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sicht auf ihren Zweck und ihre Dauer nach
der herrschenden Verwaltungspraxis als eine
Unterbrechung des Aufenthalts im Auslande
anzusehen (Erl. vom 27. Aug. 1903 — Ml.
187). Wenn der Austretende sich im Besitze
eines Reisepapieres oder eines Heimatsscheines
befindet, so beginnt die Frist erst mit Ablauf
dieses Papieres, sie wird unterbrochen durch
die Eintragung in die Matrikel eines deutschen
Konsulats. Der Verlust erstreckt sich zugleich
auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder,
deren gesetzliche Vertretung dem Ausgetretenen
kraft elterlicher Gewalt zusteht, soweit sich die
Kinder oder die Ehefrau bei dem Ausgetrete-
nen befinden. Ausgenommen sind Töchter,
die verheiratet oder verheiratet gewesen sind
(§ 21 Abs. 2 in der Fassung des Art. 41 EE-
BGB.; s. auch Ehefrauen I und Kinder).
Die zehnjährige Verlustfrist kann durch Staats-
vertrag auf eine fünffährige herabgesetzt wer-
den (§ 21 Abs. 3). Derartige Verträge sind
von dem Norddeutschen Bunde und den
übrigen deutschen Bundesstaaten mit den
Vereinigten Staaten von Nordamerika ge-
schlossen (s. Bancroftverträge). Deutschen, welche
die Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen
Aufenthalt im Auslande verloren, und
keine andere Staatsangehörigkeit erworben
haben, kann die Staatsangehörigkeit in
dem früheren Heimatsstaate durch Renatu-
ralisation wieder verliehen werden, auch
ohne daß sie zurüchkehren (§ 21 Abs. 4).
Kehren sie zurück, so haben sie einen Anspruch
auf Wiederaufnahme in demjenigen Bundes-
staate, in dem sie sich niedergelassen haben
GE 21 Abs. 5). Die Ausübung dieses Rechtes
darf solchen zurückhgekehrten Deutschen nicht
durch Ausweisung unmöglich gemacht werden
(O#. 30, 399), jedoch können sie vor die Wahl
gestellt werden, von dem Wiederaufnahme-
rechte Gebrauch zu machen, oder das Inland zu
verlassen (Erl. vom 14. Juni 1899 — M Bl. 119).
4. Verlust durch Legitimation. Bei un-
ehelichen Kindern erfolgt der Verlust der
Staatsangehörigkeit durch eine den gesetzlichen
Bestimmungen gemäß erfolgte Legitimation,
wenn der Vater einem anderen Staate angehört
als die Mutter (§ 13 Ziff. 4), 5. Verlust durch
Verheiratung bei einer Deutschen durch Ver-
heiratung mit dem Angehörigen eines anderen
Bundesstaates oder mit einem Ausländer (613
Ziff. 5). Die Bestimmung, wonach Deutsche
allein infolge ihrer Abwesenheit von der Heimat
und ohne daß eine positive Handlung ihrer-
seits hinzunommt, ihre Staatsangehörigkeit
verlieren, wird neuerdings vielfach bekämpft.
Schon jetzt ist die Zahl der im Auslande
lebenden Deutschen eine sehr große, sie wächst
fortgesetzt, und das berechtigte Streben, diese
Elemente im Auslande der Heimat zu er-
halten, wird voraussichtlich dazu führen, mehr
und mehr zu einem territorialen Indigenats-
3zwang zurüchzuhehren und einen Verlust-
rund zu beseitigen, der, wie die gesetzlichen
estimmungen heute lauten, nicht durch eine
positive Handlung des Betroffenen entsteht,
sondern vielmehr nur durch eine positive Hand-
lung vermieden werden kann.
III. Das St AngG. regelt nicht diejenigen
Erwerbsgesellschaften (Besteuerung).
Fälle des Erwerbes und Verlustes der Staats-
angehörigkeit, welche durch Gebietsverände-
rungen eintreten. Durch die Erwerbung aus-
wärtiger Gebietsteile erwerben die Einwohner
dieser Gebiete die Staatsangehörigkeit des
erwerbenden Teiles. Bei solchen Gebietsab-
tretungen wird jedoch den heutigen völker-
rechtlichen Anschauungen entsprechend in der
Regel zwischen den beteiligten Staaten eine
besondere Vereinbarung dahin getroffen, daß
den Angehörigen des erworbenen Gebietes
das Recht zugestanden wird, binnen bestimm-
ter Frist zu erklären, daß sie die Zugehörig-
keit zu ihrer bisherigen Staatsgewalt be-
wahren wollen (s. Option). Wegen mehr-
facher Staatsangehörigkeit (. d.
Erwerbsgesellschaften (Besteuerung). I.
Staatsbesteuerung. Während die bis zum
1. April 1892 in Preußen erhobene Klassen-
und klassifizierte Einkommensteuer sich nur auf
physische Personen erstreckte, unterliegen der
Einkommensteuer nach dem Eink tG. vom
24. Juni 1891 auch 1. Aktiengesellschaften,
Rommanditgesellschaften auf Aktien
und Berggewerkschaften unbedingt; 2.ein-
getragene Genossenschaften, wenn sie
ihren Geschäftsbetrieb gewerbsmäßig, d. h.
nicht nur gelegentlich, über den Kreis ihrer
Mitglieder hinaus ausdehnen, d. h. wenn
sie Aichtmitglieder an denjenigen Zwecken teil-
nehmen lassen, zu deren Erreichung die Ge-
nossenschaft gebildet ist, oder wenn sich Micht-
mitglieder an solchen Geschäften beteiligen,
welche nach dem Gegenstande des Unterneh-
mens mit den Mitgliedern behufs Förderung
der Wirtschaft oder des Erwerbs derselben
abgeschlossen werden sollen (O##. 25, 158;
OVSt. 7, 258 f.; 8, 147; 10, 202). Ist dies
der Fall, so wird das Gesamtunternehmen
steuerpflichtig; nicht etwa bloß der Teil, in dem
über den Kreis der Mitglieder hinausgegangen
wird; 3. Konsumvereine mit offenem
Laden sind steuerpflichtig auch dann, wenn sie
nicht unter die Ziff. 1 oder 2 fallen, sofern sie
nur juristische Persönlichkeit haben; nach den
Beschlüssen der Kommission des AbgH. zu der
zurzeit beratenen Novelle zum Einkt.
sollen „KHonsumvereine mit Laden“, also auch,
wenn sie nicht juristische Persönlichkeit besitzen,
steuerpflichtig werden (s. Genossenschaften,
eingetragene, Besteuerung).—Die Steuer-
pflicht erstreckt sich, wenn diese Gesellschaften
einen Sitz in Preußen haben, auf das gesamte
Einkommen, soweit es nicht nach dem in dem
Artikel Einkommensteunuer unter III B Be-
merkten von der Besteuerung in Preußen
ausgeschlossen ist. Umgekehrt sind E. der oben
unter Ziff. 1 u. 2 bezeichneten Art, welche einen
Sitz in Preußen nicht haben, wie in Preußen
nicht wohnhafte physische Personen steuerpflich-
tig mit dem Einkommen aus preuß. Grund-
besitz und Gewerbebetrieb, Konsumvereine mit
offenem Laden aber, welche in Preußen Reinen
Sitz haben, nur wenn sie unter jene Ziff. 1 oder 2
fallen oder eingetragene Genossenschaften sind;
diese Unstimmigkeit mit der unbeschränkten
Steuerpflicht beruht darauf, daß die Steuer-
pflicht aller juristische Persönlichkeit besitzen-
den Konsumvereine mit offenem Laden im