Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten.
schriften bei den am häufigsten vorkommenden
anstechenden Krankheiten" vom 8. Aug. 1835
(6S. 240), welches im Laufe der Zeit durch
Spezialvorschriften ergänzt war; in den neueren
Provinzen war die Regelung Regierungspolizei-
verordnungen überlassen. Mit dem Jahre 1900
ist hierin eine grundlegende Anderung ein-
getreten; die Bekämpfung der gemeingefähr-
lichen Krankheiten ist durch Reichsgesetz ge-
regelt, diesenige der übrigen übertragbaren
Krankheiten der Regelung durch Landesgesetz
überlassen. In Betracht kommen: 1. G. vom
30. Juni 1900 (Rl. 306), betr. B. g. K.,
dazu a) RBek. vom 6. Okt. 1900 (Rol.
850), betr. vorläufige Ausführungsbestim-
mungen zur Bekämpfung der Pest; b) BRAnw.
zur Bekämpfung der Pest vom 3. Juli 1902
(AMMI#l.#1903, 24), nebst Anlage 10, betr. Ar-
beiten und Verkehr mit Pesterregern, dazu
Erl. vom 26. Nov. 1902 (MMIBl. 54), betr.
Durchführung der BRNAnw. vom 3. Juli 1902;
c) Ré Bek. vom 21. Febr. 1904 (REl. 67),
betr. Bestimmungen zur Ausführung des G. vom
30. Juni 1900, behandelnd Cholera, Pocken,
Flechfieber (Flecktyphus), Aussatz (Lepra), dazu
Erl. vom 12. Serpt. 1904 (MMISl. 353);
d) RBek. vom 4. Mai 1904 (Rl. 159),
betr. das Arbeiten und den Verkehr mit Krank-
heitserregern, ausgenommen Pesterreger, dazu
Erl. vom 6. Aug. 1904 (MMBl. 315);
e) RR. Bek. vom 22. Juli 1902 (REBl. 257),
betr. wechselseitige Benachrichtigung der Mili-
tär= und Polizeibehörden über das Auftreten
übertragbarer Krankheiten. 2. PrEöb. vom
28. Aug. 1905 (GS. 373), betr. die Behäm-
pfung übertragbarer Krankheiten, nebst V.
lüber das Inkrafttreten) vom 10. Okt. 1905
(6S. 387), dazu Ausführungsbestimmungen
Erl. vom 7. Okt. 1905 (MM Bl. 389).
lichen und reglementarischen Vorschriften ist die
Bekämpfung der Pest, Cholera, Pocken, Fleck-
fieber Flecktyphus) und Aussatz, sowie landes-
gesetzlich der Diphtherie, Genichstarre, Kindbett-
fieber, Körnerkrankheit (Granulose), Rüchfall-
fieber, Ruhr, Scharlach, Typhus (Unterleibs-,
Wilzbrand, Rotz, Tollwut, Fleisch-, Fisch= und
Wurstvergiftung, Trichinose, Lungen= und Kehl-
kopftuberkulose im einzelnen erschöpfend ge-
kegelt; vgl. das Aähere unter den Namen der ein-
zelnen Krankheiten. Die gemeinsamen Grund-
zuge der Regelung sind: 1. Anzeigepflicht be-
treffs jeder Erkrankung und jedes Todesfalles,
bei Tuberkulose nur für die Todesfälle;
2. Ermittelung des Krankheitsfalles durch die
Polizeibehörde unter Zuziehung des beamteten
reis-Arztes, der bei Gefahr im Verzuge
chon vor dem Einschreiten der Polizei die zur
erhütung der Verbreitung erforderlichen Maß-
kegeln treffen kann; 3. polizeiliche Schutzmaß-
kegeln zur Verhütung der Rrankheitsverbrei-
aig gegen kranke, krankheitsverdächtige und
anstechungsverdächtige Personen, bestehend in
eobachtung und Absonderung, eventuell Über-
führung in ein Krankenhaus bzw. sonstiger
zwang zu ärztlicher Behandlung. Zureisende
onen aus verseuchten Ortschaften können
volizeilicher Meldepflicht unterworfen, der Ge-
werbebetrieb mit zur Krankheitsverbreitung
Bekämpfun
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geeigneten Gegenständen kann beschränkt, Ab-
