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sodann wenigstens vorwiegend selbständige
Kaufleute oder kaufmännische Hilfspersonen
sein und ihren Geschäftssitz am Orte der Ver—
sammlungen oder in dessen Nähe haben. Die
Versammlungen müssen weiter dem Handel
mit nicht zur Stelle gebrachten vertretbaren
Waren dienen und zwar so, daß der in ihnen
betriebene Handel wiederum zwar nicht aus-
schließlich aber doch in erheblichen Maße ein
Handel von Großhändlern untereinander ist.
Versammlungen, die sich als B. darstellen,
sind ohne Genehmigung unzulässig. Ihre
Fortsetzung kann durch ortspolizeiliche Ver-
fügung untersagt werden im Interesse der
Aufrechterhaltung der durch das Verbot ge-
schaffenen öffentlichen Ordnung im Handel
und Verkehr (OV#. 34, 315). In Preußen
bestehen. B. zu Berlin, Königsberg, Danzig,
Elbing, Stettin, Grimmen, Breslau, Magde-
burg, Frankfurt a. M., Düsseldorf, Essen,
Cöln, Ruhrort und Hannover. In den übri-
gen Bundesstaaten finden sich B. zu Ham-
burg, Lübech, Bremen, München, Augsburg,
Stuttgart, Mannheim, Dresden, Leipzig, Chem-—
nitz, Zwickau, Mülhausen i. E. und Straß-
burg. Nach den Gegenständen, die an der
B. gehandelt werden, unterscheidet man Fonds-
börsen (für Wertpapiere), Produktenbörsen (für
Erzeugnisse der Landwirtschaft und ihrer
Aebengewerbe, der Müllerei, Mälzerei, Ol-
müllerei, Stärke-, Spiritus= und Zuckerin-
dustrie) und Warenbörsen (für andere Waren,
7 B. für die Textil= und Montanindustrie).
ian Seeplätzen erstreckt sich der Börsenverkehr
auch auf das Verfrachtungsgeschäft, teilweise
auch auf Spedition und Versicherungsgeschäfte.
Die B. in BRuhrort (Schifferbörse) besteht aus-
schließlich für Verfrachtungsgeschäfte.
II. Beaufsichtigung. Die unmittelbare Auf-
sicht über alle B. in Preußen einschließlich
ihrer Aebeneinrichtungen (Liquidationskassen
us w.) führen die Handelskammern (s. d.) und
Raufmännischen Korporationen (s. d.), in deren
Bezirk die B. ihren Sitz hat. Staatliche Auf-
sichtsinstanzen sind die Regierungspräsidenten
(in Berlin der Oberpräsident), in höchster In-
stanz der HM. Die Aussichtsbehörde ist be-
fugt, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und
für den Geschäftsverkehr an der B. Anord-
nungen zu erlassen (Börsengesetz 8§ 8).
IUI. Staatskommissare sind bei jeder B.
in Preußen mit Ausnahme derjenigen in El-
bing, Grimmen, Düsseldorf, Essen und Ruhr-
ort vom HM. bestellt. Der Staatskommissar
hat den Geschäftsverkehr an der B. sowie die
Befolgung der für die B. erlassenen Gesetze
und Verwalmungsbestimmungen zu überwachen;
er kann den Beratungen der Börsenorgane
beiwohnen und diese auf hervortretende Wiß-
bräuche aufmerksam machen. Uber Mängel
und über die Mittel zu ihrer Abstellung hat
er dem HM. zu berichten (8 2 a. a. O.).
IV. Börsenorgane sind der Börsenvor-
stand, die mit der unmittelbaren Ausfsicht be-
auftragte Handelskammer oder kaufmännische
Korporation, das Börsenschiedsgericht und die
Zulassungsstelle.
1. Der Börsenvorstand. Ihm liegt die
Handhabung der Ordnung in den Börsen-
Börsen.
räumen ob. Er ist befugt, Personen, welche
die Ordnung oder den Geschäftsverkehr an
der B. stören, sofort aus den Börsenräumen
zu entfernen und mit zeitweiliger Ausschließung
von der B. oder mit Geldstrafe zu bestrafen.
Gegen die Verhängung der Strafen findet
innerhalb der durch die Börsenordnung fest-
gesetzten Frist die Beschwerde an die Aufsichts-
behörde statt (§ 8 a. a. O.). Gegen die Be-
schlüsse der Aufsichtsbehörde findet nach den
Börsenordnungen ein Rechtsmittel nicht statt,
so daß 36. 8§ 137 nicht Platz greifen kann
(OVG. 40, 323). Nach G. über die Landwirt-
schaftsktammern vom 30. Juni 1894 (G. 126)
steht den Landwirtschaftskammern eine Miit-
wirkung bei der Verwaltung und den Preis-
notierungen der Produhktenbörsen zu.
2. Das Börsenschiedsgericht. Kaufleute
oder Personen, die für den betreffenden Ge-
schäftszweig in das Börsenregister eingetragen
sind, können die Entscheidung eines Streit-
falls durch Vereinbarung einem Börsenschieds-
gericht übertragen, die Vereinbarung ist
schlechthin zulässig, wenn sie nach Entstehung
des Streitfalls erfolgte (Börsengesetz § 28).
Es muß sich aber stets um ein wirksames
Börsengeschäft (s. Börsenterminshandel)
handeln (R Z. 56, 21).
3. Die Zulassungsstelle ist eine Kom-
mission, die über die Zulassung von Wert-
papieren zum Börsenhandel Entscheidung trifft.
Sie besteht zur Hälfte aus Personen, welche
nicht in das Börsenregister für Wertpapiere
eingetragen sind (Börsengesetz § 36).
V. Börsenausschuß. Zur Begutachtung
der dem Bundesrat überwiesenen Angelegen-
heiten besteht der Börsenausschuß, der nach
B#eschl. vom 24. Juni 1897 aus 40 Miit-
gliedern und 40 Stellvertretern besteht, von
denen die Hälfte von den Börsenorganen vok-
zuschlagen ist. Von den B. in Preußen haben
das Vorschlagsrecht für je zwei Mitglieder und
zwei Stellvertreter die Handelsvertretungen
in Berlin und Frankbfurt a. M., für je ein
Mitglied und einen Stellvertreter die Handels-
vertretungen zu Breslau, Königsberg, Danzig,
Stettin, Cöln und Alagdeburg. Die Wahl der
Mitglieder und Stellvertreter erfolgt auf fünf
Jahre durch den Bundesrat. Die Geschäfts-
ordnung für den Ausschuß ist vom Bundesrat
erlassen (Börsengesetz § 3).
VI. Börsenordnung. Für jede B. ist durch
die unmittelbare Aufsichtsbehörde eine Börsen-
ordnung erlassen, die vom HM. genehmigt ist-
Die Börsenordnung muß Bestimmungen treffen
über die Börsenleitung und ihre Organe, über
die Geschäftszweige, für welche die Börsenein-
richtungen bestehen, über die Voraussetzung
der Zulassung zum Börsenbesuche, soweit ni-
das Gesetz darüber Bestimmungen ent
#), über die Art der Kurs= und Preisnotie-
rung, über die Höhe der vom Börsenvorstand
festzusetzenden Geldstrafen, über die Zusammen-
setzung der Zulassungsstelle und über die Zu-
lassung von Waren und Wertpapieren zum
Terminhandel (Börsengesetz §8 6, 7). .
VII. Ehrengericht. Ein solches besteht bei
seder B.; die Bildung erfolgt in Preußen
nach Aaßgabe der Börsenordnungen. Das