Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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zung), widrigenfalls er nicht zustande kommen 
kann oder, wenn doch äußerlich geschlossen, 
nichtig oder anfechtbar ist, und er kann unter 
gewissen Umständen wieder aufgehoben werden 
(Ehescheidung). 
II. Außer zwischen Rirchlicher E. und Zivil- 
ehe (s. Zivilehe) unterscheidet man noch die 
Gewissensehe, die bloß durch gegenseitige Er- 
klärung der sie Schließenden ohne Beobachtung 
der für die Eheschließung vorgeschriebenen 
kirchlichen oder bürgerlichen Formen begründet 
wird und nur als Konkubinat zu beurteilen 
ist, und die E. zur linken Hand (morganatische 
E.)), bei der nicht, wie bei der eigentlichen E., 
die Frau den Rang und Stand des Mannes 
teilt und die Kinder nicht die vollen Rechte 
ehelicher Kinder haben; letztere Unterscheidung 
hängt mit den Begriffen der Ebenbürtigkeit 
und den Verhältnissen der Lehen und Fidei- 
kommisse zusammen. 
III. Das BE. behandelt die E. in den 
88 1297—1588 unter acht Titeln: Verlöbnis, 
Eingehung der E., ?ichtigkeit und Anfechtbar- 
keit der E., Wiederverheiratung im Falle der 
Todeserklärung, Wirkungen der E. im all- 
gemeinen, Eheliches Güterrecht, Scheidung der 
E. und Kirchliche Verpflichtungen. 
Ehedispense s. Dispensationen bei Ehe- 
schließungen. 
Eheerfordernisse. I. Die große Michtigkeit 
der Ehe hat dazu geführt, daß für sie von 
jeher besonders viele Erfordernisse gegolten 
haben. Jetzt sind, abgesehen von dem Mangel 
von Ehehindernissen, positive Erfordernisse: ein 
vorhergegangenes Aufgebot (s. d.), eine be- 
stimmt geordnete Eheschließungshandlung 
vor dem Standesbeamten im Beisein von 
zwei Zeugen (s. Eheschließung) und die 
Eintragung in das Heiratsregister ((. 
Personenstandsregister). Zur Gültigkeit 
der Ehe sind sie jedoch nicht sämtlich notwen- 
dig, vielmehr sind das Aufgebot, die Gegen- 
wart der zwei Zeugen und ferner die Frage 
des Standesbeamten an die Verlobten, ob sie 
die Ehe miteinander eingehen wollen, und 
seine Erklärung, daß sie kraft des Gesetzes 
nunmehr rechtmäßig verbundene Eheleute seien, 
unwesentliche Erfordernisse. Wesentlich ist also 
nur, daß die Verlobten persönlich und bei 
gleichzeitiger Anwesenheit vor einem Standes- 
beamten ohne Bedingung und Befristung ihren 
Willen erklären, die Ehe einzugehen, und daß 
der Standesbeamte gewillt ist, diese Erklärung 
entgegenzunehmen. Auf seine Zuständigkeit 
kommt es für die Gültigkeit der Ehe nicht 
an; es genügt sogar die Abgabe der Er- 
klärung vor einer Person, welche das Amt 
eines Standesbeamten öffentlich ausübt, es 
sei denn, daß die Verlobten den Mangel der 
amtlichen Befugnis bei der Eheschließung 
kannten (BGB. 8 1319). 
II. Sind die wesentlichen Erfordernisse nicht 
erfüllt, so ist, wenn die Ehe im Heiratsregister 
nicht eingetragen ist, vollständige Aichtigkeit 
vorhanden in der Art, daß es Beiner Nichtig- 
keitsklage bedarf (§ 1329 Satz 2), die Aichtig- 
keit auch sofort gegen Dritte wirkt (& 1344) 
und die Eheschließung Bein Hindernis für eine 
künftige Ehe bildet. Ist dagegen die Ehe in 
  
Ehedispense — Ehefrauen. 
