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Reglements erlassen (s. Fürsorgeerziehung).
Diese Reglements bedürfen der Genehmigung
der Minister des Innern und der geistlichen,
Unterrichts= und Medizinalangelegenheiten in
betreff derjenigen Bestimmungen, welche sich
auf die Aufnahme, die Behandlung, den Unter-
richt und die Entlassung der Zöglinge beziehen
(G. vom 2. Juli 1900 — GS. 264 — § 17
Abs. 2). Die genehmigten Reglements sind
durch die Regierungsamtsblätter bekanntzu-
machen. Die Schulaufsicht über die Provin-
zialzwangserziehungsanstalten ist dem Ge-
schäftskreise der Oberpräsidenten überwiesen
(AE. vom 12. Alai 1897 — GS. 227). Die
sonstigen E. sind Privatunternehmungen, auf
welche ALR. II, 12 §§ 3 ff., die KabO. vom
10. Juni 1834 (GS. 135) und die Instr. vom
31. Dez. 1839 (MBl. 1840, 94) Anwendung
finden, und welche unter der Aufsicht der Re-
gierungsabteilungen für Kirchen= und Schul-
lachen stehen (Reg Instr. vom 23. Okt. 1817 —
GS. 248 — § 18; KabO. vom 31. Dez. 1825 —
G#. 1826, 5; VfP,, betr. die Beaufsichtigung der
Privaterziehungsanstalten usw., vom 12. Aug.
1842 — MIBl. 119 — und G. vom 2. Juli 1900
§ 17 Abs. 3). Wegen der gesundheitlichen Be-
aufsichtigung der E. durch die Kreisärzte (.
Erl. vom 26. Sept. 1904 (MMIBl. 351).
II. Der Vorstand einer unter der Verwal-
tung des Staates oder einer Gemeindebehörde
stehenden E. hat für die in der Anstalt unter-
ebrachten Mlinderjährigen die Rechte und
flichten eines Vormundes. Die Rechte und
Pflichten des Anstaltsvorstandes bestehen je-
doch nur, solange das Vormundschaftsgericht
nicht einen anderen Vormund bestellt hat.
Der Vorstand behält die Rechte und Pflichten
des Vormundes auch nach der Beendigung der
Erziehung oder Verpflegung bis zur Voll-
jährigkeit des Mündels. Die Aufnahme des
Ainderjährigen in die Anstalt ist von dem
Vorstande dem Vormundschaftsgericht und dem
Gemeindewaisenrate des Bezirkes, in dem die
Anstalt liegt, anzuzeigen. Mlit der Aufnahme
in die Anstalt endigt das Amt des bisherigen
Vormundes. A-eben dem Vorstand ist ein
Gegenvormund nicht zu bestellen. Dem Vor-
stande stehen die nach § 1852 Abs. 2 BGB.
zulässigen Befreiungen zu (AG. z. BGB. vom
20. Sept. 1899 — GS. 177 — Art. 78 §§ 1—3).
III. Nach der im Md J. bearbeiteten, 1906
veröffentlichten Statistik über die Zwangs-
erziehung Jugendlicher für das Rechnungs-
jahr 1904 hat die Zahl der auf Grund des
§ 56 StEB. der Zwangserziehung über-
wiesenen Jugendlichen am 31. März 1905 755
männliche und 220 weibliche betragen, wovon
sich in den staatlichen E. 210 männliche und
56 weibliche befanden.
Erzpriester sind die Aufseher der kath.
Kirchenkreise (ULR. II, 11 § 150). Sie stehen
unter Direktion des Bischofs und werden von
diesem ausgewählt und bestellt (6 151 a. a. O.).
Ihr Amt besteht in der Aussicht über die zu
ihrem Kreise geschlagenen Kirchen und Geist-
lichen G 152 a. a. O.). Besonders müssen
diese Aufseher die Kirchenvisitationen ordent-
lich und sorgfältig vornehmen (6 154 a. a. O.).
