Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Dreiklassenwahlsystem. 
betrieb in einer anderen Gemeinde entrichtet 
werden, sowie Steuern für die im Umher- 
ziehen betriebenen Gewerbe sind bei Bildung 
der Abteilungen nicht anzurechnen. Wo direkte 
Gemeindesteuern nicht erhoben werden, tritt 
an deren Stelle die vom Staate veranlagte 
Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer. Per- 
sonen, die vom Staate zu einer Steuer nicht 
veranlagt sind, wählen stets in der dritten 
Abteilung. Verringert sich infolgedessen die 
auf die erste und zweite Abteilung entfallende 
Gesamtsteuersumme, so findet die Bildung 
dieser Abteilungen in der Art statt, daß von 
der verbleibenden Summe auf die erste und 
zweite Abteilung je die Hälfte entfällt. Aach 
den Gemeindeverfassungsgesetzen (vgl. StO. 
f. d. ö. Pr. § 13, für Westfalen § 13, für die 
Aheinprovinz § 12, StO. für Hessen-Aassau 
§ 15, LE#O. f. d. ö. Pr. und für Schleswig- 
Holstein § 50, für Westfalen § 27, für die 
Rheinprovinz § 50, für Hessen-Aassau § 21) 
kann kein Wähler zwei Abteilungen zugleich 
angehören, vielmehr gehört zur ersten bzw. 
zweiten Wählerabteilung auch derjenige, dessen 
Steuerbetrag nur teilweise in das erste bzw. 
zweite Drittel der Gesamtsumme fällt. Wird 
bei der Bildung der ersten Wählerabteilung 
hierdurch das erste Drittel der Gesamtsteuer- 
summe überschritten, so wird bei der Bildung 
der beiden unteren Wählerabteilungen nur 
derjenige Teil der Gesamtsteuern zugrunde 
gelegt. welcher nicht von den in der ersten 
bteilung Wahlberechtigten aufgebracht wird, 
dergestalt, daß die Wahlberechtigten, welche 
die erste Hälfte dieses Restes der Gesamt- 
steuern aufbringen, die zweite, und die übrigen 
Wahlberechtigten die dritte Abteilung bilden. 
Unter mehreren Wahlberechtigten mit gleichen 
Steuerbeträgen kommen bei Zweifeln darüber, 
wer von ihnen der höheren Abteilung zuzu- 
weisen ist, die Bestimmungen der Gemeinde- 
verfassungsgesetze zur Anwendung. Hiernach 
entscheidet die alphabetische Ordnung der 
Aamen und bei gleichen Namen das Los 
nach § 13 StO. f. d. ö. Pr., § 13 StO. für 
Westfalen, § 12 St0O. für die Rbheinprovinz, 
§ 15 StO. für Hessen-Massau und § 21 Lö. 
für Hessen-Maffau; dagegen das Lebensalter 
kun bei gleichem Alter das Los nach § 50 
GO. f. d. ö. Pr. und für Schleswig-Holstein 
znd 527 LEO. für Westfalen, lediglich das 
"'s nach § 50 GemO. für die Rheinprovinz. 
Sind Wahlberechtigte, die vom Staate zu einer 
euer nicht veranlagt sind, in die erste oder 
zweite Abteilung gelangt, so findet ihre Rück— 
brviezung in die dritte Abteilung und eine 
derwette Abgrenzung der ersten beiden 
selungen statt. Die Vorschrift dee § 50 
Abt 9. für die Abheinprovinz, wonach jede 
bestehlung aus mindestens so viel Wählern 
net ehen muß, als von ihr Gemeindeverord- 
in 5 gewählt werden sollen, steht nicht mehr 
der batt. In den Stadt= und Landgemeinden 
Desseeirov. Hessen-Rassau bleiben bei der 
ihnenr ung der Wahlberechtigten und der von 
Pers zu entrichtenden Steuern die juristischen 
gesellschn- Aktiengesellschaften, Kommandit- 
eingetr aften auf ktien, Berggewerkschaften, 
agenen Genossenschaften, Gesellschaften 
  
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mit beschränkter Haftung und der Staatsfis- 
kus zunächst außer Ansatz. Erst nachdem die 
Bildung der Abteilungen erfolgt ist, sind die 
juristischen Personen usw., sofern ihnen das 
Gemeindestimmrecht nach § 10 StO. oder § 16 
der GemO. vom 4. Aug. 1897 zusteht, derjenigen 
Abteilung zuzuteilen, der sie nach der Höhe der 
ihnen anzurechnenden Steuerbeträge angehören. 
