Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Avulsionen — Bäckereien und Konditoreien. 
ihres Staatsgebietes außerhalb der Zollgrenze 
liegen, mithin keine Zölle und Verbrauchs- 
steuern entrichten. S. Reichssteuern III. 
Avulsionen sind Landstücke, welche durch 
Naturgewalt als festverbundene Erd= oder 
Kiesmassen vom Ufer abgerissen und an oder 
auf dem Eigentume anderer Flußanlieger ab- 
gelagert werden. Nach römischem Rechte (Dern- 
burg, Pandekten Bd.1 58207) wardie Vindikation 
so lange zugelassen, als das Stüch mit dem 
Boden nicht verwachsen war. Das ALR. be- 
fristet imn §§ 223 f. I, 9 diese Berechtigung auf 
ein Jahr und gibt von da ab dem Eigentümer 
des verbreiterten Ufers ein Besitzergreifungs- 
recht. Code civil Art. 559 enthält eine ähn- 
liche Borschrift (ogl. ES, BGB. Art. 65). 
Azetylen. Anlagen zur Herstellung von 
  
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Azetylengas sind, sofern "e fabrikmäßig be- 
trieben werden, chemische Fabriken (s. d.); sie 
gehören zu den überwachungsbedürstigen An- 
lagen (s. d.). Flüssiges A. ist ein Sprengstoff 
(s. d.) im Sinne des G. vom 9. Juni 1884 
(RGBl. 61). Anlagen zur Herstellung von A., 
denen der Charakter der Fabrik nicht bei- 
wohnt, bedürfen der Genehmigung nach GewO. 
§ 16 nicht (Erl. vom 2. Nov. 1897— MBl. 262). 
Die Bedingungen für die Errichtung von Aze- 
tylenfabriken (Erl. vom 2. Aov. 1897) sind durch 
den Entwurf einer neuen Polizeiverordnung, 
betr. die Herstellung, Aufbewahrung und Ver- 
wendung von A., sowie die Lagerung von 
Karbid Ferl- vom 6. April 1906 — HPMUl. 169) 
geändert worden. S. dazu AusfAnw. vom 
6. April 1906 (POM Bl. 174). 
  
B 
Bäche haben rechtlich den Charakter der 
Privatflüsse, s. d. und Gewässer. 
Bäckereien und Konditoreien. I. Arbeits- 
eit. Gegenüber den Bächereien und solchen 
onditoreien, in denen neben den Konditor- 
waren auch Bäckerwaren hergestellt werden, 
ist auf Grund der GewO. § 120e Abs. 3 Dauer, 
Beginn und Ende der zulässigen täglichen Ar- 
beitszeit und der zu gewährenden Pausen vor- 
gelsrieben (R#Bek. vom 4. März 1896 — 
Gl. 55). Diese Regelung erstreckt sich aber 
nur auf B. u. K., in denen zur Nachtzeit 
zwischen 8½ Uhr abends und 5⅛ Uhr morgens 
Gehilfen oder Lehrlinge beschäftigt werden. 
Licht darunter fallen Betriebe, in denen regel- 
mäßig nicht mehr als dreimal wöchentlich ge- 
bachen wird und Betriebe, in denen eine Be- 
schäftigung von Gehilfen oder Lehrlingen zur 
Machtzeit lediglich in zwanzig Fällen zur Befrie- 
digung eines bei Festen oder sonstigen beson- 
deren Gelegenheiten hervortretenden Bedürf- 
nisses mit Genehmigung der unteren Verwal- 
tungsbehörde (s. d.) stattfindet. Die Arbeits- 
schicht jedes Gehilfen darf die Dauer von 12 
Stunden oder, falls die Arbeit durch eine 
ause von mindestens einer Stunde unter- 
brochen wird, einschließlich dieser Pause die 
Dauer von 13 Stunden nicht überschreiten. 
Lehrlinge müssen im ersten Lehrjahre 2 Stun- 
den, im zweiten Lehrjahr 1 Stunde weniger 
beschäftigt werden. Die Zahl der Arbeits- 
schichten darf für jeden Gehilfen und Lehrling 
wöchentlich nicht mehr als 7 betragen. 
Außerhalb der zulässigen Arbeitsschichten 
dürfen die Gehilfen und Lehrlinge nur zu 
gelegentlichen Dienstleistungen und höchstens 
eine halbe Stunde lang bei der Herstellung des 
Vorteigs (Hefestücks, Cauerteige), im übrigen 
aber nicht bei der Herstellung von Waren ver- 
wendet werden. Beträgt die Arbeitsschicht für 
Gehilfen tatsächlich weniger als 12 oder 13, 
fza Lehrlinge weniger als 10 oder 11 Stun- 
den, so dürfen die Gehilfen und Lehrlinge 
während des an der zulässigen Dauer der 
Arbeitsschicht fehlenden Zeitraumes auch mit 
  
  
anderen als gelegentlichen Dienstleistungen be- 
schäftigt werden. 
Zwischen je zwei Arbeitsschichten muß den 
Gehilfen eine ununterbrochene Ruhe von min- 
destens 8 Stunden, den Lehrlingen eine solche 
von 10 Stunden im ersten Lehrfahre und von 
9 Stunden im zweiten Lehrjahre gewährt 
werden. 
Uber die vorbezeichnete Dauer hinaus darf 
eine längere Beschäftigung stattfinden an jähr- 
lich höchstens 20 Tagen, an denen zur Befrie- 
digung eines bei Festen oder sonstigen beson- 
deren Gelegenheiten hervortretenden Bedürf- 
nisses die untere Verwaltungsbehörde Über- 
arbeit für zulässig erklärt, und außerdem an 
jährlich 20 Tagen nach freier Bestimmung des 
Arbeitgebers. Auch an solchen Tagen, mit Aus- 
nahme des Tages vor dem Weihnachts-, Oster- 
oder Pfingstfest, muß zwischen den Arbeits- 
schichten den Gehilfen eine ununterbrochene 
Ruhe von mindestens 8 Stunden, den Lehr- 
lingen eine solche von mindestens 10 Stunden 
im ersten Lehrjahre, mindestens 9 Stunden im 
zweiten Lehrjahre gewährt werden. 
Der Arbeitgeber hat eine mit polizeilichem 
Stempel versehene Kalendertafel, auf der jeder 
Tag, an dem nach eigener Bestimmung Uber- 
arbeit stattgefunden hat, zu durchlochen oder 
mit Tinte zu durchstreichen ist; auch muß er 
auf einer Tafel die für die Beschäftigung der 
Gehilfen und Lehrlinge maßgebenden Bestim- 
mungen aushängen. Diese Tafel ist Reine Ur- 
kunde im Sinne des Stes. § 268 (RöSst. 
38, 248). 
Als Gehilfen und Lehrlinge gelten solche 
Personen, welche unmittelbar bei der Herstel- 
lung von Waren beschäftigt werden. Dabei 
elten Personen unter 16 Fahren, welche die 
Husbildung zum Gehilfen nicht erreicht haben, 
auch dann als Lehrlinge, wenn ein Lehrver- 
trag nicht abgeschlossen ist. Die Bestimmungen 
über die Beschäftigung von Gehilfen finden 
auch auf gewerbliche Arbeiter Anwendung, 
welche in B. u. K. lediglich mit der Bedienung 
von Hilfsvorrichtungen (Kraftmaschinen, Be-
	        
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