348
Züchtigungsrechts der D., wegen ihrer Haf—
tung für den durch Dienstboten angerichteten
Schaden und wegen ihrer Befugnis, die Polizei
anzurufen, s. Artikel Gesindeordnungen.
Der Dienstberechtigte kann seine Entschädi—
gungsansprüche wegen Verletzung der dem
Gesinde aus dem Dienstverhältnis obliegenden
Verpslichtungen gegen dessen Lohnforderung
aufrechnen (AG. z. BGB. vom 20. Sept. 1899
— GS. 177 — Art. 14 § 1 Abs. 3). Im übrigen
sind die Rechte und Pflichten der D. in den
einzelnen Gesindeordnungen verschieden ge-
regelt; dies gilt namentlich von der Verpflich-
tung zur Fürsorge für krankes Gesinde. Ein
Recht, etwa wegen Verdachts eines Diebstahls,
ohne weiteres die Sachen des Gesindes zu
durchsuchen, hat die D. nicht.
Strafrechtlich ist das Verhältnis als D.
mehrfach von Bedeutung. So haftet bei
Feld= und Forstpolizeikontraventionen, wenn
nicht festgestellt wird, daß die Tat nicht
mit dem Wissen der Herrschaft verübt ist
oder von ihr nicht verhindert werden konnte,
die D. für ihr Gesinde, jedoch ohne daß im
Falle des Unvermögens eine Freiheitsstrafe
gegen sie eintritt (Feld= und Forstpolizeigesetz
vom 1. April 1880 — GS. 230 — 8§5), ebenso
bei Forstdiebstählen (Forstdiebstahlsgesetz vom
15. April 1878 — GS. 222 — § 11); ähnlich
bei Jagdpolizeiübertretungen. Gagdpolizeigeset
vom 7. März 1850 — GS. 165 — § 19), Uber--
tretungen des Fischereigesetzes vom 30. WMai
1874 — GS. 197 — (§ 52) und bei Zoll= und
Steuerdefraudationen (Zollgesetz vom 23. Jan.
1838 § 19; VG. vom 1. Juli 1869 § 152;
Brausteuergesetz vom 31. Mai 1872 § 38; G.
vom 3. Juli 1878 § 18: Spielkartenstempel;
G. vom 27. Mai 1896 § 58: Zuchersteuer;
G. vom 17. Juni 1895 § 32: Branntwein-
steuer; G. vom 16. Juli 1879 § 43: Tabak-=
steuer). Ferner wird nach § 361 Ziff. 9 StGB.
die Herrschaft, die ihr Gesinde von der Be-
gehung von Diebstählen sowie von der Be-
ehung strafbarer Verletzungen der Zoll= und
teuergesetze oder der Gesetze zum Schutze der
Forsten, der Feldfrucht, der Jagd oder der
Fischerei abzuhalten unterläßt, mit Haft oder
mit Geldstrafe bis zu 150 M. bestraft. Ge-
sinde, welches dem Dienstherrn Sachen von
unbedeutendem Werte stiehlt oder unterschlägt,
ist nur auf Antrag zu verfolgen; die Zurück-
nahme des Antrags ist zulässig (StG# B. 8 247).
Einzelne Gesindeordnungen, so die vom 8. Nov.
1810 (§§ 174—176), enthalten noch Bestim-
mungen über die Haftung der D. für wider
besseres Wissen empfohlenes Gesinde (EE-
BE. Art. 95). Polizeiverordnungen, welche
dem Dienstherrn die Haftung für Geldstrafen
des Elesindes auferlegen, sind ungültig (KGJ.
Streitigkeiten zwischen D. und Gesinde, in-
sofern sie während der Dauer des Dienstver-
hältnisses entstehen, darunter auch solche, welche
durch eine vorzeitige einseitige Lösung des
Dienstverhältnisses veranlaßt werden, gehören
ohne Rüchksicht auf den Wert des Streitgegen-
standes zur Zuständigkeit der Amtsgerichte
(GVG. 8 23). Streitigkeiten zwischen und
Gesinde hinsichtlich des Dienstverhältnisses sind
Dienstleistungen — Dienstort.
