Dienstvergehen — Dienstversetzungen.
Dienstvergehen. I. D. bei Staatsbe-
amten. Sowohl das Disziplinargesetz vom
21. Juli 1852 wie das Reichsbeamtengesetz
haben von einer Aufzählung der einzelnen
D. abgesehen, weil es unmöglich ist, diese ähn-
lich wie die Strafvergehen in bestimmte Klassen
einzureihen und für jede Pflichtwidrigkeit einen
besondern Tatbestand zu bestimmen. Es gibt
daher nur ein allgemeines D., nämlich die
schuldhafte Verletzung der Dienstpflicht, und
nur dem Grade nach khann die Schwere der
Verletzung verschieden sein. Dementsprechend
unterliegt nach § 2 des G. vom 21. Juli 1852
(GS. 465) den Vorschriften desselben ein Be-
amter, welcher 1. die Pflichten verletzt, die
ihm sein Amt auferlegt, oder 2. sich durch sein
Verhalten in oder außer dem Amte der Achtung,
des Ansehens oder des Vertrauens, die sein
Beruf erfordert, unwürdig zeigt (ogl. wegen
der Reichsbeamten die gleichen Vorschriften
des RBG. vom 31. Alärz 1873 — REsl. 61 —
88 10, 72). Als einzelne Pflichten, deren Ver-
letzung unter den § 2 a. a. O. fällt, sind hervor-
zuheben zu Ziff. 1 die Verpflichtung der Be-
amten, sich an ihrem Amtssitz aufzuhalten, und
die Pflicht der Amtsverschwiegenheit, zu Ziff. 2
die Pflicht des Gehorsams, der Unterordnung
und der Wahrhaftigkheit sowie die Pflichten in
bezug auf die Ausübung staatsbürgerlicher
Rechte und auf die Ubernahme von Aeben-
ämtern und Mebenbeschäftigungen (s. auch unter
diesen Worten und unter Beamte im all-
gemeinen). Die Frage, ob ein Beamter auch
wegen solcher Handlungen disziplinarisch zur
erantwortung gezogen werden Rann, die er
vor Erlangung der Beamteneigenschaft be-
gangen hat, ist vom St M. bejaht, vom OVG.
dagegen verneint worden (s. z. B. OV. 22,
423). Ist eine der unter § 2 a. a. O. fallenden
andlungen zugleich in den gemeinen Straf-
gesetzen (Stch B. §§ 331—359) vorgesehen, so
können die durch dieselben angedrohten Strafen
nur auf Grund des gewöhnlichen Strafver-
fahrens von denjenigen Gerichten ausgesprochen
werden, die für die gewöhnlichen Strafsachen
Hständig sind E 3 a. a. O.). Hinsichtlich der
ienstvergehen von Mitgliedern des OV. s.
Disziplinargesetz.
U. D. bei Kommunalbeamten urnter-
liegen ebenfalls der Bestrafung nach dem Dis-
Kolinargesetz vom 21. Juli 1852 (§ 1). Ihr
rratbestand ist im wesentlichen derselbe wie
ei den unmittelbaren Staatsbeamten. Hervor-
zuheben ist, daß auch die im Ehrenamte tätigen
ommunalbeamten (Gemeindevorsteher, Guts-
vorsteher, Ehrenamtmänner, Ehrenbürger-
meister. unbesoldete Magistratsmitglieder usw.)
Pin Disziplinargesetz unterstehen und die
flichten der Beamten nicht nur innerhalb,
eundern auch außerhalb ihres Amts zu be-
achten haben. Sie sind daher zum Gehorsam
gegen dienstliche Anordnungen der ihnen vor-
goetten Behörden und Beamten verpflichtet,
boern die Anordnungen weder gegen ein Ver-
schengeses verstoßen noch außerhalb ihres Ge-
ftskreises liegen (OV. 12, 423; 26, 412).
