Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Einheitszeit (mitteleuropäische Zeit) ist die 
für das Deutsche Reich und die meisten übrigen 
europäischen Länder nach der mittleren Sonnen- 
zeit des 15. Längengrades östlich von Green- 
wich (G. vom 12. Alärz 1893 — MGl. 93) 
eingeführte Zeitbestimmung. Aus Anlaß der 
Einführung derselben soll keine Verkürzung 
der Unterrichtszeit in den Schulen stattfinden 
K#l. Bl. 1894, 597). 
inigungsamt s. Gewerbegerichte VI, 
Innungsschiedsgerichte, Raufmanns- 
gerichte. 
Einjährig-freiwilliger Dienst. Junge Leute 
von Bildung, welche sich während ihrer Dienst- 
zeit selbst bekleiden, ausrüsten und verpflegen, 
und welche die gewonnenen Kenntnisse in dem 
vorschriftsmäßigen Umfange dargelegt haben, 
werden schon nach einer einjährigen Dienstzeit 
(Wehrgesetz vom 9. Aov. 1867 § 11) im stehenden 
Heere zur Reserve beurlaubt. Die näheren 
Bestimmungen über das Institut der Einjährig- 
Freiwilligen sind in den §8 13 u. 14 RMil., 
Art. II § 14 des G. vom 6. Mai 1880, sowie 
den §§ 88—94 WdO. enthalten. Das im § 184 zit. 
vorbehaltene Gesetz ist bisher nicht ergangen. 
I. Die Berechtigung zum e. f. D. wird durch 
Erteilung eines Berechtigungsscheins an- 
erkannt, welcher in der Regel nicht vor voll- 
endetem 17. Lebensjahre und spätestens bis 
zum 1. Febr. des ersten Militärpflichtjahres 
(s. Wehrpflicht IV) unter Beifügung eines 
Geburtszeugnisses, einer obrigkeitlich zu be- 
scheinigenden Erklärung des gesetzlichen Ver- 
treters über die Verpflichtung und Fähigkeit 
zur Tragung der obenerwähnten Kosten und 
eines Unbescholtenheitszeugnisses bei der Prü- 
fungskommission für Einjährig-Freiwillige des- 
jenigen Regierungsbezirkes, in dem der Be- 
treffende seinen dauernden Aufenthalt hat (in 
Berlin bei der Prüfungskommission für Berlin) 
schriftlich nachzusuchen ist. Das Unbescholten- 
heitszeugnis ist für Zöglinge höherer Schulen 
von dem betreffenden Direktor, sonst von der 
Polizeiobrigkeit oder ihrer vorgesetzten Dienst- 
behörde auszustellen. Der Nachweis der wissen- 
schaftlichen Befähigung wird geführt a) durch 
das Reifezeugnis für die Universität oder der- 
selben gleichgestellte Lehranstalten und das 
Reifezeugnis für die erste Klasse (Prima) eines 
Gymnasiums oder einer ihm gleichstehenden 
Vollanstalt in allen Fällen; b) durch das 
Zeugnis über den erfolgreichen einjährigen 
Besuch der zweiten Klasse einer Vollanstalt 
oder der ersten Klasse einer siebenstufigen 
VLichtvollanstalt bzw. durch ein Zeugnis der 
Reife bei anderen Anstalten. Welche Anstalten 
hierbei im einzelnen in Frage Kommen und 
welche Bedingungen an sie zu stellen sind, um 
sie zur Erteilung der wissenschaftlichen Quali- 
fikation für den e. f. D. zu befähigen, wird 
von der BReichsschulkommission (s. d.) festgesetzt 
und fortlaufend im ZBBl. veröffentlicht (zuletzt 
Bek. vom 8. Sept. 1905 — 3Bl. 237). Zeug- 
nisse ausländischer Schulen kann der 2l 
in besonderen Fällen ausnahmsweise als 
gleichwertig mit inländischen erklären; c) durch 
erfolgreiche Ablegung der Prüfung vor der 
Prüfungskommission für Einjährig-Freiwillige 
(l. d.);ch bei jungen Seeleuten durch Ablegung 
  
Einheitszeit — Einkaufsgelder. 
