Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Erbschaftssteuer. 
nehmer oder Bediensteten des Erblassers sowie 
der Angehörigen derselben bezwecken; 0 inso- 
weit noch außerdem nach den bestehenden Be- 
stimmungen subjektive Befreiungen vom Erb- 
schaftsstempel bzw. von der Erbschaftsabgabe 
bestehen, welche nach den Landesgesetzen nur 
gegen Entschädigung aufgehoben werden kön- 
nen oder auf besonderem landesherrlich ver- 
liehenen Privilegium beruhen, finden dieselben 
gleichmäßig auch auf die fernerhin zu ent- 
richtende E. Anwendung. In den Fällen zu 
f, g und h erstreckt sich die Befreiung nur auf 
inländische Anstalten, Stiftungen, Vereine usw., 
kann jedoch vom FMl. auch ausländischen ge- 
währt werden, wenn der auswärtige Staat 
Preußen gegenüber die gleiche Rüchsicht übt. 
e) Festsetzung und Erhebung der 
Steuer. Die E. wird fällig mit dem An- 
fall der Erbschaft an den Berechtigten, also in 
der Regel mit dem Tode des Erblassers oder 
der Rechtskraft des Ausschlußurteils auf 
Todeserklärung. Eine Ausnahme tritt ein 
bei aufschiebend bedingtem Erwerb und bei 
dem Erwerb von Vermögen, dessen Autzung 
einem Dritten zusteht. Im erstern Fall wird 
der Eintritt der Bedingung abgewartet, im 
letztern kann die Aussetzung der Versteuerung 
der Substanz bis zur Vereinigung der Autzung 
mit der Substanz beantragt werden. In bei- 
den Fällen ist die Steuer auf Verlangen der 
Steuerbehörde sicherzustellen (§§ 22—24, 27). 
Uber die Art der Sicherstellung s. den Artikel 
Stundung (reditierung) der indirekten 
Steuern. Bei der fideikommissarischen Sub- 
stitution unterscheidet das G. in § 27 Abs. 2 
zwischen dem gewöhnlichen Fideikommiß und 
dem Fideikommiß auf den Uberrest und be- 
handelt bei ersterem den Fiduziar als Vieß— 
braucher und den Fideikommissar als Sub- 
stanzerben des herauszugebenden Vermögens, 
während bei letzterem sowohl der Fiduziar von 
dem vollen Betrage des Anfalls, als der 
Fideikommissar von dem vollen Betrage des 
an ihn herausgegebenen Vermögens die E. Eu 
entrichten haben. Die E. wird für jeden Er- 
werber eines Erbanfalles besonders festgesetzt. 
Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen 
Testament nach ihrem beiderseitigen Tode die 
egenseitigen Verwandten bedacht, so wird im 
weifel angenommen, daß die Nacherben für 
den gesamten Nachlaß als Erben des zuletzt 
versterbenden Ehegatten eingesetzt sind 
(BE. § 2269). Nach 8 28 Erbt. sollte im 
Zweifel angenommen werden, daß der Anfall 
von dem dem Steuerpflichtigen am nächsten 
verwandten Ehegatten herrühre, soweit der 
Aachlaß desselben reiche. Diese Bestimmung 
ist indes durch § 2269 BoEB. in Fortfall ge- 
kommen (ogl. RG Z. vom 14. Okt. 1904 — Ro#. 
59, 80; Abg. Bl. 1905, 18). Die Verwaltung 
des Erbschaftssteuerwesens wird unter 
der Leitung des FM. von den Provinzialsteuer- 
behörden durch die Erbschaftssteuerämter ge- 
führt G 21). S. Steuerbehörden. Jeder, 
dem ein steuerpflichtiger Erbanfall zukommt, 
ihe sein gesetzlicher Vertreter, ist verpflichtet, 
drei Monaten, nachdem er von dem Anrfall 
Renntnis erhalten hat, schriftlich anzumelden. 
