Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Fakultäten. 
für Exegese (Altes und ANeues Testament), 
wei für den systematischen Teil (Dogmatik, 
oral), eine für Kirchengeschichte, eine für 
praktische Theologie. Im einzelnen ist das 
Verhältnis je nach der zufälligen historischen 
Entwichlung und den besonderen Maßnahmen 
der Unterrichtsverwaltung (Extraordinariate, 
Honorarprofessuren, doppelte Besetzung ein 
und desselben Faches) etwas verschieden. — 
Die ev.-theologische F. hat auch die Auf- 
gabe, „die sich dem Dienste der Kirche 
widmenden Jünglinge für diesen tüch- 
tig zu machen“ GBerliner Statuten § 1); 
sie muß daher das Verhältnis zur Kirche 
in ihrem Unterricht beachten. Die Bonner 
Statuten § 3 sagen in dieser Beziehung: 
„Die F. bekennt sich zu der unierten ev. 
Kirche und ist verpflichtet, ihre Lehre mit 
den Grundsätzen dieser Kirche, wie sie in 
deren anerkannten Bekenntnisschriften über- 
einstimmend und schriftgemäß aufgestellt wor- 
den sind, im Einklang zu erhalten und ihre 
Wirksamkeit dem Dienste dieser Kirche zu 
widmen.“ Eine äußere Abhängigkeit von den 
ev. Landeskirchen ist damit nicht ausgesprochen. 
Doch wird bei der ersten Berufung in eine 
Professur eine Außerung des Ev. Oberkirchen- 
rats für die älteren Provinzen eingeholt. Auch 
sind die F. befugt, ein Mitglied in die Pro- 
vinzialsynoden und die Generalsynode zu sen- 
den (Rhein WestfchemO. vom 13. Juni 1853 
8 44; AltlRGSO. vom 10. Jan. 1873 § 59 
iff 2; Gen SynO. vom 20. Jan. 1876 §F 2 
isf. 2; Schl Holstüch SO. vom 4. Nov. 1876 
§ 86; Kirchenvorstands und Synodalordnung 
für die ev.-luth. Kirche in Hannover vom 
9. Okt. 1864 § 58; Presbyterial= und Synodal- 
ordnung für den Konsistorialbezirk Kassel vom 
16. Dez. 1885 § 55 Ziff. 3; s. auch Evangeli- 
scher Oberkirchenrat; Generalsynode). 
Vielfach sind auch die Professoren Mitglieder der 
theologischen Prüfungskommissionen und der 
Konsistorien. Aeben den allgemeinen öffent- 
lichen und privaten Vorlesungen dienen der 
Unterweisung jetzt an allen Universitäten theolo- 
gische Seminare, teils praktischer (homiletische, 
katechetische), teils wissenschaftlicher Art, auch 
vereinzelt besondere christlich archäologische 
Sammlungen Gerlin, Halle). 
[II. Rath.-theologische F. Vorlesungen 
sind zu halten über 1. Rirchengeschichte nebst 
christlichen Altertümern, Patrologie und Pa- 
tristik, auch Ketzergeschichte; 2. Exegese des Alten 
Testaments; 3. Exegese des Aeuen Testaments; 
4. Dogmatik; 5. oral; 6. Kirchenrecht; 7. prak- 
tische Theologie (Bonner Statuten § 13, Mün- 
stersche Statuten von 1832 § 40, Breslauer 
Stat. 8 25). Als allgemeinen Zwech der F. 
bezeichnen die Bonner Statuten ( 1) „die Er- 
gründung, Ausbildung und Erweiterung der ge- 
samten Rath.--theologischen Wissenschaf- 
En, — als besonderen Zweck, für die 
ienste zunächst der kath. Rirche der 
westlichen Provinzen tüchtige und wür- 
age Geistliche auszubilden". Aur dieser 
esondere Zweck wird in den Statuten für 
häünster von 1832 588 1, 39 betont. Das Ver- 
tnis der F. zur hath. Kirche folgt aus ihrer 
estimmung. Die Stellung der Breslauer F. zu 
  
  
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dem Fürstbischof von Breslau ist durch die V. 
