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der Kosten oder zum Beweise der strafbaren
Handlung erforderlich ist (G. vom 9. Juli 1876
8 29; vom 27. Febr. 1880 8 10; vpvgl.
AusfAnw. zu ersterem G. vom 27. Aug. 1896
iff. 17 III, zu letzterem G. vom 4. März 1880
iff. 8; Anw. vom 30. Aug. 1876, betreffend
das Strafverfahren bei Gewerbesteuerunter-
suchungen nach den Vorschriften des G. vom
3. Juli 1876 — Al Bl. 1877, 15 — Ziff. 11).
Ob zu den der B. unterliegenden Gegen-
ständen nur die Waren oder auch die Trans-
portmittel, Wagen, Musikinstrumente und der
Erlös für verkaufte Waren gehören, ist streitig
(ogl. Falkmann-Strutz, Gewerbesteuer-
gesetzgebung, 3. Aufl., Anm. 2 zu § 29 G. vom
3. Juli 1879).
IV. Im Verwaltungsgebiet der indirekten
Steuern ist die B. der Gegenstände zulässig,
welche nach den Gesetzen über die Zölle und
sonstigen indirenten Steuern der Einziehung
(Konfiskation; s. Einziehung) unterliegen
oder als Beweismittel für die Untersuchung von
Zuwiderhandlungen gegen jene Gesetze in Be-
tracht Kommen. Ferner ist die B. von Gegen-
ständen des Beschuldigten zur Sicherung der
Geldstrafe, der Kosten des Verfahrens und
der Abgaben zulässig. Hierbei gelten im all-
gemeinen die Bestimmungen der Strafprozeß=
ordnung (s. o. zu 1). Doch ist die B. von
Briefen, Sendungen und Telegrammen auf den
Post= und Telegraphenanstalten unzulässig.
Die Anordnung der B. steht dem unter-
suchungführenden Hauptzoll= oder Hauptsteuer-
amt, dem Bezirksoberinspektor oder dem
Bezirksoberkontrolleur, bei Gefahr im Verzug
auch Zoll= oder Steuerbeamten geringeren
Ranges zu; ihre Ausführung Rhann durch
jeden Zoll= oder Steuerbeamten erfolgen. Dem
Betroffenen ist auf Verlangen eine Abschrift
des Verzeichnisses der in Verwahrung ge-
nommenen Gegenstände auszuhändigen (Ver-
waltungsstrafgesetz vom 26. Juli 1897 — G.
237 §§ 13—16, 23; vgl. Verwaltungs-
strafverfahren V, 2à u. c). Für B. in
Landesstempelsachen gilt der § 31 des LSt.
vom 31. Juli 1895 — GS. 413 (5 18 a. a. O.).
V. Die B. in der Zwangsvollstrechung
wegen zivilrechtlicher Ansprüche richtet sich nach
den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes (Zivil-
prozeßordnung, Konkursordnung, Zwangs-
versteigerungsgesetz). Uber B. im Verwaltungs-
zwangsverfahren s. d.; über Vermögens-
beschlagnahme vgl. Einziehung; über B.
von Fleisch s. Fleischbeschau IV Nr. 3;
über B. von Besoldungen, Pensionen
usw. s. d.; über B. des Arbeitslohns fs.
Lohn. «
Beschlüsse s. Entscheidungen.
Beschlußverfahren. I. Unter den Verwal-
tungssachen gibt es solche, welche man für so
wichtig erachtet, daß sie mit größeren Garan=
tien für ihre sachgemäße Erledigung versehen
werden müssen, als das gewöhnliche, mehr
oder weniger formlose Verwaltungsverfahren
bietet, die aber andererseits nicht wichtig genug
oder sonst nicht geeignet erscheinen, sie zu Ver-
waltungsstreitsachen zu machen und mit deren
noch weiter reichenden Garantien auszustatten.