Die RKirchenvorstände sind der Aufsicht der E.
Erzpriester — Eßwaren.
untergeordnet (8 158 a. a. O.). Sie sind
Delegaten des Bischofs, üben aber heine
bischöflichen Rechte im Sinne des G. vom
20. Alai 1874 (GS. 135) über die Verwaltung
erledigter Kath. Bistümer (s. d.) aus. Sie wer-
den auch Dechanten oder Dekane genannt
(Vorsteher der Dekanate d. h. der Bezirke,
in welche die Diözesen eingeteilt sind).
Erzwingungsstrafen (im Gebiete der in-
direkten Steuern). Mehrere Steuergesetze
enthalten die Vorschrift, daß die Steuerbehörde
unbeschadet der verwirkten Ordnungsstrafen
die Beobachtung der auf Grund der Bestim-
mungen jener Gesetze und der dazu erlassenen
Verwaltungsvorschriften angeordneten Kon-
trollen durch Anordnung und Einziehung
exekutivischer Geldstrafen (zu 500 M.) erzwin-
gen kRann (ogl. die Artikel Branntwein-
verbrauchsabgabe und Zuschlag II h,
Schaumweinsteuer II g, Tabaksteuer
IVD, Zuckersteuer III i). Die Festsetzung
und Beitreibung dieser E. erfolgt nicht im
Verwaltungsstrafverfahren (Verwaltungsstraf=
gesetz vom 26. Juli 1897 § 61). Vielmehr ist
die Form der Festsetzung dem Ermessen der
Steuerbehörde überlassen; die Einziehung
müßte erforderlichenfalls im Verwaltungs-
zwangsverfahren erfolgen. Wegen der E. in
Landesstempel= und Erbschaftssteuersachen s.
Stempelsteuer und Erbschaftssteuer I f.
Esplanade s. Rayongesetz I.
Essigbrauereien. Ist mit der steuerpflich-
tigen Vereitung von Bier (s. Brausteuer)
zugleich eine Essigbereitung verbunden, oder
wird Essig aus steuerpflichtigen Braustoffen
in eigens dazu bestimmten Anlagen zum Ver-
kauf oder zu gewerblichen Zwecken bereitet,
so muß die Brausteuer auch von dem zur
Essigbereitung verwendeten Material entrichtet
werden (G. wegen Erhebung der Brausteuer
vom 31. Mai 1872 — RNal. 153 ff. — § 2).
Vicht die Absicht, den Essig als solchen allge-
mein einer Verbrauchsabgabe zu unterwerfen,
hat zu der Besteuerung der E. geführt. Maß-
gebend war vielmehr der Umstand, daß die
Essigerzeugung aus Malz wesentlich in dem
für die Bierbereitung technisch vorgeschriebenen
Brauverfahren erfolgt und hiervon erst in dem
Stadium der Gärung erkennbar abweicht.
Es würde einer fortgesetzten Uberwachung be-
dürfen, um in solchen Brauereien die Bereitung
von Bier statt des Essigs zu verhüten (Mot.
zu § 2 des G.). Die Besteuerung der E. er-
folgt also lediglich im Interesse der Brau-
steuerkontrolle. Die steuerpflichtige Erzeugung
von Essig in der Brauerei hat -eine erheb-
liche Bedeutung mehr. Sie wird immer mehr
verdrängt durch die Bereitung von Essig aus
Branntwein.
Eßwaren (verdorbene). Das Feilhalten
oder Verkaufen verdorbener E. ist mit Geld-
strafe bis zu 150 M. oder mit Haft strafbar
(StcB. § 367 Ziff. 7), auch kann auf Ein-
ziehung der E. erkannt werden, ohne Unter-
schied, ob sie dem Verurteilten gehören oder
nicht. Wer wissentlich Nahrungs= oder Ge-
nußmittel, welche verdorben sind, unter Ver-
schweigung dieses Umstandes verkauft oder
unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeich-