Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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gemeindevertretung. Zur Handhabung 
des Kirchenregimentes sind als landestkirch- 
liche Behörden der Ev. Oberkirchenrat 
als Zentralbehörde, die Konsistorien als 
Provinzialbehörden und für die Beaussichti- 
gung der Diözesen als Organe der Konsisto- 
rien die Superintendenten eingesetzt. Mit- 
glieder des Konsistoriums mit selbständigem 
Aufsichtsrechte sind die Generalsuperinten- 
denten (s. die betreffenden Artikel). Ober- 
kirchenrat und Konsistorien haben kollegiale 
Verfassung (G. vom 3. Juni 1876 Art. 21). 
Die Anstellung der Mitglieder erfolgt unter 
Gegenzeichnung des Kultusministers (Art. 23 
Ziff. 7 a. a. O.). Der Ev. Oberkirchenrat 
und die Konsistorien sind keine Staatsbe- 
hörden (OV#. 20, 451). Aber ihre Mitglieder 
sind auch nach dem G. vom 3. Juni 1876 Staats- 
beamte geblieben (OV. 22, 36; anderer An- 
sicht: Schön, Evangelisches Kirchenrecht S. 232). 
Den vorgenannten Behörden stehen mit be- 
ratenden und beschließenden, zum Teil auch 
verwaltenden Befugnissen zur Seite die teils 
aus Wahl, teils aus Ernennung hervorge- 
gangenen Vertretungen, die Synoden, bzw. 
deren Vorstände, und zwar in den Diözesen 
die Kreissynode und deren Vorstand, in 
den Provinzen die Provinzialsyhnode 
und deren Vorstand, in der Gesamtthirche 
die Generalsynode und der General- 
synodalvorstand, als Beirat für ge- 
wisse Angelegenheiten daneben der General- 
sonodalrat (s. das Aähere bei Synoden und 
den die einzelnen Synoden behandelnden Ar- 
tikeln). Als besondere Organisationen treten 
hinzu der Pfarr-Witwen= und Waisen- 
fonds (s. Witwen= und Waisenversor- 
gung der Geistlichen IV) und die Alters- 
zulagekasse für ev. Geistliche (s. Geist- 
liche, Diensteinkommen V.), und zwar 
beide gemeinsam für sämtliche preuß. Landes- 
Rirchen. Die t-irchliche Aussicht über die 
Vermögensverwaltung der Kirchengemeinden 
wird geübt nach Alaßgabe des Kirch G. vom 
18. Juli 1892 (20OWVl. 9), diejenige der RKreis- 
und Provinzialsynodalvorstände nach Maßgabe 
des Kirch G. vom 16. Juni 1895 (Koil. 53); 
s. Evangelisch-kirchliche Vermögens- 
verwaltung (Aufsicht). Die Rechte des 
Staates gegenüber der e. L. sind geordnet 
durch das zu l erwähnte G. vom 3. Juni 
1876 und die dasselbe abändernden Gesetze 
((l. Evangelische Landeskirche, Stellung 
zum Staat). 
III. Was die im Jahre 1866 neuerworbe- 
nen Provinzen betrifft, so war Schleswig- 
Holstein ** früh zur Reformation überge— 
treten. Die! irchenverwaltung konzentrierte sich 
in den Pröpsten, dem ev. Bischof in Schles- 
wig und dem Propst für Holstein, denen 
im Laufe der Zeit, bei den wechselnden poli- 
tischen Schicksalen der Landesteile, kolle- 
giale Behörden in mannigfacher Verfassung 
hinzutraten (Landeskonsistorium, Obergerichte, 
Oberkonsistorium, Kopenhagener Kanzlei usw.), 
die 1866 ein buntes Bild darboten. In Nassau, 
soweit es die Walramischen Herrschaften Usin- 
gen und Weilburg betrifft, war die Reforma- 
tion schon früh eingeführt; mit ihr waren In- 
  
  
Evangelische Landestkirche. 
