Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Beirat für das Auswanderungswesen — Beistand bei Einziehung von Abgaben usw. 215 
mittelbar auch für sie wirkenden günstigen 
Weise ausfällt. Im Zivilprozesse (3ZPO. 8 66 
bis 71, 72—74) ist eine solche Beteiligung mög- 
lich durch Aebenintervention, die von dem 
Dritten, und durch Streitverkündung, die von 
der Partei ausgeht (s. Streitverkündung). 
Dem Verwaltungsstreitverfahren nach dem 
LVE. sind beide Rechtsinstitute fremd. Es 
hat statt ihrer das der B. (LV. 8 V70), 
welches dazu dienen soll, auch innerhalb der 
Schranken des Verwaltungsstreitverfahrens 
so, wie früher in dem nicht an bestimmte 
Formen gebundenen Beschwerdeverfahren, eine 
erschöpfende und sachgemäße Erörterung und 
Entscheidung der einzelnen Streitigkeit zu er- 
möglichen. 
II. Die B. erfolgt durch das Gericht, wenn 
nach dessen Ermessen das Interesse eines 
Dritten durch die zu erlassende Entscheidung 
berührt wird, sedoch nicht mehr in der Revi- 
sionsinstanz, entweder von Amts wegen oder 
auf Antrag sei es einer der Parteien sei es 
des Dritten, der beigeladen werden möchte. 
Das Interesse muß ein rechtlich geschütztes, ein 
Recht sein. Gegen die Ablehnung des Antrags 
auf B. ist die einmalige Beschwerde an das 
höhere Gericht zulässig (Ve. § 110). Jedoch 
gibt es keinen gesetzlich anerkannten Anspruch 
auf B., und ein Revisionsgrund kann aus 
ihrer Unterlassung niemals hergeleitet wer- 
den. Eine von dem Verwaltungsrichter be- 
schlossene Beiladung kann in zweiter Instanz 
gegen den Willen des Beigeladenen nicht 
wieder aufgehoben werden (OV. 34, 450). 
Der Beigeladene ist nicht Partei (ogl. indessen 
3. B. O. 44, 302 wegen der Behandlung 
eines formell bloß Beigeladenen als Partei). 
Er ist aber zu allen Terminen hinzuzuziehen, 
und er kann Tatsachen und Beweismittel 
geltend machen, nicht jedoch den Gegenstand 
des Streites durch Stellung neuer Anträge 
erweitern. Abgesehen von Kosten kann er zu 
nichts verurteilt werden. Die Entscheidung ist 
ihm zuzustellen, auch ihm gegenüber gültig. 
Er ist deshalb zur Einlegung von Aechts- 
mitteln an sich befugt, kann aber Erfolg 
damit nur haben, wenn die Entscheidung ihn 
in einem eigenen, seiner Verfügung unter- 
liegenden Rechte verletzt, zu dessen Schutze 
das Verwaltungsstreitverfahren gegeben ist 
(G. Brauchitsch Bd. 1, 19. Aufl., S. 93 Anm. 123). 
eine Gebühr wird vom Verwaltungsgericht 
für die B. nicht erhoben, auch vermehrt sich 
nicht die Gebühr für die Streitsache durch den 
Beitritt des Beigeladenen. Wegen der Erstat- 
tung der Auslagen bei einer B. gilt die all- 
gemeine Bestimmung im § 103 LVE. 
III. Im Verfahren in Ronflikts= und 
Kompetenzkonfliktssachen ist für die 
Heranziehung dritter Personen kein Raum. In 
Nichtigkeitssachen vor dem Patentamte wird 
ie Aebenintervention unter den Voraussetzun- 
Len des § 66 3PO. zugelassen. Das RV. 