das Heiratsregister eingetragen worden, so ist 
eine gerichtliche Aichtigkeitserklärung not- 
wendig, bis zu welcher eine Berufung auf die 
Liichtigkeit unzulässig ist und die Wirkungen 
einer gültigen Ehe bestehen (88 1329, 1344 
Abs. 1); diese Wirkungen werden dann aber 
durch die spätere Nichtigkeitserklärung mit 
rüchwirkender Kraft aufgehoben. Wenn die 
Ehegatten nach der Eheschließung eine gewisse 
Zeit (zehn Jahre, unter Umständen drei Jahre) 
hindurch, ohne daß die Nichtigkeitsklage er- 
hoben wird, zusammenleben, so wird jedoch 
die -ichtigkeit geheilt (§ 1324 Abs. 2). Wegen 
der Pflicht des Standesbeamten, die E. zu 
prüfen, s. Eheschließung. 
Ehefrauen. I. In staatsrechtlicher 
Beziehung war das StAng. von dem Grund- 
satz ausgegangen, daß die E. die Staatsan- 
gehörigkeit des Mannes teilt (§8 5, 13 ANr. 5, 
11, 19, 21 Abs. 2). Dieser Grundsatz wird in 
Art. 41 EcBGB. durchbrochen, indem nach 
demselben die E. sowohl von der Verleihung 
der Staatsangehörigkeit an den Mann (§ 11), 
wie von der Entlassung des Mannes aus 
derselben (§ 19) ausgeschlossen werden kann, 
auch der Verlust der Staatsangehörigkeit durch 
ununterbrochenen zehnjährigen Aufenthalt des 
Mannes im Auslande die E. nur dann trifft, 
wenn sich dieselbe bei dem Mlannne befindet 
(21 Abs. 2 vgl. auch Art. 14 Abs. 2 a. a. O.). 
Damit ist zugleich die Möglichkeit gegeben, 
daß die E. ihre Staatsangehörigkeit allein 
wechselt. Sie verliert die letztere, wenn sie, 
ohne den Aufenthalt des Mannes zu teilen, 
sich zehn Jahre hindurch ununterbrochen im 
Auslande aufhält, und sie kann in den 
Staatsverband auch allein ausgenommen oder 
wieder ausgenommen werden, falls sie die 
Bedingungen des § 8 St Ang. erfüllt. Die 
in Ziff. 1 daselbst vorgesehene Dispositions= 
fähigkeit richtet sich bei einer früheren Deut- 
schen, welche keine andere Staatsangehörigkeit 
erworben hat, gemäß Art. 29 EGBGB. nach 
deutschem Rechte. 
II. Uber die Rechte und Pflichten der E. 
hinsichtlich der Unterhaltsgewährung l. 
Unterhaltungspflicht, über den Unter- 
stützungswohnsitz der E. s. d. III, über ihr 
Gemeindewahlrecht s. Gemeindestimm- 
recht und Gemeindewahlrecht (in Land- 
gemeinden). « 
III. In gewerblicher Beziehung ist die 
E., die nach deutschem Rechte zu beurteilen ist. 
abgesehen von den aus den Bestimmungen 
des Güterechts sich ergebenden Wirkungen, 
zum selbständigen Betrieb eines Gewerbes be- 
rechtigt, da nach GewO. § 11 das Geschlecht 
in Beziehung auf die Befugnis zur Ausübung 
des Gewerbebetriebs keinen Unterschied macht- 
Für das eheliche Güterrecht sind die Bestim- 
mungen des BB. maßgebend, jedoch finden 
auf bestehende Ehen die bisherigen Landes- 
gesetze weiter Anwendung (Er#B#e##. Art. 200. 
Nach BGB. 8§ 1405, 1452, 1519, 1549 gilt 
für den gesetzlichen Güterstand der Verwaltung 
und Autznießung, für die allgemeine Güter; 
gemeinschaft, für die Errungenschaftsgemein- 
schaft und die Fahrnisgemeinschaft der Grund- 
satz, daß die Zustimmung des Mannes zu
	        
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