Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Betriebssteuer. 
erforderliche Willensbestimmung verlangt, der 
Disposition des Unternehmers unterworfenen 
Mittelpunkt aus mehr oder minder dauernd 
der Hauptsache nach zufolge der Willensbestim— 
mung des Unternehmers oder nach der Natur 
des Gewerbes Tätigkeiten sich vollziehen, die 
den Inhalt des Gewerbebetriebes oder doch 
einen Teil desselben bilden, z. B. auch nur das 
Rohmaterial oder Hilfsstoffe für die Fabrika- 
tion gewonnen, die Reparaturen der Betriebs- 
mittel vorgenommen werden. Daher kann 
z. B. dieselbe Ortlichkeit eine B. mehrerer Un- 
ternehmer bilden. Wo nur eine einmalige oder 
vorübergehende gewerbliche Tätigkeit aus- 
geübt wird, ist keine B. vorhanden, also z. B. 
nicht überall, wo ein auswärtiger Bauunter- 
nehmer einen Bau ausführt, ein Holzhändler 
an Ort und Stelle das Holz eines Waldes 
fällen, entrinden und zur Erzielung transport- 
fähiger Längen zerschneiden läßt. Wo hiernach 
im einzelnen Falle eine B. anzunehmen, ist 
Frage des Einzelfalls (ogl. O#. 18, 128; 
14, 120; 22, 124; 24, 103; 37, 121; O#8t. 
3 S. 146, 390; 4 S. 302, 383, 385; 5 S. 170, 413; 
6 S. 240, 433 f.; 7, 349; 8, 358; 9 S. 458 f., 460, 
462,464; 10 S.121, 451; 11 S. 22, 28). Aach Art. 2 
des zwischen Preußen und Osterreich abgeschlos- 
senen Vertrages zur Vermeidung von Doppel- 
besteuerungen, vom 21. Juni 1899 (s. Doppel- 
besteuerung), gelten als B. „Zweignieder- 
lassungen, Fabrikationsstätten, Niederlagen, 
Kontore, Ein= oder Verkaufsstellen und son- 
stige Geschäftseinrichtungen zur Ausübung des 
stehenden Gewerbes durch den Unternehmer 
selbst, Geschäftsteilhaber, Prohuristen oder 
andere ständige Vertreter". 
Betriebssteuer. I. B. für den Betrieb der 
Gastwirtschaft, der Schankwirtschaft sowie des 
Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus 
ist durch §§ 59 ff. Gew St G. vom 24. Juni 1891 
als eine besondere, neben der allgemeinen 
Gewerbesteuer bzw. auch dann, wenn der Be- 
trieb der letzteren nicht unterliegt, weil Ertrag 
und Anlage= und Betriebskapital die Grenze 
der Steuerpflicht nicht erreichen (s. Gewerbe- 
steu er), zu entrichtende Gewerbesteuer mit 
Rücksicht darauf eingeführt, daß diese Betriebe 
vermöge der Konzessionspflicht einen anderen 
nicht gewährten Schutz vor übermäßiger Kon- 
hurrenz genießen, daß sie verhältnismäßig 
mühelosen Gewinn abwerfen, daß volkswirt- 
schaftliche und ethische Gründe ihre Einschrän- 
dung erwünscht machen, und daß es aus allen 
beesen Gründen nicht angemessen erschien, ihnen 
im Verhältnis zu ihrer bisherigen Besteuerung 
r der Gewerbesteuerklasse C (s. Gewerbe- 
tuer) eine solche Entlastung zu gewähren, 
F sie im allgemeinen die neuere Gewerbe- 
Guergesetzgebung den kleinen und mittleren 
: tewerbebetrieben brachte. Aus diesem Grunde 
o ie B. auch durch das sog. Aufhebungsgesetz 
Sm 14. Juli 1893 (s. Aufhebung direkter 
tracatssteuern) nicht wie die übrigen Er- 
dà gsteuern dergestalt außer Hebung gesetzt, 
sche es von dem Finanzbedarf und den Be- 
üssen der Gemeinden abhängig wäre, ob 
imwieweit eine Weitererhebung für deren 
p0 chnung stattfindet. Die B. muß vielmehr 
un den Gemeinden in der durch das Gew- 
  
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St. bestimmten Höhe weiter erhoben und, 
sofern die Gemeinde einem Kreise angehört, 
an diesen abgeführt werden, während es den 
Gemeinden außerdem und ohne Rüchsicht auf 
ihre finanzielle Lage freisteht, daneben ihrer- 
seits Zuschläge zu derselben oder besondere B. 
zu erheben. 
