Ehescheidung.
I. Die Scheidungsgründe des BGB.
sind entweder solche, welche für sich allein und
unter allen Umständen berechtigen, die Schei-
dung zu verlangen (absolute), oder solche, bei
welchen das richterliche Ermessen nach der Ge-
samtheit der Umstände unter Berüchsichtigung
des Standes, der Bildung, der Anschauungen
und Lebensgewohnheiten der Ehegatten ent-
scheidet (relative). Die ersteren sind Ehebruch,
Bigamie und widernatürliche Unzucht, sofern
nicht der andere Ehegatte zugestimmt oder sich
der Teilnahme schuldig gemacht hat (68 1565),
Trachten nach dem Leben des andern Ehe-
gatten (§ 1566) und bösliche Verlassung in
dem in 8§ 1567 näher umschriebenen Sinne.
Die relativen Scheidungsgründe sind nur dahin
bestimmt, daß der andere Ehegatte durch schwere
Verletzung der durch die Ehe begründeten
Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches
Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehe-
lichen Verhältnisses verschuldet hat, daß dem
Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zu-
gemutet werden kann. Als schwere Verletzung
der Pflichten gilt auch grobe Mißhandlung
E 1568) und hönnen sich namentlich noch
wiederholte schwere Ehrverletzungen, Versagung
der ehelichen Pflicht, Verweigerung des Unter-
halts, liederlicher Lebenswandel u. dgl. dar-
stellen. Hierzu kommt noch als ein von den
bisher genannten Scheidungsgründen darin,
daß nicht ein Verschulden vorausgesetzt ist, ab-
weichender Scheidungsgrund, die Gelskeskrang-
heit — nicht auch bloße Geistesschwäche —,
wenn sie während der Ehe mindestens drei
ahre gedauert und einen solchen Grad er-
re cht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen
en Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht
auf Wiederherstellung dieser Gemeinschaft aus-
geschlossen ist (6 1569). Bei den anderen
cheidungsgründen erlischt das Recht auf
ansheldung durch Verzeihung und durch Nicht-
vonen ung der Klage binnen sechs Monaten
* enntnis an oder binnen zehn Jahren
udn Eintritte des Scheidungsgrundes
Ve 1, 1572). Bei ihnen sind in dem Ur-
gatte entweder der Beklagte oder beide Ehe-
von n ür schuldig zu erklären (6 1574), was
ner edeutung ist für den zu gewährenden
und balt, den Widerruf von Schenkungen
Scheid e Sorge für die Kinder. Bei der
gegen #us wegen Geisteskrankheit wird da-
trcten vemand für schuldig erklärt, teilweise
ein wisar bei dem Kläger dieselben Folgen
Teile Je sonst bei dem für schuldig erklärten
haltspflicmentlich hat der Kläger die Unter-
Klärthl &tê wie ein allein für schuldig er-
nach de cbegatte 1583). Die Frau behält
namen Fn cheidung regelmäßig den Familien=
auchen (# d.) des Mannes. Sie kann indessen
andererfen früheren Aamen wieder annehmen,
mrerse ts der Mann ihr die Führung seines
dige Teil#untersagen. wenn sie der allein schul-
eine #k st. Die Untersagung erfolgt durch
gebende Ventlich beglaubigter Form abzu-
tandeet rklärung gegenüber dem preuß.
war, andecmten, vor dem die Ehe geschlossen
in dessen Enfalls gegenüber dem Amtsgericht,
sitz oder Sezitke der Erklärende seinen Wohn-
nen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
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Mit dem Verluste des Namens des Mannes
erhält die Frau ihren Familiennamen wieder
(BöB. § 1577; A#. z. BGB. vom 20. Sept.
1899 — GS. 177 — Art. 68 8 1). Eine Schei-
dung auf Grund gegenseitiger Einwilligung
kennt das BE. selbst bei kinderlosen Ehen
nicht. Ebenso ist ein landesherrliches Schei-
dungsrecht ausgeschlossen.
III. Entgegenkommend der Lehre der kath.
Kirche läßt das BEGB. außer der Scheidung
noch eine der Trennung von Tisch und
Bett entsprechende Aufhebung der ehelichen
Gemeinschaft zu, ebenfalls nur durch Urteil,
in welchem auch über die Schuldfrage gerade
so wie bei einer Scheidungsklage zu erkennen
ist. Sie setzt voraus, daß beide Ehegatten sie
wollen. Der zu einer Scheidung Berechtigte
kann statt auf Scheidung auf Aufhebung der
ehelichen Gemeinschaft klagen, doch hann der
beklagte Ehegatte seinerseits die Scheidung
beantragen. Tut er das nicht, so wird auf
Aupfhebung der ehelichen Gemeinschaft erkannt.
Diese hat im allgemeinen die gleichen Wir-
kungen wie die Scheidung; jedoch ist die Ein-
gehung einer neuen Ehe ausgeschlossen, und
die Ehegatten kBönnen jederzeit die eheliche
Gemeinschaft ohne neue Eheschließung wieder-
herstellen. Solange dies nicht geschehen ist,
kann jeder Ehegatte auf Grund des Urteils
noch nachträglich die vollständige Scheidung
verlangen (88 1575, 1576, 1586, 1587).
IV. Das Verfahren im Ehescheidungs-
prozesse weist wie das in den anderen Ehe-
sachen (s. Ehel) eine Reihe Abweichungen von
den allgemeinen Bestimmungen auf, die durch
die Absicht, mit Rüchsicht auf das öffentliche
Wohl die Befugnis der Parteien zur Ver-
fügung über den BRechtsstreit zu beschränken,
ein unerlaubtes Einverständnis (Kollusionen)
zu verhüten, dem Eheprozesse fremde Streit-
fragen fern zu halten, einer Vervielfachung
der Eheprozesse zu begegnen und die Er-
mittlung des materiellen Rechts zu beför-
dern, veranlaßt sind. Hervorzuheben ist: Die
Ehesachen gehören zur sachlichen Zuständig-
keit der Landgerichte (ZPO. 8 606). Neben
dem Gericht ist auch die Staatsanwaltschaft
zur Wahrung des öffentlichen Interesses be-
rufen (§ 607). Die Rlage kann der Regel
nach erst angestellt werden, nachdem ein Sühne-
versuch vor dem Amtsgerichte stattgefunden
hat und erfolglos geblieben ist (8§ 608—611).
Neben oder anstatt der ursprünglichen Klage-
ründe können andere geltend gemacht werden
l 614). Die Verbindung mit anderen Klagen
ist beschränkt (§ 615). Die Vorschrift über die
Wirkung eines Anerkenntnisses kommt nicht
zur Anwendung (§ 617 Abf. 1), teilweise sind
auch die Bestimmungen über die Wirkung
eines gerichtlichen Geständnisses, die Folgen der
unterbliebenen oder verweigerten Erklärung
über Tatsachen oder über die Echtheit einer
Urkunde, über die Eideszuschiebung, die Er-
lassung eines Eides, den Verzicht auf die Be-
eidigung von Zeugen und Sachverständigen
u. dgl. m. nicht anwendbar (§ 617 Absl. 2).
Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten
ist unzulässig (8 618). Um den Ebegatten FHeit
zur Aussöhnung zu geben, ist die Aussetzung