Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Entschädigung bei Enteignungen. 
einzelnen Grundbesitzer verteilt waren, von 
diefen nach denselben Grundsätzen wie von 
ländlichen Grundbesitzern zurückzuerstatten, 
diejenigen aber, die von den Städten nicht 
verteilt waren, grundsätzlich ausnahmslos; 
war aber eine solche Entschädigung zu ge- 
meinnützigen, Reine entsprechende Verzinsung 
gewährenden Einrichtungen verwendet worden, 
so Kkonnte der FMl. die Rückerstattung ganz 
oder teilweise erlassen. Die Rücherstattung 
erfolgt nach Wahl des Pflichtigen in Kapital 
oder in einer 60 #esährigen Rente von 40% 
des zu erstattenden Kapitals (3½/2% Zinsen 
und 1½/2% Tilgungsquote). Die sämtlichen er- 
statteten Beträge werden zur Tilgung von 
Staatsschulden verwandt. Das Bückerstat- 
tungsverfahren war bis 1. April 1897 im 
wesentlichen abgeschlossen; zur Rüchzahlung 
festgestellt war etwa die Hälfte der gezahlten 
Gesamtsumme. In entsprechender Weise er- 
folgt in den hobenzolleruschen Landen 
auf Grund des Art. des G., betr. die Um- 
gestaltung der direkten Staatssteuern in den 
hohenzollernschen Landen, vom 2. Juli 1900 
(GS. 252) die Rüchzahlung der bei Einfüh- 
rung der Steuergesetze des Fürstentums Hohen- 
zollern-Sigmaringen im Fürstentum Hohen- 
zollern-Hechingen durch das G. vom 22. Febr. 
1867 in letzterem Fürstentum geleisteten Grund- 
steuerentschädigungen. 
II. Den Häuptern und Mitgliedern der Fa- 
milien vormals unmittelbarer deutscher 
Reichsstände und der ihnen gleichgestellten 
Familien war im Anschluß an Art. XIV Ziff. 2 
der Deutschen Bundesakte durch Akte der 
Landesgesetzgebung oder Verträge Personal- 
steuerfreiheit zugesichert ss. Reichsunmittel- 
bare 1). Soweit sie nicht später wieder rechts- 
gültig aufgehoben war, wurde sie durch § 4 Eink- 
St G. vom 24. Juni 1891 bis zu dem Zeitpunkt 
beibehalten, wo ihre Aufhebung gegen Entschä- 
digung durch besonderes Gesetz erfolgen würde. 
Dieses Gesetz erging unterm 18. Juli 1892 
(G 210). Danach erfolgt die Heranziehung 
zur Einkommensteuer vom 1. April 1893 ab. 
Hierfür wurde eine Kapitalentschädigung ge- 
währt. Als entschädigungsberechtigt sind an- 
erkannt die Fürsten zu Bentheim-Steinfurt, 
Salm-Salm, Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, 
Solms-Braunfels, Solms-Hohensolms-Lich, 
Wied, Stolberg-Stolberg, Stolberg-Roßla, 
Isenburg-Birstein, Isenburg-Büdingen in 
Wächtersbach und die Grafen zu Isenburg- 
Büdingen in Meerholz und Solms-Nödelheim 
für sich und die Mitglieder ihrer Familien, 
ferner der Fürst zu Stolberg-Wernigerode für 
sich und seine am 1. April 1893 in der Graf- 
schaft Wernigerode lebenden Mitglieder seiner 
Familie und endlich die Häupter und Mit- 
Kieder der Familien vormals unmittelbarer 
eichsstände, welche den Besitz des Steuer- 
privilegs im gerichtlichen Verfahren noch er- 
streiten sollten. Als Mitglieder der Familie 
gelten die männlichen und unverheirateten 
weiblichen ebenbürtigen Deszendenten vom 
Stifter der Familie sowie deren Frauen. Die 
Entschädigung betrug das 13½/6fache der für 
1893 auf die Berechtigten veranlagten Ein- 
kommensteuer, soweit diese Steuer nicht auf 
  
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bereits vor dem 1. April 1893 herangezogene 
Einkommensteile und auf Bezüge aus persön- 
lichen Dienstleistungen entfiel. Die Fest- 
setzung erfolgte durch den FM. vorbehalt- 
lich des Rechtswegs. Insgesamt sind gezahlt 
1645 646,14 M. 