Auch im übrigen entscheidet sich die Frage, wer 
wahlberechtigt und daher in die Abteilungslisten 
aufzunehmen ist, nach den Gemeindeverfassungs- 
gesetzen (s. Gemeindestimmrecht und Ge- 
meindewahlrecht lin Landgemeinden)). 
b) Besondere Vorschriften bestehen für 
die Gemeinden, die nach der letzten 
Volkszählung mehr als 10000 Einw. 
zählen. Hier wird nach § 2 des G. vom 
30. Juni 1900 die erörterte Drittelung der- 
art verändert, daß jeder Wähler, dessen 
Steuerbetrag den Durchschnitt der auf den 
einzelnen ähler treffenden Steuerbeträge 
übersteigt, stets der ersten oder zweiten Ab- 
teilung zugewiesen wird, und zwar auch 
dann, wenn er vom Staate zu einer Steuer 
nicht veranlagt ist. Im übrigen wählen auch 
hier Personen, welche vom Staate zu einer 
Steuer nicht veranlagt sind, stets in der dritten 
Abteilung. Bei Berechnung des durchschnitt- 
lichen Steuerbetrages sind die Wähler, welche 
zur Staatseinkommensteuer nicht veranlagt 
sind, und wo das Wahlrecht an einen Ein- 
kommensteuersatz von 6 M. geknüpft ist, auch 
die zu diesem Satze veranlagten Wähler, so- 
wie die Steuer, mit der sie in die Wählerliste 
eingetragen sind, außer Betracht zu lassen. 
Erhöht oder verringert sich infolgedessen die 
auf die erste oder zweite Abteilung entfallende 
Gesamtsteuersumme, so findet die Bildung 
dieser beiden Abteilungen in der Art statt, 
daß von jener Summe auf die erste und zweite 
Abteilung je die Hälfte fällt. Eine höhere 
Abteilung darf jedoch niemals mehr Wähler 
zählen als eine niedere. 
e) In den Gemeinden mit mehr als 
10 000 Einw. hönnen durch Ortsstatut noch 
andere Abweichungen von der regelmäßigen 
Bildung der Abteilungen eingeführt werden. 
Es kann nämlich (gemäß G. vom 30. Juni 
1900 §§ 3—5) bestimmt werden, daß hierbei 
an Stelle des auf einen Wähler entfallenden 
durchschnittlichen Steuerbetrages ein den Durch- 
schnitt bis zu seiner Hälfte übersteigender Be- 
trag tritt, sowie daß auf die erste Abteilung 
5/12, auf die zweite 4/12 und auf die dritte 3/12 
der Gesamtsumme der oben bezeichneten 
Steuern fallen, eine höhere Abteilung aber 
nicht mehr Wähler zählen darf als eine 
niedere. Zur Belchlußfaflung. über die Ein- 
führung, Abänderung oder Aufhebung eines 
solchen Ortsstatuts ist eine Mehrheit von zwei 
Drittel der abstimmenden Gemeindevertreter 
erforderlich. Dieser Mehrheit bedarf es in 
Städten mit Magistratsverfassung aber nur 
für die Beschlußfassung der Stadtverordneten- 
versammlung, nicht auch für die des Magistrats, 
während in Städten mit Bürgermeistereiver- 
fassung als abstimmende Gemeindevertreter 
die gesamten stimmberechtigten Mitglieder der 
Stadtverordnetenversammlung, einschließlich
	        
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