Für diese Sachen ist das sog. B. eingeführt,
Beschlüsse — Beschlußverfahren.
welches mit dem Verwaltungsstreitverfahren
gemein hat, ein Verfahren vor Selbstverwal-
tungsbehörden, mit Fristen und bestimmten
Rechtsmitteln zu sein, sich von dem letzteren aber
wesentlich dadurch unterscheidet, daß grundsätz-
lich in ihm die mündliche Verhandlung nicht
obligatorisch, sondern nur fakultativ ist, regel-
mäßig also nur eine schriftliche Anhörung der
Beteiligten stattfindet. Es ist allgemein im
LV. teils gemeinschaftlich mit dem Verwal-
tungsstreitverfahren, teils besonders (§8 115
bis 125) geordnet, und zwar unter Zugrunde-
legung des Satzes, daß das B. und das Ver-
waltungsstreitverfahren einander ausschließen
(LVe. 8 50); insbesondere Rann nicht das B.
nach dem Ermessen der Behörde durch das
Verwaltungsstreitverfahren ersetzt werden (O##-
G. 40, 284).
II. Beschlußbehörden sind der Preis-
(Stadt-) ausschuß, der Bezirksausschuß und der
Provinzialrat. Das Verfahren vor ihnen ist das
B., soweit nicht das Verwaltungsstreitverfahren
ausdrücklich vorgeschrieben ist. Der Provinzial-
rat verfährt nur im B. (LV. 8 54). Die
sachliche Zuständigkeit im einzelnen ist im Zu-
ständigkeitsgesetz und in zahlreichen anderen Ge-
setzen, die örtliche in den §8 57, 58 LVS. geord-
net. Wegen der letzteren s. Gerichtsstand und
wegen des Ausschlusses der an sich zuständigen
Behörde oder einzelner Mitglieder derselben die
Artikel Ausschließung und Behinderung.
Der Vorsitzende der genannten Behörden hat
neben den sich lediglich auf die Geschäftsleitung
beziehenden Befugnissen (LV. 8 55) im Inter-
esse der Vereinfachung und entsprechend dem
Rechte zum Erlasse von Vorbescheiden im Ver-
waltungsstreitverfahren (s. Bescheid) die Be-
fugnis, in Fällen, welche keinen Aufschub zu-
lassen, oder in welchen das Sach= und BRechts-
verhältnis Klarliegt und die Zustimmung des
Kollegiums nicht im Gesetz ausdrücklich als
erforderlich bezeichnet ist, namens der Behörde
Verfügungen zu erlassen und Bescheide zu er-
teilen, der Vorsitzende des Bezirksausschusses
und des Provinzialrats jedoch nur mit der
Maßgabe, daß eine Abänderung der durch
Beschwerde angefochtenen Beschlüsse des Kreis-
(Stadt-ausschusses bzw. des Bezirksausschusses
nur unter Zustimmung des Kollegiums er-
folgen darf. Den Beteiligten ist bei derartigen
ihren Anträgen nicht stattgebenden Verfügungen
und Bescheiden zu eröffnen, daß sie befugt
seien, innerhalb zwei Wochen auf Beschluß-
fassung durch das Kollegium anzutragen oder
dassenige Rechtsmittel einzulegen, welches zu-
lässig wäre, wenn die Verfügung bzw. der
Bescheid auf Beschluß des Kollegiums erfolgt
wäre. Dem Kollegium hat, damit es auf dem
laufenden der Geschäfte bleibt, der Vorsitzende
von allen im Namen desselben erlassenen Ver-
fügungen und erteilten Bescheiden nachträglich
Mitteilung zu machen (LVE. 8§ 117). An den
Verhandlungen der Behörde können unter Zu-
stimmung des RKollegiums technische Staats-
oder Kommunalbeamte mit beratender Stimme
teilnehmen (§ 118). Wegen der Zuziehung
unmittelbarer Staatsbeamten ogl. die Erl.
vom 9. Mai 1874, 11. Dez. 1875 u. 30. Jan.
1882 (MVBl. 1874, 119; 1875, 285; 1882, 26).