PO. 
§ 81; GV. 88§ 180, 181). In den Angelegen- 
heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
hat die Beschwerde ebenfalls meist keine a. W. 
(FO##. 8§ 24). Im preuß. Verwaltungs- 
streitverfahren haben die Berufung und 
die Revision — nicht auch die Beschwerde — 
stets Suspensiveffekt. Die Beschwerde im 
Beschlußverfahren hat ebenfalls Rkeinen Sus- 
pensiveffent (Ausnahme: LV. 8 123 Abs. 6). 
II. Endlich Kkommt noch die a. W. in Betracht, 
welche gegenüber Verfügungen, Bescheiden und 
Beschlüssen der Verwaltungsbehörden auf dem 
Gebiete der allg. Landesverwaltung den da- 
gegen zugelassenen Rechtsmitteln in § 53 LVS. 
beigelegt ist. In dieser Beziehung gilt all- 
gemein, daß die Anbringung der Beschwerde 
sowie der Klage bzw. des Antrags auf münd- 
liche Verhandlung im Verwaltungsstreitver- 
fahren a. W. hat, soweit nicht die Gesetze 
anderes vorschreiben. Letzteres ist z. B. ge.4 
Heden in § 11 Abs. 2 LV.; 88§ 19, 70 a Kr O.; 
75 KAG.; 88 11 Abs. 2, 18 Abs. 5, 28 
Abs. 3, 34 Abs. 5, 44 Abs. 4, 46 Abs. 7 ZE. 
Es können jedoch die Verfügungen usw., auch 
wenn sie mit der Beschwerde usw. angefochten 
sind, zur Ausführung gebracht werden, sofern 
letztere nach dem Ermessen der Behörde ohne 
Nachteil für das Gemeinwesen nicht ausgesetzt 
bleiben kann. Gegen die betreffende Ausfüh- 
rungsmaßregel ist die Klage im Verwaltungs- 
streitverfahren nicht zulässig. Haftstrafen, welche 
als Zwangsmittel an Stelle von Geldstrafen fest- 
“J 7 (.. Zm r ngem i el Ill), dürfen aber 
v agener endgültiger Beschlußfassung oder 
rechtskräftiger Entscheidung auf ka ’# 
Rechtsmittel bzw. vor Ablauf der zur Ein- 
legung desselben bestimmten Frist niemals 
vollstrecht werden. Auch ist durch verschiedene 
  
Aufschiebende Wirkung — Ausfsicht. 
Einzelbestimmungen die a. W. zu einer un- 
bedingten gemacht, so daß die vorläufige Aus- 
führung ausgeschlossen ist, so im § 126 LVE. 
bei der Anfechtungsklage gegen endgültige 
Beschlüsse (s. Anfechtung von Beschlüssey), 
in den §8§ 15, 29 Z. bei der Beanstandung 
von Beschlüssen und im § 3 Abs. 3 des G., betr. 
die Anforderungen für Volksschulen, vom 
26. Mai 1887 (GS. 175) bei der Beschwerde. 
Aufsicht (allgemeine). Der Begriff der A. 
ist in der Gesetzgebung nicht für alle Gebiete 
der Verwaltung einheitlich festgestellt. Für ein- 
zelne ist er in den gesetzlichen Bestimmungen, 
in denen von A. die Rede ist, als bekannt 
vorausgesetzt, für andere sind entweder die 
Aufsichtsbefugnisse vollständig aufge zählt oder 
die wichtigsten hervorgehoben. In der Wissen- 
schaft und Praxis ist es daher vielfach streitig, 
welche Befugnisse das Recht der A. verleiht 
und was Gegenstand der A. ist. Unter U. 
wird im öffentlichen Recht die Uberwachung 
der Tätigkeit eines Beamten, einer Behörde 
oder Körperschaft und die Sorge dafür ver- 
standen, daß diese die ihnen gestellten Auf- 
gaben ordnungsmäßig erfüllen. Der Begriff 
der A. über gewisse Angelegenheiten steht im 
Gegensatz zu dem der Verwaltung. Die 
Befugnis zur Aufsichtsführung schließt daher 
die Befugnis zur Verwaltung der zu beauf- 
sichtigenden Angelegenheiten nicht in sich, wohl 
aber das Recht, diese Verwaltung im all- 
gemeinen durch Dienstanweisungen, Instruk-- 
tionen, Reglements, Verordnungen u. dgl. zu 
regeln oder ihr im Einzelfalle bestimmte Maß- 
nahmen vorzuschreiben. 
Die A. kann entweder geübt werden von 
einer Behörde gegenüber einer ihr nach der 
Behördenorganisation unterstellten anderen 
Behörde und von einem Beamten gegenüber 
einem andern ihm unterstellten Beamten und 
stellt sich dann als Dienstaufsicht dar oder 
vom Staat als solchem durch gewisse hierzu 
gesetzlich bestimmte Organe gegenüber der Ver- 
waltung öffentlichrechtlicher Körperschaften, 
denen gesetzlich das Recht zur eignen Verwal- 
tung ihrer Angelegenheiten gewährt worden 
ist. Sie ist im letzteren Falle staatliche 
beraufsicht. Die Dienstaufsicht über einen 
Beamten schließt die Befugnis in sich, ihn mit 
Anweisung hinsichtlich einzelner Amtshand- 
lungen zu versehen und ihre Befolgung durch 
Zwangemittel durchzusetzen (ogl. Diszipeing: 
gesetz vom 21. Juli 1852 § 100; LW. 8 132 
und OVE. 11, 402). Eine solche Befehls- 
befugnis, die sich jedoch stets nur auf dienst- 
liche Angelegenheiten erstrecht, besteht ins- 
besondere auf dem Gebiete der Polizeiverwa!# 
tung, die dem Staate als solchem zusteht und 
auch dort, wo die örtliche Verwaltung der 
Polizei Gemeindebeamten oder Gemeinde- 
behörden oder Ehrenbeamten übertragen it 
im Auftrage des Staates geführt wird (ogl. 
G. über die Polizeiverwaltung vom 11. 44 
1850 — GS. 265 — §1 und V. vom 20. Sep 
1867 — GS. 1529 — §9 19. n 
Anordnungen der Aufsichtsbehörde bönne, 
von Amts wegen ergehen oder durch den 
schwerden veranlaßt worden sein. Aeben en 
im Aufssichtswege zu erledigenden Beschwerde
	        
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