Enschäd. f. aufgehobene usw. Gewerbeberechtigungen — Entschuld. d. ländl. Grundbesitzes. 445
Stellvertretern, so fällt die etwa zu gewäh-
rende Entschädigung der Staatskasse zur Last
6 7 Abs. 4). Die sächlichen Kosten, wozu
Portokosten, die Bezahlung einer etwaigen
Schreibhilfe usw. gehören, werden in allen
Fällen von den Gemeinden getragen (8 8).
Wegen der aus mehreren Gemeinden gebil-
deten Standesamtsbezirke vgl. § 9. Die Unter-
haltungskosten der Standesämter in selbstän-
digen Gutsbezirten sind von dem Guts-
besitzer zu tragen. Die Festsetzung der Ent-
schädigung im Falle des § 7 Abs. 2 erfolgt in
den Stadtgemeinden durch die Gemeindever-
tretung, für die Landgemeinden durch Be-
schluß des Kr A., in beiden Fällen mit der
Möglichkeit der Beschwerde innerhalb zwei
Wochen an den Bez., dessen Beschluß end-
ültig ist (6SG. § 154 Abs. 3 und wegen des
tadtkreises Berlin 3G. § 161 Abs. 1). Das
gleiche gilt für die sächlichen Kosten (OV#.
19, 414). Den Gemeinden, welche die sächlichen
Kosten der Standesämter zu tragen haben,
fließen zum teilweisen Ersatze die Gebühren und
Geldstrafen zu, welche in Gemäßheit des PSt.
zur Erhebung gelangen (§ 70 dieses G.). Die
Entschädigung gilt als pvensionsfähiges Dienst-
eintommen. Vgl. BVfP., betr. die Gewährung
einer Entschädigung für Wahrnehmung der
standesamtlichen Geschäfte, vom 18. Febr. 1894
(MVl. 35).
Entschädigungen für aufgehobene oder
abgelöste Gewerbeberechtigungen s. Ge-
werbeberechtigungen, Ablösung. Wegen
der Entschädiguug bei Untersagung des Wei-
mes gewerblicher nlagen
Entschädigungsrenten für Stolgebühren
s. Stolgebühren I.
Entscheidungen. Der allgemeine Ausdruch
„Entscheidungen“ erlangt dadurch, daß er be-
sonders für die von Amts wegen oder auf An-
trag erlassenen Anordnungen und Aussprüche
von Behörden und behördenähnlichen Ein-
richtungen gebraucht wird, technische Bedeu-
tung. Er bleibt aber auch hierbei ein sehr
weiter Begriff, indem er früher die Debrete,
Reskripte, Resolute, Sentenzen usw., jetzt die
Verfügungen, wie gewöhnlich die E. von Ein-
zelbeamten, die Beschlüsse, wie in der Regel die
E. von Kollegien genannt werden, die Bescheide
(. d.), die Erlasse, wie meist die E. von Zentralbe-
örden bezeichnet zu werden pflegen, die Sprüche
z. B. Schiedssprüche, s. Schiedsrichter), die Er-
kenntnisse und die Urteile (s. diese Artikel) um-
faßt. Vielfach wird der Ausdruck indessen enger
verstanden, nämlich bloß als E. einer Streitig-
keit. An sich bedürfen die E. beiner beson-
deren Form. Meist erfordern sie aber wenig-
stens die Schriftlichkeit, doch gibt es auch z. B.
mündliche polizeiliche E., die gleich den schrift-
lichen mit den Rechtsmitteln nach §8§ 127 ff.
LW. anfechtbar sind. Ebenso gehört nicht
notwendig zum Begriff der E. die Beifügung
von Gründen. Meist sollen und teilweise müssen
den E. aber Entscheidungsgründe beigegeben
werden; angemessen sind solche jedenfalls stets,
Wenn die E. mit Rechtsmitteln anfechtbar ist.
nn Scheidung läßt sich machen, jse nachdem
es sich um E. handelt, die bei der entscheiden-
den Stelle die Angelegenheit erledigen, oder
die nur die spätere Erledigung vorbereiten,
sog. leitende E. Soweit die E. auf einen An-
trag ergehen, sind sie entweder ganz oder teil-
weise stattgebende oder ablehnende. Sie sind
ferner widerruflich oder unwiderruflich, je
nachdem sie von dem, der sie erlassen hat,
nachträglich noch wieder abgeändert werden
dürfen oder nicht. Zu den letzteren gehören
die Urteile, zu den ersteren meist die anderen
E., doch find von diesen z. B. diesjenigen,
welche mit der sog. sofortigen Beschwerde an-
fechtbar sind, von wenigen Fällen abgesehen.
leich den Urteilen unwiderruflich (3PO. 8 577
bs. 3). Kein durchgreifender Unterschied ist
danach zu machen, ob eine vorhergegangene
mündliche Verhandlung und eine Verkün-
digung in einer solchen notwendig sind oder
nicht. Denn außer den Urteilen erfordern zum
Teil auch andere E. beides, so meist die Beweis-
beschlüsse; zum Teil können sie wenigstens
nach mündlicher Verhandlung ergehen, und
nur einige von ihnen sind derart, daß auch
letzteres nicht möglich ist, wie regelmäßig bei
den Terminsbestimmungen, ferner den E., die
der Vorsitzende eines Gerichts oder dessen Ge-
richtsschreiber und ein beauftragter oder er-
suchter Richter erlassen (z. B. ZPO. S8 58, 700).
S. Mitteilung von Entscheidungen.
Entschuldung des ländlichen Grundbe-
sitzes. Hierunter werden die Bestrebungen
zusammengefaßt, welche durch Maßregeln
auf dem Gebiete des Kreditrechtes der
zunehmenden und vielfach bedrohlichen Ver-
schuldung des ländlichen Grundbesitzes zu
steuern beabsichtigen. Der Ausgangspunkt ist
die Tatsache, daß die Erhaltung eines leistungs-
fähigen Grundbesitzes das allgemeine Staats-
interesse auf das wichtigste berührt. Diese von
der Staatsregierung wohlwollend behandelten
Bestrebungen haben zur Einbringung der unten
erwähnten Gesetzesvorlage an den Landtag
geführt, die aber im Mai 1906 noch nicht
erledigt war. Ziel und Zweck jener Be-
strebungen ergeben sich nicht bloß aus zahl-
reichen Verhandlungen der landwirtschaftlichen
Vertretungskörperschaften, sondern auch aus
der im Beichs= und Staatsanzeiger Nr. 151
vom 30. Juni 1902 veröffentlichten Denk-
schrift des Landwirtschaftsministers
vom 30. Mai 1902. Diese Denkschrift ist mit
der gleichfalls veröffentlichten Verfügung den
Oberpräsidenten mitgeteilt, um mit den öffent-
lichen Grundkreditanstalten darüber zu ver-
handeln, ob sie eine Schuldentlastung der in
der Denkschrift erörterten Art für durchführ-
bar und im öffentlichen Interesse für wün-
schenswert erachteten und ob und in welcher
Weise sie sich dabei beteiligen wollten. Die
in der Denkschrift erörterten Maßnahmen sind
doppelter Art, hängen aber in sich zusammen.
1. Es handelt sich zunächst um eine Mil-
derung der vorhandenen Schuldenlast,
die als Notstandsmaßnahme für einen vor-
übergehenden Zeitraum, etwa zehn Jahre, in
der Weise gedacht ist, daß die hinter den
Pfandbriefsdarlehnen eingetragenen hündbaren
und regelmäßig hoch verzinslichen sog. Aach-
hypotheken in unkündbare, tunlichst rasch zu