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Innerhalb einer weiteren zweimonatlichen 
Frist ist ein vollständiges Nachlaßverzeichnis 
und eine schriftliche Deklaration der die Fest- 
setzung der E. bedingenden Verhältnisse ein- 
zureichen (§ 35). Die Anmeldungs= und De- 
klarationsfrist betragen je sechs Monate, wenn 
der Verpflichtete sich außerhalb Europas be- 
findet (§ 32). Zwechs Kontrolle der Er- 
hebung der E. haben die Standesämter 
den Erbschaftssteuerämtern periodisch Auszüge 
aus dem Sterberegister zu übersenden, und 
die Amtsgerichte sind verpflichtet, denselben 
beglaubigte Abschriften der von ihnen eröff- 
neten letztwilligen Berfügungen und erlassenen 
Ausschlußurteile auf Todeserklärung mitzu- 
teilen (§ 31). Das Erbschaftssteueramt prüft 
das Nachlaßverzeichnis und die Erbendekla- 
ration auf Richtigkeit und Vollständigkeit 
und veranlaßt eventuell die Ergänzung. Die 
zur Anmeldung und Deklaration Verpflich- 
teten sind zur Erteilung der weiter erforder- 
lichen Auskunft und Vorlegung der den An- 
fall betreffenden Urkunden sowie der Beweis- 
mittel für das Vorhandensein der Schulden, 
deren Abzug beansprucht wird, verbunden (6 38). 
Auch ist das Erbschaftssteueramt berechtigt, 
eine Versicherung an Eides Statt über die 
Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten 
Angaben zu erfordern (§ 39). Nachdem solcher- 
gestalt der Aachlaß und die Erben festgestellt 
sind, erteilt das Erbschaftssteueramt eine Fest- 
stellungsbescheinigung, in welcher der 
Betrag der steuerpflichtigen Masse, die ein- 
zelnen Anfälle, das Verwandtschaftsverhältnis 
und die Beträge der von den einzelnen Steuer- 
pflichtigen zu entrichtenden Steuer angegeben 
sind und zugleich die Anweisung zur Zahlung 
der E. innerhalb einer festgesetzten Frist an 
die dem Steuerpflichtigen zunächst gelegene 
1 
zuständigen Erbschaftssteueramt binnen 
  
  
Kasse der Lokalverwaltung der indirekten 
Steuern (Hauptzollämter, Hauptsteuerämter, 
ARebenzollämter und Steuerämter) enthalten 
ist (6 41). Mit den Erbschaftssteuerämtern 
selbst ist eine Kassenverwaltung nicht verbun- 
den. Die Feststellungsbescheinigung des Erb- 
schaftssteueramts bildet einen vollstrechbaren 
Schuldtitel, auf Grund dessen, falls die Zah- 
lung nicht fristgemäß erfolgt, die festgesetzte 
Steuer ohne weiteres im Wege des Verwal- 
tungszwangsverfahrens — s. den Artikel dar- 
über — beigetrieben werden kann. Einen 
besonderen Fall der Steuererhebung behandelt 
§ 40 des G., nämlich die Aversionalver= 
steuerung. Der F#M. ist ermächtigt, auf An- 
trag ausnahmsweise von der Vorlage des 
Nachlaßverzeichnisses ganz oder zum Teil ab- 
zusehen und ein Aversionalguantum, das der 
Steuerpflichtige in Vorschlag zu bringen hat, 
für die E. anzunehmen, auch die Aversional- 
versteuerung solcher Anfälle, deren Versteue- 
rung sonst noch ausgesetzt bleiben müßte, zu 
gestatten. Durch die Annahme des Aversional-= 
quantums seitens der Steuerverwaltung ent- 
steht ein Vertragsverhältnis, ein Vergleich, 
dessen Wirkungen nach Zivilrecht zu beurteilen 
sind. Gegen die Verfügungen des Erbschafts- 
teueramts, insbesondere auch gegen die Fee 
stellungobescheinigung. ist die an eine Frist 
nicht gebundene Beschwerde im Verwaltungs-
	        
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