III. Auf besonderem Bechtstitel beruhende 
Befreiungen von der Grundsteuer können die 
Gemeinden gegen den 20 fachen, solche von 
der Gewerbesteuer gegen den 13 ½ fachen 
Jahreswert nach dem Durchschnitt der letzten 
drei, der Ablösung vorangegangenen Jahre 
ablösen, sofern nicht ein anderer Entschä- 
digungsmaßstab feststeht (KA#G. §#§ 21, 22). 
Entschädigung bei Enteignungen. l. Der 
Eigentümer des für das Unternehmen abzu- 
tretenden Grund und Bodens hat Anspruch 
auf Entschädigung; er darf durch dieses in 
seinem Vermögensstande nicht ungünstiger ge- 
stellt werden (Enteignungsgesetz vom 11. Juni 
1874 88). Nachteile dürfen ihm weder durch dessen 
Ausführung noch dessen Betrieb erwachsen 
(Rö#3.# 13, 244; 44, 331); gleichwohl verhält 
sich das RG. im allgemeinen gegen die Aufrech- 
nung von Vorteilen und Nachteilen ablehnend. 
Es läßt solche nur dann zu, wenn es sich um 
besondere, nur für den Eigentümer des Rest- 
grundstüchs und nicht für alle benachbarten 
Grundstücke aus dem Unternehmen entstehen- 
den Vorteile und deren Anrechnung auf die 
A-ebenentschädigung handelt (Erl. vom 24. Juni 
1902 — Pr VWBl. 24, 91; RE Z. 53, 194; R. 
vom 20. Febr. 1903 — Pr BBl. 24, 539; RGZ. 
57, 242). Entscheidend für die Wertbemessung 
ist der Zeitpunkt der Entschädigungsfeststellung 
durch den Bez A. (Ro#.Z. 27, 263); Bauland 
RGZ. 53, 133. Werterhöhungen oder Wert- 
verminderungen, welche erst infolge des Unter- 
nehmens eintreten, bleiben außer Ansatz (§ 10 
Abs. 2). Aeubauten, Anpflanzungen, sonstige 
neue Anlagen und Verbesserungen werden bei 
Widerspruch des Unternehmers nicht vergütet, 
wenn sich aus der Art der Anlage, dem Zeit- 
punkte der Errichtung oder den sonst obwal- 
tenden Umständen ergibt, daß sie dolose vor- 
genommen sind, um eine höhere Entschädigung 
zu erzielen (§ 13). Die Wiederwegnahme auf 
eigene Kosten bleibt dem Eigentümer bis zur 
Einweisung des Unternehmers vorbehalten. 
Sind Grundstücke für ein Unternehmen in 
Aussicht genommen, so kann die Polizeibehörde 
bei Erteilung der Baugenehmigung auf den 
§ 13 ausdrücklich hinweisen, die Genehmigun 
aber nicht im Hinblick auf ihn versagen (OV. 
23, 368). 
II. Die Entschädigungspflicht liegt dem 
mit dem Enteignungsrechte ausgestatteten Unter- 
nehmer ob (§7; R. 9, 276; 44, 325). Die 
Entschädigung erfolgt in Geld (§7; RZ. 
41, 257; Pr BBl. 26, 640), soweit nicht parti- 
kulare Wege= und andere Sondergesetze (AL#. 
19.8271; I 15 8§ 20—22, 68 ff.) eine Ab- 
findung in Grund und Boden vorschreiben. 
Die Entschädigung wird vom Tage der Ent- 
eignung an mit 4 v. H. verzinst (6 36; 2. 
z. BGB. Art. 10). 
III. Bei der Bemessung der Entschä— 
digung ist auszugehen von dem „vollen 
Wert“ (Rö Z. 5, 248), den jeder Eigentümer
	        
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