spektoren und ein Konsistorium eingesetzt, dessen 
Funktionen aber 1816 auf die Regierung 
übergingen, neben welcher ein Generalsuperin- 
tendent fungierte. In Hessen entstanden 
mit der Reformation die Synoden, die aber 
bald in Verfall gerieten, während die Super- 
intendenten abhängig wurden von der lan- 
desherrlichen Kanzlei. Für Hessen = Kassel 
wurden dann landesherrliche Konsistorien einge- 
richtet, und zwar ein reformiertes in Kassel und 
zwei lutherische in Marburg und Schaum- 
burg. An ihre Stelle trat 1821 für jede der 
drei Provinzen ein bureaukratisch eingerichtetes 
Konsistorium, das dem MdI. untergeordnet 
war. Die zur Prov. Hannover gehörigen 
Landesteile bildeten zur Zeit der Reforma-= 
tion verschiedene selbständige Fürstentümer; 
so Rkam es, daß die Verfassung sich verschie- 
denartig entwickelte. Braunschweig-Lüne- 
burg hatte ein Konsistorium in Celle, Calen- 
berg-Göttingen in Hannover, Bremen-Verden 
in Stade und Otterndorf,, OÖstfriesland ein Kon- 
sistorium in Aurich, dem auch die Reformierten 
unterstanden, Hildesheim vorübergehend eine 
solche Behörde. In dem sähkularisierten Bis- 
tum Osnabrück ließ man das 1634 errichtete 
Konsistorium. Daneben bestand die Konföde- 
ration der ev.-ref. Gemeinden (s. Schön a. a. O. 
S. 93ff.; s. auch Miedersächsische Konföde- 
ration). Der gegenwärtige Rechtszustand ist 
im wesentlichen folgender, wobei vorweg zu 
bemerken ist, daß für die neuen Provinzen der 
Kultusminister zugleich oberste Staats= und 
oberste kirchliche Behörde ist. 
1. Schleswig-Holstein. Durch A0Order 
vom 24. Sept. 1867 (GS. 1669) ist für die 
Herzogtümer Schleswig und Holstein ein ev.= 
luth. Konsistorium in Kiel unter Leitung eines 
weltlichen Präsidenten eingerichtet, welchem 
die beiden für Holstein und Schleswig fun- 
gierenden Generalsuperintendenten und eine 
Anzahl geistlicher und weltlicher Räte an- 
gehören. Für die Geschäftsführung sind die 
zu 1 erwähnten altländischen V. vom 23. Okt. 
1817, 31. Dez. 1825 und 27. Juni 1845 und 
die V. vom 9. Juni 1879 (GS. 365) maßgebend, 
durch welche letztere die bis dahin von der Re- 
gierung in Schleswig geübte Verwaltung nach 
Erlaß der Kirchengemeinde= und Synodalord- 
nung vom 4. Nov. 1876 (GS. 415) auf Grund 
des Staatsgesetzes vom 6. April 1878 (GS. 
145) und V. vom 19. Aug. 1878 (GS. 287) vor- 
behaltlich bestimmter staatlicher Rechte auf das 
Konsistorium in Kiel als Organ der Kirchen- 
regierung übertragen ist. Durch G. vom 23. Juni 
1876 (GS. 169) ist das Herzogtum Lauenburg 
und durch AE. vom 11. Aov. 1891 die ev. Kir- 
chengemeinde pelgoland dem Konsistorium in 
Kiel unterstellt (KGVl. für Schleswig-Hol- 
stein 95). Die Mlitwirkung der nodalen Or- 
gane ist durch die erwähnte RGSDO. vom 4. Nov. 
1876 in der Weise geordnet, daß die etwa 
den altländischen Kreissynoden und Kreissyno- 
dalvorständen entsprechenden Propsteisynoden 
und Propsteiausschüsse deren Befugnisse erhalten 
haben oua a. a. O.), während in der 
Gesamtsynode sich die Rechte der altländischen 
Provinzial-- und Generalsynode vereinigen, 
und der Gesamtsynodalausschuß einen Teil der
	        
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