zu ren Vorgesetzten haben sie Ehrerbietung
tic,weisen, den Inhabern anderer öffent-
er Amter rückfichtsvolle Achtung. Sie
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dürfen nicht anderen Personen Veranlassung
zu ungesetzlichen Handlungen geben, das Ge-
meindeinteresse nicht hinter persönliche Rüch-
sichten setzen, nicht eine gemeingefährliche Agi-
tation treiben, im politischen Leben sich nicht
an Bestrebungen von Parteien beteiligen, die
grundsätzlich die bestehende Rechts= und Staats-
ordnung bekämpfen, und auch sonst bei der
öffentlichen Erörterung politischer Angelegen-
heiten im Hinblick auf das besondere Gewicht,
das der Amtscharakter dem öffentlichen Auf-
treten eines Beamten verleiht, die mit dem
Amt verbundene Pflicht des Maßhaltens und
unter Umständen der Zurückhaltung nicht ver-
letzen (OB. 14, 408). Ein Staatsbeamter,
der ein Gemeindeamt als Aebenamt betkleidet,
ist hinsichtlich der von ihm in dem Nebenamte
begangenen D. der für dieses zuständigen
Disziplinarbehörde unterstellt (O#. 5, 41;
25, 414). Uber die für die KZommunalbeamten.
zuständigen Disziplinarbehörden s. Diszi-
plinarbehörden, über das Verfahren s.
Disziplinarverfahren, über die zulässigen
Strafen s. Disziplinarstrafen und Ord-
nungsstrafen.
Dienstverkehr s. Geschäftsgang und
Behördenkorrespondenz.
Dienstversetzungen. Diejenigen Beamten,
die nicht auf Probe, auf Kündigung oder
Widerruf angestellt sind, haben einen rechtlich
geschützten Anspruch auf Beibehaltung des
übertragenen Amtes (ogl. ALR. II, 10 § 98).
Die nicht richterlichen Beamten müssen sich
jedoch, auch abgesehen von dem Fall einer
Disziplinarbestrafung, jede Versetzung in ein
anderes Amt von nicht geringerem Rang und
Diensteinkommen unter Vergütung der regle-
mentsmäßigen Umzugskosten im Interesse des
Dienstes gefallen lassen. Als eine Verkürzung
im Einkommen ist es nicht anzusehen, wenn
die Gelegenheit zur Verwaltung von Aeben-
ämtern wegfällt (Disziplinargesetz vom 21. Juli
1852 — GS. 465 — § 87 Ziff. 11 RB. vom
31. März 1873 § 23). Richterliche Beamte
dürfen gegen ihren Willen nicht versetzt werden
(VU. Art. 87; CGVG. — REl. 1898, 3221 — 9° 8).
Sobald ein etatsmäßig angestellter unmittel-
barer Staatsbeamter im Interesse des Dienstes
versetzt wird, hat er für die mit dem Umzuge
verbundenen Aufwendungen eine Vergütung
zu beanspruchen (G., betr. die Umzugskosten
der Staatsbeamten, vom 24. Febr. 1877 — GS.
15; AusfInstr. vom 4. Mai 1877 — M.Bl. 112;
Erl. vom 31. Juli 1881 — MWBl. 178; St M-
Beschl. vom 13. Mai 1884 — ABl. 107; für die
Beichsbeamten V. vom 25. Mai 1901 — BR#l.
241). Diese besteht in einer Vergütung auf
„allgemeine Kosten“ und in einer solchen auf
„Transportkosten“, bemessen nach den Amts-
und Rangverhältnissen der Beamten (G. vom
24. Febr. 1877 § 1). Beamte ohne Familie —
auch Witwer (Erl. vom 27. Sept. 1902 — EBil.
501) — erhalten nur die Hälfte der obigen
Vergütung; unter „Familie“ sind nicht nur
Ehefrau, Kinder oder Eltern, sondern auch
andere nahe Verwandte und Pflegekinder zu
verstehen, sofern der Beamte denselben in seinem
Hausstande Wohnung und Unterhalt auf Grund
einer gesetzlichen oder moralischen Unter-