Feriensachen (GVG. 8 202 Abs. 2). Urteile,
welche Streitigkeiten zwischen D. und Gesinde
betreffen, sind, insofern die Streitigkeiten wäh—
rend der Dauer des Dienstverhältnisses ent-
stehen, auf Antrag für vorläufig vollstrechbar
zu erklären (ZPO. 8 709).
Dienstleistungen s. vorübergehende Be-
schäftigung.
Dienstlohn s. Lohn.
Dienstmänner. Der Gewerbebetrieb der D.
gehört zu den Straßengewerben (s. d.). Aach
Erl. vom 15. Jan. 1862 (Mhl. 27) soll den
Unternehmern von Dienstmannsinstituten
die Einholung der polizeilichen Legitimation
für die von ihnen anzustellenden Personen vor-
eschrieben werden. Wegen Pfändung des
autionsrüchzahlungsanspruchs Rkann einem
D. der Gewerbebetrieb nicht untersagt werden.
(OV6.31, 297). D. als Angestellte eines Dienst-
mannsinstituts sind Rrankenversicherungspflich-
tig (OV. 30, 360) und invalidenversicherungs-
pflichtig (Anl. d. RA., betr. den Kreis der
nach dem Inv VE. versicherten Personen, vom
6. Dez. 1905 (A. 21, 613).
Dienstort. I. D. der Beamten s. Domizil
(notwendiges der Beamten).
II. D. bei der Armenpflege. Der dem vor-
läufig unterstützenden Ortsarmenverband für
aufgewendete Kur= und Pflegekosten zustehende
Erstattungsanspruch (s. Armengesetzbung,
Armenstreitsachen, Armenunterstützung,
Armenverbände) und ebenso der Anspruch
auf Ubernahme des Erkrankten ist für einen
bestimmten Fall gesetzlich ausgeschlossen. Dies
trifft dann zu (UVG. 8§ 29 in der Fassung der
Aovelle vom 12. Alärz 1894), wenn Personen,
die gegen Lohn oder Gehalt in einem
Dienst= oder Arbeitsverhältnis stehen,
oder deren ihren Unterstützungswohnsitz (s. d.)
teilenden Angehörigen, oder wenn Lehrlinge
am Dienst= oder Arbeitsort infolge RKrank-
heit hilfsbedürftig werden. Der Ortsarmen-
verband dieses Orts hat die Verpflichtung,
den Erkrankten die erforderliche Kur und
Verpflegung zu gewähren, einen Anspruch auf
Erstattung der Kosten oder Ubernahme des
gilföbedürftigen aber nur insoweit, als die
rankenpflege länger als 13 Wochen fort-
gesetzt wird, für den über diese Frist hinaus-
gehenden Zeitraum. Er muß jedoch dem end-
gültig verpflichteten Armenverband spätestens
sieben Tage vor Ablauf der 13wöchentlichen
Frist Aachricht von der Erkrankung geben,
widrigenfalls die Erstattung der Kosten erst
von dem sieben Tage nach dem Eingange der
Wachricht beginnenden Zeitraum an gefordert
werden kann. Die Beschränkung des Er-
stattungsanspruchs findet keine Anwendung
hinsichtlich solcher Personen, deren Dienst= oder
Arbeitsverhältnis an dem Aufenthaltsorte nach
seiner Aatur oder im voraus durch Vertrag
auf einen Zeitraum von einer Woche oder
weniger beschränkt ist. Die besondere, den Er-
stattungsanspruch ausschließende Verpflichtung
des Armenverbandes des Arbeitsorts greift dann
nicht Platz, wenn die Hilfsbedürftigkeit außer-
halb des Arbeitsorts (bei vorübergehender
Abwesenheit) eingetreten ist, und zwar bei
Familienangehörigen, die nicht in einem selb-