Kann nach GUB. 8 82, Lü#. 8 88, Bll- 
Ve. § 37, S1U VW. 8 86 die Berufsgenossen- 
schaft beiladen, die nach seiner Ansicht an 
telle der in Anspruch genommenen entschädi- 
Lungspflichtig ist (Unfallversicherung V). 
eirat für das Auswanderungswesen 
  
  
s. d. Ein B. besteht ferner beim Landes- 
gewerbeamt (s. d.) als „ständiger B. für das 
gewerbliche Unterrichtswesen und die Gewerbe- 
förderung", beim Statistischen Amte ((. d.) 
als B. für Arbeiterstatistik (s. d.), bei den Ober- 
bergämtern als Gesundheitsbeirat (s. Berg- 
behörden I). 
Beistand bei Einziehung von Abgaben 
und Vollstrechung von Vermögensstrafen 
haben nach dem G. vom 9. Juni 1895 (Ro#l. 
256) die Behörden verschiedener Bundesstaaten 
einander auf Ersuchen zu leisten, und zwar 
zum Zwecke 1. der Erhebung und Beitreibung 
a) der Zölle, Reichssteuern und Ubergangs- 
abgaben, b) der Staats-, Kommunal-, Kirchen- 
und Schulabgaben, c) sonstiger öffentlicher Ab- 
gaben und Beiträge, soweit sie nach Reichs- 
oder Landesrecht in derselben Weise wie die 
Abgaben zu b beigetrieben werden; 2. der 
Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens 
wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vor- 
schriften über die Erhebung der unter Ziff. 1 
bezeichneten Abgaben und Gefälle; 3. der 
Vollstreckung durch polizeiliche Verfügung 
oder Bescheid des Seemannsamts festgesetzten 
Geldstrafen (§ 1). Die Gewährung des B 
findet nicht statt, wenn hierzu eine nach dem 
für die ersuchte Behörde geltenden Rechte 
nicht statthafte Handlung vorgenommen werden 
müßte, und sie kann behufs Abwendung einer 
Doppelbesteuerung versagt werden (§F 3). Der 
B. ist, soweit die Landesgesetze nicht anders 
bestimmen, von den zu Handlungen der be- 
antragten Art in dem entsprechenden Geschäfts- 
kreise ihres Staates berufenen Behörden zu 
leisten; fehlt es an einer solchen Behörde, so 
hat die Landesregierung eine solche zu be- 
stimmen (§ 2). Voraussetzungen des B. und 
die — im Ersuchungsschreiben zu bescheinigende 
— Vollstrechbarkeit des Anspruchs richten sich 
nach den für die ersuchende, Art und Weise 
der Beistandsleistung nach den für die ersuchte 
Stelle maßgebenden Vorschriften (§# 4). Uber 
Zulässigkeit des B., über Einwendungen gegen 
die Art und Weise, sowie über BVersagung des 
B. wegen Doppelbesteuerung entscheiden die 
Behörden des ersuchten, über Einwendungen 
gegen den Anspruch selbst oder seine Voll- 
strechbarkeit die des ersuchenden Staates (6 5); 
doch kann die ersuchte Behörde wegen ihr er- 
heblich und glaubhaft erscheinender Einwen- 
dungen gegen den Anspruch oder dessen Voll- 
strechbarkeit die Vollstrechung vorläufig ein- 
stellen (§ 6). In den oben unter Ziff. 1 a-e 
bezeichneten Fällen kann das Strafverfahren 
auch gegen anderen Bundesstaaten angehörige 
Teilnehmer und Begünstiger gerichtet werden 
8). Im Verwaltungsstrafverfahren haben 
die Amtsgerichte auf Ersuchen Zeugen und 
Sachverständige nach Maßgabe der Vorschriften 
der St PO. eidlich zu vernehmen (8 8). Aur 
bare Auslagen der ersuchten sind von der 
ersuchenden Behörde zu erstatten; doch sind 
andere Kosten von zahlungspflichtigen Per- 
sonen, soweit die ersuchte Behörde sie nicht 
selbst von ihnen einziehen kann, seitens der 
ersuchenden einzuziehen und der ersuchten zu 
übersenden (§ 9). Alle Bestimmungen des 
Gesetzes finden auch auf die nach der Seemanns-
	        
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