II. Die Steuerpflicht ist davon abhängig, 
daß zu dem Betriebe nach § 33 Gew)O. eine 
Konzession erteilt oder erforderlich ist, also 
emäß Rek. vom 27. Febr. 1896 für den 
leinhandel mit denaturiertem Spiritus 
nicht begründet (Mittd St. 33, 56). 
IUI. Die Steuer beträgt, je nachdem der 
Unternehmer in der Klasse I, II, III oder IV oder 
wegen Zurüchbleibens des Ertrages und des 
Anlage= und Betriebskapitals hinter der 
untern Grenze der Steuerpflicht nicht zur 
Gewerbesteuer veranlagt ist, 100, 50, 25, 15 
oder 10 M. jährlich, gleichviel ob die Ver- 
anlagung zur Gewerbesteuer lediglich wegen 
des betriebssteuerpflichtigen oder auch wegen 
anderer Betriebe erfolgt ist (Gewut G. 8§ 60); 
nur Konsumanstalten gewerblicher Unterneh- 
mer sind, wie sie von den sonstigen Be- 
trieben der Unternehmer getrennt zur GEe- 
werbesteuer herangezogen werden, auch nur 
nach Maßgabe dieser ihrer Gewerbesteuer- 
veranlagung zur B. heranzuziehen. Gänzlich 
von der B. befreit sind Weinbauer, welche 
selbstgewonnenen Most oder Wein im Polizei- 
bezirk ihres Weinguts oder Wohnsitzes höch- 
stens drei Monate lang zum Genuß auf der 
Stelle verkaufen (§ 67). Der Steuersatz 
wird für jede geistige Getränke verabfolgende 
Betriebsstätte besonders erhoben; erstreckt sich 
das betriebssteuerpflichtige Gewerbe über 
mehrere Kreise und werden geistige Getränke 
nicht verabfolgt, so wird für seden Kreis 
die Hälfte des Steuersatzes erhoben (St A-G. 
§ 12 Ziff. 1). Ermäßigte Steuersätze bis herab 
zu 5 Ml. Bönnen auf Antrag für lediglich 
vorübergehende, bei außergewöhnlichen GEe- 
legenheiten stattfindende Betriebe in An- 
wendung gebracht werden (Gewöt. 8 61). 
Die B. ist stets in einer Summe zu ent- 
richten und wird, wenn der Betrieb im 
Laufe des Steuerjahres eingestellt wird, für 
den Rest des Steuerjahrs nicht erstattet, wie 
auch bei Eröffnung des Betriebes im Laufe 
des Steuerjahrs nicht etwa mit Bücksicht auf 
den abgelaufenen Teil desselben nur ein Teil 
des Jahressteuersatzes erhoben wird. Dagegen 
wird, wenn der Betrieb im Laufe des Steuer- 
jahres nach Entrichtung der B. auf einen 
andern übergeht, die B. nicht nochmals von 
diesem erhoben (GewSt G. 564; Mittd St. 46, 17). 
IV. Die Festsetzung der B. erfolgt in 
Landkreisen durch den Landrat, in Stadt- 
kreisen durch den Gemeindevorstand, in Berlin 
durch die Direktion für die Verwaltung der 
direkten Steuern (St AEG. § 12 Ziff. 2). Rechts- 
mittel ist nur Beschwerde an die Regierung 
und in weiterer Instanz, in Berlin sogleich 
gegen die Festsetzung, an den FMl. Versetzung 
in eine andere Gewerbesteuerklasse zieht ent- 
sprechende Anderung der Betriebssteuerfest- 
setzung von Amts wegen nach sich (Gew t. 
§ 65). Hat eine Gemeinde eine besondere B.
	        
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