Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Domkandidatenstift — Doppelbesteuerung. 
desjenigen Gemeindebezirks betrachtet, in 
welchem die Behörde, der er angehört, ihren 
Sitz hat, und er hat demgemäß in jenem Be- 
zirke seinen Wohnsitz, auch wenn er tatsäch- 
lich in einem andern, z. B. benachbarten Ge- 
meindebezirte wohnt. Dieser Grundsatz ilt 
heute nicht mehr, da der 8 7 Abs. 1BGB.: 
„Wer sich an einem Orte ständig niederläßt, 
begründet an diesem Orte seinen Wohnsitz“ 
auch auf Beamte Anwendung findet. Vgl. 
aber 3PO. 8 15, wonach Deutsche, die das 
Recht der Exterritorialität genießen, sowie die 
im Auslande angestellten Beamten des Reichs 
oder eines Bundesstaates in Ansehung des 
Gerichtsstandes den Wohnsitz behalten, den 
sie in dem Heimatstaate hatten. S. auch Be- 
amte (Gemeindebesteuerung). 
Domkandidatenstift ist ein bei der Dom- 
kirche in Berlin bestehendes Konvikt für Kan- 
didaten der Theologie. Der Zweck ist: seel- 
sorgerische Tätigkeit der Mitglieder als Pasto- 
ralgehilfen, Einführung in die Wirksambeit 
der inneren Mission, Bildung eines Pastoral- 
seminars für wissenschaftliche und prakktische 
Theologie, Erlangung einer praktisch-kirch- 
lichen Anschauung durch Reisen (s. Statut vom 
22. Aov. 1853 in den Aktenstüchen des Ev. Ober- 
kirchenrats Heft 8 S. 102). 
Dombhkapitel (Domstifte). I. Katholische D. 
sind geistliche Korporationen, deren Mit- 
glieder zur Abwartung des feierlichen Gottes- 
dienstes in der Hauptkirche der Diözese bestimmt 
und dem Bischof in wichtigen Angelegenheiten 
des Bistums und der Diözese zur Seite gesetzt 
sind (AL. II., 11 § 1022). Die Einrichtungen 
bestimmen sich nach den unter Bistümer ge- 
nannten Bullen und den besonderen Satzungen 
(l. z. B. für Gnesen-Posen: Weiß, Corp. jur. 
eccl. p. 109, 112). Nur diejenigen sind als 
Mitglieder dieses Kollegs zu betrachten, welche 
bei dem Stift eine Pfründe oder ein Kanonikat 
besitzen (6 1023 a. a. O.). Nach der AOrder 
vom 28. Mai 1836 erhält jeder neueintretende 
Kapitular das Einkommen, worauf die Summe 
des erledigten ihm konferierten Kanonikats 
lautet, und wird dem Range nach unter den 
Mitgliedern gleicher Dotation der jüngste. 
och soll eine Ausnahme nicht ausgeschlossen 
lein (G#. 1886, 201). Die Bulle de salute 
amimarum bestimmt für die ein zelnen Kapitel 
(Cöln, Posen, Trier, Münster, Culm, Breslau) 
Eé vier Ehrenkanonikate, die aber keine Resi- 
denzpflicht haben (Art. 9, 14 u. 17). Außer 
den unter Bistümer genannten Kapiteln ist 
burch die Bulle de salute animarum ein RKol- 
egiatstift in Aachen begründet (Art. 40). Die 
binzelnen Würden sind die des Propstes, dem 
die Direktion zusteht und — mit Ausnahme 
An Gnesen ((e. Bulle de salute animarum 
Er. 10) — des Dehans, der die Leitung des 
die kodienstes und Chordienstes bat, eowwie 
a . 