der Steuermannsprüfung (s. Wehrgesetz § 13 
Ziff. 4). Bon dem Nachweis der wissenschaftlichen 
Befähigung hönnen junge Leute, welche sich in 
einem Zweige der Kunst und Wissenschaft oder 
in einer anderen dem Gemeinwesen zugute 
kommenden Tätigkeit besonders ausgezeichnet 
haben, sowie Rkunstverständige oder mechanische 
Arbeiter bei hervorragenden Leistungen und 
zu Kunstleistungen angestellte Mitglieder landes- 
herrlicher Bühnen entbunden werden. Die 
Entscheidung hierüber liegt der Ersatzbehörde 
dritter Instanz ob (s. Militärersatzwesen). 
Ausnahmsweise kann die Verpflichtungs- 
erklärung zur Ubernahme des Unterhalts usw. 
auch durch eine amtliche Bescheinigung ersetzt 
werden, daß der Betreffende sich in der Lage 
befindet, sich die erforderlichen Mittel selbst zu 
verdienen oder anderweit zu verschaffen (Erl. 
vom 30. April 1886 und 4. März 1888). 
II. Die zum e.-f. D. Berechtigten haben sich, 
sofern sie noch nicht in den Dienst eingetreten 
sind, beim Eintritt in das militärpflichtige 
Alter schriftlich oder mündlich bei der Ersatz- 
Rommission ihres Gestellungsortes unter Vor- 
legung des Berechtigungsscheins zu melden, 
worauf ihre Zurüchstellung bis zum 1. Ozkt. 
ihres vierten Militärpflichtjahres verfügt und 
auf dem Schein vermerkt wird. Eine weitere 
Zurüchstellung bis zum 1. Okt. des siebenten 
Militärpflichtjahres ist zulässig. Den Truppen- 
teil, in welchem sie dienen wollen, können sich 
die Einjährig-Freiwilligen wählen. Ausnahms- 
weise Kann ihnen durch das Generalkommando 
die Geld= und Brotverpflegung, eventuell auch 
Bekleidung, Ausrüstung und Quartier in An- 
rechnung auf den Etat des Truppenteils ge- 
währt werden. Vom Truppenteil zurückgewie- 
sene Einjährig-Freiwillige haben sich binnen 
vier Wochen beim Zivilvorsitzenden der Ersatz- 
kommission behufs Vorstellung vor der Ober- 
ersatzbommission zu melden. 
Die Berechtigung zum e.-f. D. geht dem- 
jenigen verloren, der sich nicht rechtzeitig zum 
Dienstantritt meldet oder nach Annahme sich 
nicht rechtzeitig zum Dienste stellt. Ferner bei 
Bestrafungen, welche bei aktivem Dienst die 
Versetzung in die zweite Klasse des Soldaten- 
standes (s. Soldatenstand) zur Folge gehabt 
haben würden. Auch Rann die Ersatzbehörde 
dritter Instanz, auch wenn heine Bestrafung 
stattgefunden hat, die Berechtigung denjenigen 
entziehen, welche die nötige moralische Quali- 
fikation zum freiwilligen Eintritt nicht mehr 
besitzen. 
IV. Aus den Einjährig-Freiwilligen rekru- 
tieren sich in der Hauptsache die Offiziere 
der Reserve und der Landwehr (Wehrgesetz 
11). . 
V. Wegen der besonderen Bestimmungen fü- 
die Einjährig-Freiwilligen der Marine s. 81 
Ziff. 4 des Pehrgesetzes. 
Einkaufsgelder. I. Für die Teilnahme an 
den Gemeindenutzungen (s. Gemeindeglie 
dervermögen), kann in Stadt= und Land- 
gemeinden die Entrichtung eines zu dem 
Werte der Autzungen in angemessenem Ver- 
hältnisse stehenden E. anstatt oder neben eine 
jährlichen Abgabe gefordert werden. E. u Z 
Abgabe sind Gegenleistungen für gemeinde
	        
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