haltung von Messen und Märkten verboten,
der Schiffahrts- und Flößereiverkehr polizei-
licher Beschränkung unterworfen, jugendliche
Personen können vom Schulbesuch aus-
gecchlossen, die Benutzung von Brunnen,
ächen, Seen, Wasserläufen, Wasserleitungen,
sowie öffentlicher Bade-, Schwimm-, Wasch-
und Bedürfnisanstalten kann polizeilich be-
schränkt oder verboten, die Räumung verseuch-
ter Wohnungen und Häuser, sowie Disinfektion
eventuell Vernichtung infizierter Gegenstände,
Desinfektion von Wohnungen polizeilich an-
geordnet, die Aufbewahrung, Einsargung, Be-
förderung und Bestattung verseuchter Leichen
polizeilich geregelt, amtliche Leichenschau
jeder Leiche angeordnet, der Einlaß von
Seeschiffen aus dem Auslande von der Er-
füllung gesundheitspolizeilicher Vorschriften
abhängig gemacht, auch der sonstige Personen-
und Frachtverkehr polizeilich beschränkt oder
verboten werden. Die Gemeinden und weiteren
Kommunalverbände können von der Kommunal-=
aussichtsbehörde angehalten werden, die zur
der gemeingefährlichen und über-
tragbaren Krantkheiten notwendigen Einrich-
tungen zu treffen. 4. Entschädigungen werden
gewährt für infolge von Aufenthalts- oder
rbeitsbeschränkung entgangenen Arbeitsver-
dienst an Personen, die der Invalidenver-
sicherung unterliegen, im übrigen nur für
durch Desinfektion, beschädigte oder für ver-
nichtete Gegenstände. Die Festsetzung der Ent-
schädigung erfolgt von Amts wegen durch die
Ortspolizeibehörde; die Festsetzuung ist nur durch
Beschwerde an die nächste Aufsichtsbehörde
anderes bestimmt ist,
II. Durch die vorstehend angeführten gesetz--
— ——
anfechtbar. 5. Die Obliegenheiten der Polizei
bei der Seuchenbekämpfung werden, wo nichts
von der Ortspolizei-
behörde wahrgenommen, doch ist der Landrat
befugt, deren Verrichtungen selbst zu über-
nehmen. Als beamtete Arzte fungieren bei
der Seuchenbekämpfung der Kreisarzt, der ihn
vertretende Kreisassisten zarzt, die mit kreis-
ärztlichen Obliegenheiten beauftragten Stadt-
ärzte in Stadtkreisen, die Hafen= und Qua-
rantäneärzte in Hafenorten und die sonst
vom Regierungspräsident, Oberpräsident oder
Minister entsandten Medizinalbeamten. 6. Die
Kosten der Beteiligung des beamteten Arztes
bei der Seuchenbekämpfung und die Kosten
der Feststellung von Scharlach, Körnerkrank-
heit und Diphtherie durch nichtbeamtete Arzte
trägt der Staat, desgleichen die Kosten, welche
durch landespolizeiliche Maßnahmen zur Be-
kämpfung übertragbarer Krantkheiten entstehen.
Die übrigen Kosten der Seuchenbekämpfung —
diesenigen der Desinfektion und Vorsichts-
maßregeln, bezüglich der Leichen nur, wenn
kein leistungsfähiger privater Zahlungepflich-
tiger vorhanden ist, diesenigen der Absonderung
nur, wenn die abgesonderten Personen selbst
ahlungspflichtig sind und nicht in einer ihre
rbeitslosigkeit beeinträchtigenden Weise wäh-
rend der Absonderung erkranken — sind aus
öffentlichen Mitteln zu bestreiten. Die Dechungs-
pflicht liegt grundsätzlich der Gemeinde ob; bei
an bestimmte Voraussetzungen geknüpfter be-
schränkter Leistungsfähigkeit sind Kreis, Pro-