bestimsm * e, deren Zahl durch die Bullen 
Die Besetzung der Propstei (quse Major 
Post Pontificalem s krs der in den 
bernaten Januar, März, Mai, Juli, Septem- 
son- und Rovember frei werdenden Kanonikate 
ach der Bulle de salute animarum Art. 21 
em Modus des Breslauer Kapitels statt- 
  
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finden, d. h. der Landesherr nominiert und 
der Papst erteilt auf Grund des bischöflichen 
Idoneitätszeugnisses die Verleihungsurkunde 
(Laspeyers Gesch. der kath. Kirchenverfassung 
in Preußen I S. 369). Die übrigen Kanoni- 
kate und das Dekanat verleiht der Bischof 
(Art. 21). Nach den Bullen impensa Romano- 
rum Cildesheim, Osnabrück), sowie Provida 
Ssolersque und Ad dominici gregis custodiam 
(oberrheinische Rirchenprovin)) alternieren Bi- 
schof und Kapitel bei Besetzung des Dekanats, 
der Kanonikate und Domvikariate, sie haben 
aber vor Besetzung der Stelle der Regierung 
vier Kandidaten vorzuschlagen, von denen die 
Suspecti oder minus grati gestrichen werden 
können (Herrmann, Das staatliche Veto bei 
den Bischofswahlen, 1869, S. 71 und Moy, 
Archiv f. kath. Kirchenrecht II S. 278; Mejer, 
Das Veto, 1866, S. 21; Hinschius, Kirchengesetze, 
1873, S. 159). Uber die Wahl des RKapitels- 
verwesers bei Erledigung des Bistums durch 
das Kapitel s. Bistümer (Verwaltung 
erledigter). 
III. Evangelische D. sind 1. das Domstift 
zu Brandenburg a. H. (Statuten vom 30. Nov. 
1820; v. Scholtz-Hermersdorff, Provinzialrecht 
der Kurmark Brandenburg II S. 364). 2. die 
beiden Domstifte in Naumburg und MAlerseburg 
und das Kollegiatstift Zeitz (Pinder, Pro- 
vinzialrecht der vormals sächsischen Landes- 
teile 1 S. 306, II S. 374). Die Besetzung der 
vorhandenen Pfründen erfolgt durch den Lan- 
desherrn (ALR. L, 11 § 1220). 
Domtkirche (Kathedrale) ist die bischöfliche 
Kirche, sie wird von dem Bischof und Kapitel 
unterhalten, auch von dem Domkaxpitel, nicht 
von einem besonderen Kirchenvorstand da ver- 
waltet, wo mit der Kathedrale eine Pfarrei 
verbunden ist (§ 56 des G. vom 20. Juni 1875 
— GS. 241 über die Vermögensverwaltung 
in den katholischen Kirchengemeinden). An 
den D. ist in diesem Falle den Altkatholiken 
auf Grund des G. vom 4. Juli 1875 (GS. 
333) kein Mitgebrauch einzuräumen (Bericht 
der Kommission des Herrenhauses zu dem Ge- 
setz S. 9). 
Domstifte s. Domkapitel. 
Doppelbesteuerung. I. D. ist im weitesten 
Sinne jede mehrfache Besteuerung derselben 
Steuerquelle durch eine oder mehrere Steuer- 
gewalten gleicher oder verschiedener Ordnung, 
also beispielsweise auch die Belastung des 
Grundbesitzes und Gewerbebetriebes durch 
Real-= und Einkommensteuer, die Besteuerung 
des Einkommens durch Staat und Gemeinde. 
In diesem weiten Sinne kann aber die D. 
nicht Gegenstand einer auf ihre grundsätzliche 
Ausschließung gerichteten Gesetzgebung sein. 
Denn die Belastung mit mehreren verschieden- 
artigen Steuern derselben Steuergewalt kann 
gerade ein Gebot richtiger Steuerpolitik sein, 
wie z. B. die Belastung des Grundbesitzes und 
Grundbetriebes mit Real= und Einkommen- 
steuer durch die Gemeinde sich durch die For- 
derung einer Kombination der Besteuerung 
nach dem Interesse mit derjenigen nach der 
Leistungsfähigkeit rechtfertigt. Die Besteuerung 
derselben Steuerquelle durch mehrere Steuer- 
gewalten gleichen Ranges aber ist eine not- 
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