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Eine fahrlässige B. gibt es nicht.
gungsabsicht ist nicht erforderlich; ebenso ist
der Zweck des Täters bedeutungslos, außer
soweit er nach § 193 oder beim Wahrheits-
beweis (s. unter III) in Betracht kommt. Die
verleumderische B. (§ 187) besteht darin, daß
wider besseres Wissen — sog. dolus eventualis
genügt daher nicht — in Beziehung auf einen
andern eine unwahre Tatsache behauptet oder
verbreitet wurde, welche denselben verächtlich
zu machen oder in der öffentlichen Meinung
herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefähr-
den geeignet ist. Eine üble Nachrede (5+ 186)
liegt vor, wenn jemand in Beziehung auf
einen andern eine Tatsache behauptet oder
verbreitet, welche denselben verächtlich zu
machen oder in der öffentlichen Meinung herab-
zuwürdigen geeignet ist, sofern sich für die Tat-
lace ein Wahrheitsbeweis nicht erbringen läßt.
b die Tatsache objektiv wahr ist, oder ob sie
der Täter für wahr gehalten hat, ist unerheblich.
III. Der Beweis der Wahrheit der be-
haupteten oder verbreiteten Tatsache schließt
die Bestrafung nach den §§ 187, 186 aus, weil
er dort ein notwendiges Tatbestandsmerkmal,
hier die Bedingung der Strafbartkeit beseitigt.
Aber auch sonst tut er dies, außer wenn das
Vorhandensein einer B. aus der Form der Be-
hauptung oder Verbreitung oder aus den Um-
ständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.
IV. Die B. ist ein Vergehen; der Versuch ist
nicht strafbar. Die Strafen für eine einfache B.
und für die üble Nachrede sind im wesentlichen
gleich. Ein schwererer Fall ist es bei jener,
wenn sie mittels einer Tätlichkeit, bei dieser,
wenn sie öffentlich oder durch Verbreitung von
Schriften, Abbildungen oder Darstellungen
begangen wird. Härter wird die verleumde-
rische B. bestraft. Ein schwererer Fall der-
selben ist unter dergleichen Voraussetzung wie
bei der üblen Nachrede vorhanden. Andrerseits
ist bei ihr die Annahme mildernder Umstände
gestattet. Neben den Haunptstrafen bestehen
als Aebenstrafen: die Befugnis des Beleidigten,
die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen
öffentlich bekanntzumachen, die Bekannt-
machung des verfügenden Teiles des Urteils
auf Antrag des Beleidigten durch die öffent-
lichen Blätter und die Erteilung einer Aus-
fertigung des Urteils an den Beleidigten auf
Kosten des Schuldigen (§ 200). Alle B. er-
fordern zur Verfolgung einen Strafantrag
(6 194), an dessen Stelle bei der B. einer
politischen Körperschaft deren Ermächtigun
tritt (§ 197). Neben dem Beleidigten felbst
sind in den §§ 195, 196 noch gewisse andere
Berlonen für antragsberechtigt erklärt. Die
urüchnahme des Antrags ist zulässig 1964).
Bei wechselseitigen B. ist die Antragsfrist be-
sonders bestimmt (§ 198). Wenn eine B. auf
der Stelle erwidert wird, kann der Richter
beide B. oder eine von ihnen für straffrei er-
klären (§ 199), sog. Kompensation oder Retor-
sion der B. Bei der üblen Nachrede und der
verleumderischen B. ist der Beleidigte berechtigt,
wenn sie nachteilige Folgen für seine Ver-
mögensverhältnisse, seinen Erwerb oder sein
Fortkommen mit sich brachten, neben der Strafe
eine Buße bis zum Betrage von 6000 M. zu
Beleidi-
Beleidigungen im Amte — Beleuchtung.
verlangen, durch deren Zuerkennung die Gel-
tendmachung eines weiteren Entschädigungs-
anspruchs ausgeschlossen wird (8 188); ogl.
Strafen II, auch Antrag bei strafbaren
Handlungen.
V. Uber die Behandlung von Immediat-
eingaben und Beschwerdeschriften, welche ver-
letzende Außerungen enthalten, s. Zirkular
vom 13. Dez. 1878 (M Bl. 1879, 25). Vgl. auch
Majestätsbeleidigung.
Beleidigungen im Amte. Wenn die B.
gegen einen Beamten, während er in der Aus-
übung seines Berufs begriffen ist, oder in Be-
ziehung auf seinen Beruf begangen ist, so
haben außer den unmittelbar Beteiligten auch
deren amtliche Vorgesetzte das Recht, den
Strafantrag zu stellen (StEB. 8 196). Unter
einem „amtlichen Vorgesetzten"“ im Sinne
dieses den Schutz der Beamten in Ausübung
ihres Berufs bezweckenden Paragraphen ist
dersenige zu verstehen, dem die Dienstgewalt
zusteht in derjenigen Sphäre, auf welche sich
die B. bezieht, und der die Befugnis hat, in
die Tätigkeit des Beamten als des Unter-
gebenen befehlend und abändernd einzugreifen,
ihn mit bindenden Anweisungen zu versehen
und die Befolgung eventuell zwangsweise
herbeizuführen (RoeSt. 35, 227). Das An-
tragsrecht des Vorgesetzten ist ein selb-
ständiges (Rö# St. 5, 270), umfaßt aber
nicht die nach dem Tode erfolgte B. (Bechtspr.
des Ro. in Strafsachen 7, 698). Durch die
Zurüchnahme des vom Beleidigten unmittel-
bar gestellten Strafantrags wird das An-
tragsrecht des Vorgesetzten nicht berührt (R-
St. 5, 270).
Beleuchtung. I. B. der Wege. Die B.
der öffentlichen Wege gehört der Regel nach
nicht zur Wegebaulast und kann daher nicht
vom wegepolizeilichen, sondern nur vom ver-
kehrs= oder sicherheitspolizeilichen Standpunkte
seitens der Ortspolizeibehörde von den Ge-
meinden gefordert werden (OVG. 4, 419;
5, 404; 18, 415; Pr Vl. 7, 39; 9 S. 133, 254;
19, 543; Wegeordnung für Sachsen vom
11. Juli 1891 — GS. 316 — § 8; Wege-
ordnung für Westpreußen vom 27. Sept. 1905
— GöS. 357 — § 12). Aur wenn die B. zur
Sicherung des Verkehrs auf dem Wege,
etwa wenn der Weg sich nicht in ordnungs-
mäßigem Zustande befindet, notwendig wird,
ist sie Sache des Wegebaupflichtigen und
wegepolizeilich erzwingbar (O#. 18, 415:
40, 436). Daraus ergibt sich gemäß § 127
LWB. oder §§ 56 ff. 3G. der Instanzenzug
(ogl. Germershausen, Wegerecht, 2. Aufl.,
1, 61). Auch bei Privatstraßen und wegen
kann unter Umständen aus sicherheitspolizei-
lichen Gründen die Ortspolizeibehörde die B.
vom Eigentümer und in zweiter Linie von der
Gemeinde fordern (O# . 5, 404; 7, 350; 18,
415; Pr VBl. 9, 222; 10, 526; 12, 544; 13, 339).
II. B. der Treppen und Flure. Wie
von dem O. in konstanter Rechtsprechung
festgehalten worden ist, liegt jedem Eigentümer
die öffentlichrechtliche Pflicht ob, sein Grund-
stück in einem solchen Zustande zu erhalten
oder so umzugestalten, daß polizeilich zu
schützende öffentliche Interessen nicht beein-