Etappenwesen — Etats- und Rechnungswesen des Staates.
nung feilhält, wird nach § 10 des G. vom
14. Mai 1879 (Röl. 145) mit Gefängnis bis
zu sechs Alonaten und mit Geldstrafe bis zu
1500 M. oder mit einer dieser Strafen be-
straft; ist die Handlung aus Fahrlässigkeit
begangen, so tritt (§ 11 das.) Geldstrafe bis
150 Al. oder Haft ein (s. auch für schwere
Fälle § 12 Ziff. 1 das.). Uber den Begriff
des Verdorbenseins, worunter nicht nur innere
Zersetzung, sondern auch ekelerregende Eigen-
schaften — z. B. Fleisch von Tieren, welche
an ekelerregenden Krankheiten litten — fallen,
s. Rt. 5, 290. S. im übrigen unter Nah-
rungsmittel.
Etappenwesen. Behufs Herstellung einer
militärischen Verbindung zwischen den getrennt
liegenden Gebietsteilen wurden dem preuß.
Staate bei der im Jahre 1815 erfolgten ander-
weiten Regelung der Territorialverhältnisse
Deutschlands bestimmte Etappenstraßen,
als Servituten des öffentlichen Rechts, einge-
räumt. Dagegen verpflichtete sich Preußen,
innerhalb seines Gebietes anderen Staaten
ebenfalls militärische Durchmarschstraßen zu
gewähren. Die hierüber abgeschlossenen Kon-
ventionen haben teils durch die spätere Ein-
verleibung der betreffenden Staaten in die
preuß. Monarchie, sodann aber durch die Be-
stimmungen der deutschen Reichsverfassung
über das Reichskriegswesen ihre Bedeutung
verloren. Gegenwärtig hat das Kriegsetappen-
wesen die Aufgabe, dem Heere im Felde lebende
Streitkräfte und Heeresbedürfnisse jeder Art
nachzuschieben und es von allem zu entlasten,
was seine Schlagfertigkeit behindern kann, wie
Kranke, Verwundete, unbrauchbares Kriegs-
material, Kriegsgefangene usw. Zur Erfüllung
dieser Aufgabe folgen dem Heere unmittelbar
Etappenbehörden und Truppen, welche das
ihnen zugewiesene Etappengebiet besetzen. Eine
Ungusgesetzte Transportbewegung von der
Heimat zum Kriegsheere und in umgebehrter
Richtung vollzieht sich auf den Etappenlinien
der Eisenbahnen, indem zur Vereinfachung des
Verkehrs zwischen dem Feldheer und dem
Linterland auf den Haupteisenbahnstraßen die
Transporte von Truppen möglichst in ge-
schlossenen Zügen zusammengefaßt werden und
hierzu bestimmte Etappenorte dienen. Die
Regelung erfolgt: a) in den heimischen Be-
zirken für alle abgehenden und ankommenden
ransporte an den SEtappenanfangsorten;
b) nahe dem Kriegsschauplatz für alle ab-
gehenden und ankommenden Transporte an
den Sammelstationen; c) auf dem Kriegsschau-
platz für alle annommenden und abgehenden
ransporte an den Etappenhauptorten.
Die Etappenanfangsorte und Sammelstationen
werden im Einvernehmen mit dem Beichs-
eisenbahnamte bestimmt. Für derartige Zwecke
sollen tunlichst Bahnknotenpunkte, jedenfalls
aber solche Stationen ausgewählt werden, die
durch Einrichtung, Lage, Verbindung mit
band- und Wasserwegen sowie durch ihre
mgebung die Bewältigung des zu erwarten-
en Verkehrs, insbesondere auch die Ordnung
" soweit nötig die Unterbringung der
Gaulppenteile, des Materials und der sonstigen
üter erleichtern. Die Aufgaben eines Etappen-
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hauptortes können auf mehrere Stationen ver-
teilt werden (Militärtransportordnung vom
18. Jan. 1899 — Rsl. 15 — 8§ 43). Die
weiteren Vorschriften über das E. befinden
sich in der Kriegsetappenordnung vom 14. Mai
1902 (bei Mittler & Sohn erschienen). S. auch
Linienkommissarien.
Etatsjahr ist der einjährige Zeitraum, für
welchen der Voranschlag eines öffentlichen Haus-
halts aufgestellt wird. Im Deutschen Reiche
(G. vom 29. Febr. 1876 — RGUil. 121) und
in Preußen (G. vom 29. Juni 1876 — GS. 177)
läuft das E. vom 1. April bis zum 31. MAärz,
statt wie früher, vom 1. Jan. bis zum 31. Dez.
Das E. wird auf Grund des Erl. vom 6. Moai
1898 (MBl. 154) jetzt nur mit dem Jahre, das
die ersten drei Vierteljahre des E. umfaßt, be-
zeichnet, also z. B. das E. vom 1. April 1904 bis
zum 31. März 1905 mit 1904; früher wurde
es mit den beiden Jahreszahlen, in die es fiel,
3. B. 1894/95, bezeichnet. Auch für den Haus-
halt der Stadt= und Landgemeinden ist jetzt
das Rechnungsjahr 1. April bis 31. März vor-
geschrieben (KAG. 95), wobei es jedoch der
Beschlußfassung der Gemeindebehörden über-
lassen geblieben ist, an Stelle des Rechnungs-
jahres eine Periode von zwei oder drei Rech-
nungsjahren treten zu lassen. Nach Art. 61
Abs. 2 AusfAnw. z. RA. vom 10.Mai 1894 sind
die Vorschriften der Gemeindeverfassungsgesetze
hierdurch unberührt geblieben, nach welchen
Gemeinden die Festsetzung eines Voranschlages
unter Umständen erlassen werden kann, und
auch bei der Einführung einer NRechnungs-
periode von zwei oder drei Rechnungsjahren
über alle Einnahmen und Ausgaben der Ge-
meinde alljährlich Rechnung zu legen ist (s.
auch Gemeindekassen= und Rechnungs-
wesen in den Landgemeinden; Städti-
sches Kassen= und Rechnungswesen).
Die Kreise und Provinzen sind ohne gesetz-
lichen Zwang ebenfalls zu dem Rechnungsfahr
vom 1. April ab übergegangen.
Etats= und Rechnungswesen (kommu-
nales) (. Gemeindehassen= und Rech-
nungswesen in den Landgemeinden,
Städtisches Kassen= und Rechnungs-
wesen; kirchliches s. kirchliches Etats--,
Kassen= und Rechnungswesen.
Etats= und Rechnungswesen des Staates
ist der Inbegriff der behufs Aufstellung, Fest-
stellung, Ausführung und Kontrolle der Be-
obachtung des Voranschlages über die Staats-
einnahmen und Staatsausgaben getroffenen
Einrichtungen und Anordnungen.
I. Das Etats= und Rechnungswesen
in Preußen. A. Inhalt, Bedeutung, Zu-
standekommen und Einrichtung
des Etats. 1. Die Grundlage des
Etatswesens bildet in Preußen Art. 99
VU., der seine Ausführung durch das G.,
betr. den Staatshaushalt (sog. Kompta-
bilitätsgesetz, hier abgebürzt „St.“), vom
11. Mai 1898 (GS. 77) erhalten hat. Nach
Art. 99 Vl. und § 1 StHES#. müssen alle
Einnahmen und Ausgaben für jedes Jahr im
voraus veranschlagt und auf den Staatshaus-
haltsetat gebracht werden. Letzterer ist also
ein Bruttoetat — im Gegensatz zum Netto