Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit.
bilden ohne Rücksicht darauf, welcher Person
und in welcher Verbindung mit Steuerkräften
anderer Art sie ihr zur Verfügung stehen, im
engeren Sinne nur diejenigen, deren Maßstab
der Ertrag oder die Ertragsfähigkeit der
Steuerkräfte bildet. Beispielsweise ist eine
Grundsteuer nach dem Reinertrage eine E. im
engern, eine Grundsteuer nach der Größe des
Grundstücks eine solche im weitern Sinne, eine
Gewerbesteuer nach dem Ertrage eine E. im
engern, eine solche nach äußeren Merkmalen
eine E. im weitern Sinne. Ein vollständiges
Ertragsteuersystem hat zu umfassen: 1. eine
Steuer von bebauten und unbebauten Grund-
stüchen; 2. eine Gewerbesteuer; 3. eine Kapi-
taliensteuer; 4. eine Steuer von dem Arbeits-
ertrage bzw. der Arbeitskraft. In Preußen
sind bzw. waren E.: 1. die Grundsteuer;
2. die Gebäudesteuer; 3. die Gewerbesteuer
mit ihren Unterarten: Steuer vom stehenden
Gewerbe, Steuer vom Hausiergewerbe, Eisen-
bahnabgabe, Bergwerksabgabe, Wanderlager-
steuer, Warenhaussteuer. Vom Staat erhoben
wird heute nur noch die Eisenbahnabgabe (ogl.
den Artikel Aufhebung direkter Staats-
steuern). Ein vollständiges Ertragsteuersystem
bestand früher in den hohenzollernschen Landen
¶. die Artikel über die einzelnen dortigen
Steuern: Grund-, Gebäude-, Gefäll-,
Gewerbe-, Kapitalien- und Dienst-
ertragsteuer).
Erwerb und Verlust der Staatsange-
hörigkeit. I. Einleitung. Bereits zur Zeit
des vormaligen Deutschen Reiches bestand
neben dem allen Deutschen zustehenden Reichs-
indigenat ein besonderes Indigenat der Lan-
desangehörigen in den einzelnen Territorien.
Der Erwerb und Verlust dieses Landesindige-
nats war jedoch durch geschriebenes BRecht
nicht geregelt. Bei der Gründung des vor-
maligen Deutschen Bundes wurden im Art. 18
der Bundesakte den Untertanen der Deutschen
Bundesstaaten zwar bestimmte, die Freizügig-
keit innerhalb des Bundesgebietes anbah-
nende BRechte zugesichert, in die Selbständig-
keit der Einzelstaaten in der Regelung des
Indigenatsrechtes wurde jedoch nicht einge-
griffen. Nach dem demgemäß in Preußen
geltenden gemeinen Rechte konnte das Indi-
genat durch Geburt allein und ohne Rüchsicht
auf die Staatsangehörigheit des Vaters nicht
erworben werden. Auch der Erwerb von
Grundeigentum begründete an sich nicht die
volle Untertanenschaft. In der Regel hatte
der Grundbesitz keine anderen Untertanen-
pflichten zur Folge, als diesenigen, welche
aus der Gewalt über das Grundstück ent-
springen — landsassiatus minus plenus. Wo
aber das volle Landsassiat — landsassiatus
blenus — bestand, hatte dies nur die Wir-
hkung, daß dadurch auch wegen persönlicher
Klagen der dingliche Gerichtsstand begründet
wurde (Rönne, Das Staatsrecht der preuß.
onarchie, 4. Aufl., Bd. 2. S. 566). Dagegen
wurde das Indigenat durch Abstammung von
einem Preußen, durch Verheiratung einer
Ausländerin mit einem preuß. Untertan und
endlich dadurch begründet, daß ein Ausländer
mit Zulassung der Verwaltungsbehörde einen
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung.
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beständigen Wohnsitz in Preußen aufschlug
(OTr. vom 11. Jan. 1853; Arch. für Rechtsw.
8, 177). Des Aachweises der Zustimmung der
Obrigkeit bedurfte es nicht, es wurde viel-
mehr auch ohne diese das Indigenat als er-
worben angesehen, wenn der Wohnsitz im In-
lande tatsächlich zehm Jahre hindurch fortgesetzt
war (vgl. A#R. II, 17 88 131, 132, 149, Gesetz-
ARevisor. Pensum XII zum A##. II, 17 S. 304;
OVG. 7, 375). Entsprechend der Erwerbung
der Untertanenschaft durch Wohnsitznahme im
Inlande wurde auch der Verlust durch die
Verlegung des Wohnsitzes in das Ausland
angenommen. Es wurde stets und unver-
rücht an dem Grundsatze festgehalten, daß
„jeder, der ausgewandert ist, d. i. der unter
gänzlicher Aufhebung seines Domizils und mit
der erkennbaren Absicht, nicht wieder zurück
zu kehren, das Land verlassen habe, schon
damit aufgehört hat, preuß. Untertan zu sein“
(OVE. 18, 399). Die gemeinrechtliche Doktrin
wendete hiernach auf den Erwerb und Ver-
lust der Untertanenschaft die für den Gerichts-
stand maßgebenden römisch-rechtlichen Grund-
sätze des Domizils an, so daß die Staatsan-
gehörigkeit wie das Domizil von dem Willen
und der Tat des einzelnen abhängig wurde.
Wenn dies auch zu einer Zeit unbedenlich
war, in welcher die Bewegungsfreiheit des
einzelnen durch mannigfache Schranken ein-
geengt war, so machten sich doch Unzuträg-
lichkeiten auf staatsrechtlichem Gebiete geltend,
als jene Schranken beseitigt wurden, und der
Grundsatz der Freizügigkeit mehr und mehr
zur Anerkennung gelangte. Infolgedessen ging
die Territorialgesetzgebung dazu über, den Be-
griff der Staatsangehörigkeit schärfer zu um-
grenzen und den Erwerb und Verlust dersel-
ben zu regeln. Dieses ist in Preußen durch
das G. über den Erwerb und den Verlust
der Eigenschaft als preuß. Untertan vom
31. Dez. 1842 (GS. 1843, 15) geschehen, dessen
Grundsätze demnächst in das StAngG. vom
1. Juni 1870 übergegangen sind. Die terri-
toriale Gesetzgebung hatte sich im übrigen
in den einzelnen Bundesstaaten verschieden,
und zwar im wesentlichen nach zwei Rich-
tungen hin entwickelt. Nach der staatsrecht-
lichen Anschauung der einen Gruppe deut-
scher Staaten wurde das Staatsbürgerrecht
wesentlich nur als ein Ausfluß und Zubehör
der Gemeindeangehörigkeit angesehen,
und folgerichtig wurden die Vorschriften über
dessen Erwerb und Verlust lediglich in die
Gemeinde= oder Heimatsgesetzgebung ver-
wiesen. Die Gesetzgebung der überwiegenden
Mehrzahl der Staaten des Norddeutschen
Bundes, insbesondere auch das obengenannte
Pro#. vom 31. Dez. 1842 hatte sich dagegen
den Gesichtspunkt zu eigen gemacht, daß
der Staat die Entscheidung über die Auf-
nahme in seinen Verband nicht einem unter-
geordneten Gebiete des Staatsorganismus,
der Einzelgemeinde, überlassen dürfe. Diese
Verschiedenheit der Gesetzgebung machte sich
um so nachteiliger geltend, als nach der Er-
richtung des Norddeutschen Bundes gemäß
Art. 3 der Bundesverfassung die Bundes-
angehörigkeit kein unmittelbares und selb-
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