vom 26. Aug. 1776 und 26. Juli 1800, die der 
Bonner zu dem Erzbischof von Cöln durch die 
AOrder vom 13. April 1825 (Koch, Universi- 
täten 1, 247), die der Münsterschen durch die 
Statuten von 1832 § 6 (Koch a. a. O. 685) 
überall in gleicher Weise geregelt. Es ist 
darin festgesetzt, 1. daß in der kath.-theologi- 
schen F. niemand angestellt oder zur Aus- 
übung des Lehramts zugelassen werden soll. 
ohne vorhergegangene Rüchfrage bei dem 
bischöflichen Stuhle, und daß dieser berechtigt 
sein soll, wegen erheblicher die Lehre oder den 
Lebenswandel des in Vorschlag Gebrachten 
betreffenden Bedenken die Anstellung oder 
Zulassung desselben abzulehnen. 2. Sollte 
wider Verhoffen ein der kath.-theologischen F. 
angehöriger Lehrer in seinen Vorlesungen oder 
in Schriften der kath. Glaubens- und Sitten- 
lehre, welche er wissenschaftlich zu begründen 
berufen ist, zu nahe treten oder auf andere Art 
in sittlich-religiöser Beziehung ein auffallendes. 
Argernis geben, so ist der bischöfliche Stuhl 
befugt, hiervon Anzeige zu machen, und das 
Ministerium wird auf den Grund einer solchen 
Anzeige mit Ernst und Nachdruck einschreiten 
und Abhilfe leisten. 3. Uberhaupt steht die 
kath.--theologische F., insoweit die kath. Kirche 
an der Wirksamkeit derselben beteiligt ist, unter 
der geistlichen Aufsicht des Bischofs. Dieser 
hat das BRecht, sie, so oft es ihm gut scheint, 
zu visitieren oder visitieren zu lassen; die 
halbjährigen Lektionenverzeichnisse müssen ihm 
vorgelegt werden, und die Fakultät ist ge- 
halten, die Bemerkungen desselben über rein 
tbeologische Gegenstände ehrerbietig aufzu- 
nehmen und nach Möglichkeit zu beachten. 
Jene Aussicht erstrecht sich auch auf die ein- 
zelnen Mitglieder der F. in ihrer Eigenschaft 
als Rkath. Geistliche, und der Bischof ist be- 
rechtigt, in den Fällen, wo wider diese Eigen- 
schaft verstoßen ist, mit Vorwissen des Mini- 
steriums die geeignete Zurechtweisung eintreten 
zu lassen (Bonner Statuten § 4). — Auch außer- 
dem finden sich mannigfache Beziehungen 
zwischen der F. und der kath. Kirche. ie 
Professoren und Dozenten legen vor Beginn 
der Vorlesungen das Rhath. Glaubensbekennt-= 
nis nach Vorschrift des tridentinischen Kirchen- 
konzils und in der in der Kirche üblichen Form 
in die Hände des Dekans ab (Bonner Sta- 
tuten § 26, s. Breslauer § 40)0. In Münster 
sind in der Regel zwei Mitglieder der F. zu- 
gleich Mitglieder des Domkapitals, der Regens 
des bischöflichen Seminars hat Sitz und 
Stimme in der F. (Statuten §8§ 42, 43). Der 
Studiengang der Studenten ist durch die 
Verhältnisse gegeben: Einleitungswissenschaften. 
(Rirchengeschichte, Philosophie), Dogmatik, 
Moral und Exegese, schließlich Kirchenrecht und 
praktische Theologie. Uberall bestehen hath. 
Seminare (Breslau, Bonn, Münster) bei den 
Universitäten. 
Das Lyzeum in Braunsberg dient 
wesentlich der Heranbildung des ermländischen 
Klerus und hat nur hierfür eine philosophische 
und eine theologische F. 
Uber die bischöflichen theologischen 
Lehranstalten (Fulda, Limburg, Osnabrück,
	        
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