Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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goldmünzen, welche infolge längerer Zirku- 
lation und Abnutzung am Gewicht so viel ein- 
gebüßt haben, daß sie das Passiergewicht nicht 
mehr erreichen, sowie Reichs-Silber-, Nichel- 
und Kupfermünzen, welche infolge längerer 
Zirkulation und Abnutzung an Gewicht oder 
Erkennbartkeit erheblich eingebütßt haben, sind 
von allen Reichs= und Landeskassen zum 
vollen Werte anzunehmen und in der Weise 
für Rechnung des Reiches einzuziehen, daß 
sie den dazu bestimmten Sammelstellen der 
Reichshauptkasse und den Oberpostkassen, in 
Preußen der Generalstaatskasse und den Re- 
gierungs= bzw. Bezirkshauptkassen, zugeführt 
werden. Die Sammelstellen haben die Münzen, 
sobald sich ein angemessener Betrag angesam- 
melt hat, kassenmäßig verpackt und bezeichnet 
dem Münzmetalldepot des Reichs bei der kgl. 
preuß. Münzstätte zu Berlin gegen Anerkennt- 
nis einzusenden und den Wert des Anerkennt- 
nisses der Reichshaupthasse in Aufrechnung 
zu bringen. Die vorstehenden Bestimmungen 
über abgenutzte BReichsmünzen finden auf 
deutsche Landesmünzen so lange Anwendung, 
als sie noch nicht außer Kurs gesetzt sind. 
Bei Zahlungen angebotene beschädigte oder 
unbrauchbar gewordene (einschließlich der ge- 
klebten und der beschmutzten) Reichskassen- 
scheine, deren Umtauschfähigkeit zweifellos ist, 
haben sämtliche Reichs= und Landeskassen an- 
zunehmen, aber nicht wieder auszugeben, son- 
dern an die obengenannten Sammelstellen 
abzuführen. Solche Reichskassenscheine sind, 
außer von der Reichshauptkasse, auch von den 
übrigen Sammelstellen gegen umlaufsfähige 
Reichskassenscheine oder bares Geld umzu- 
tauschen. Auf Reichskassenscheine, deren Um- 
laufsfähigkeit zweifelhaft oder deren Ersatz 
nach § 6 des G. vom 30. April 1874 (RGl. 
40) dem Ermessen der Reichsschuldenverwaltung 
Überlassen ist, finden die vorstehenden Bestim- 
mungen Reine Anwendung, vielmehr ist der 
Einlieferer solcher Scheine mit dem Antrag 
auf Ersatz an die Reichsschuldenverwaltung zu 
verweisen. Weiter enthalten die Bestimmungen 
des BR. noch Anordnungen, betreffend die 
von Untersuchungs-oder Vermittlungsverfahren 
wegen Fälschung oder Aachahmung von Reichs- 
kassenscheinen und Reichsbanknoten durch die 
Justiz= oder Polizeibehörden zu machenden 
Mitteilungen und die Portofreiheit der Post- 
sendungen in Ausführung der Bestimmungen. 
Vgl. auch die Bestimmungen des Auswärtigen 
Amtes (Kolonialabteilung) über die Behand- 
lung der bei den amtlichen Kassen der Schutz- 
gebiete, außer Deutsch-Ostafrika und Kiautschou, 
eingehenden nachgemachten, verfälschten oder 
nicht mehr umlaufsfähigen Reichsmünzen, 
Beichskassenscheine und Reichsbanknoten vom 
6. Febr. 1905 (Reichsanzeiger Ar. 41 vom 
16. Febr. 1905), welche sich im wesentlichen den 
Bestimmungen für das Reichsgebtet anschließen. 
Wegen der Einholung von Gutachten bei Münz- 
verbrechen und Münzvergehen vgl. den § 92 
St PO. und das Zirkular über das Verfahren 
bei Requisitionen der Agl. Münzdirektion 
in betreff der Begutachtung der Falschheit 
von Münzen vom 29. Mlärz 1881 (M.l. 87), 
und wegen der Mitteilungen über Münzver- 
  
Familienfideikommiß. 
brechen an die kgl. Hauptverwaltung der 
Staatsschulden bzw. an das kgl. Polizei- 
präsidium in Berlin das Zirk. vom 5. Nov. 
1876 (MBl. 1877, 13) und die Allg Vf. vom 
29. April 1886 (JMBl. 105). Uber das poli- 
zeiliche Einschreiten gegen den Vertrieb münz- 
ähnlicher Fabrikate s. OV#G. 18, 406. 
Familienfideikommiß. I. F. nennt man 
im heutigen Rechte ein durch private Willens- 
erklärung für eine bestimmte Familie gestif- 
tetes unveräußerliches Vermögen, das inner- 
halb der Familie einer Sondererbfolge unter- 
liegt und an welchem dem seweiligen Besitzer 
nur ein durch die Rechte der zur Nachfolge 
berufenen Familienmitglieder (Anwärter) be- 
schränktes Verfügungsrecht zusteht. 
Die Frage, wo diese deutschrechtlichen F. 
ihren eigentlichen Ursprung haben, hat eine 
unbestrittene Beantwortung noch nicht ge- 
funden. In Deutschland traten sie erst gegen 
den Anfang des 17. Jahrh. hervor und 
verdankten hier ihre Entstehung dem nament- 
lich in den Kreisen des reicheren Adels sich 
geltend machenden Bedürfnisse der agnatischen 
Familien, ihr Vermögen, insbesondere — nach 
dem Vorbilde der Hausgüter des hohen Adels 
— ihren Grundbesitz, und damit politische 
Macht und soziales Ansehen dauernd zu er- 
halten oder, wie es gewöhnlich ausgedrückt 
wird, den Glanz der Familie (splendor fami- 
liae) zu sichern. In Preußen blieben die F. 
wie in den meisten übrigen Ländern nicht auf 
adlige Familien beschränkt, vielmehr ist hier 
die Errichtung von F. „jedem Einwohner des 
Staates“ erlaubt (AL. II, 4 8 47), eine Be- 
fugnis, von der allerdings seitens bürgerlicher 
Familien nur in sehr geringem Umfange Ge- 
brauch gemacht ist. Art. 40 Bll. vom 31. Jan. 
1850 (GS. 17), in welchem die Aufhebung des 
F. vorgesehen war, ist durch Art. 1 des G. vom 
5. Juni 1852 (GS. 319) wieder aufgehoben 
worden. Im übrigen war die Entwicklung 
des Familienfideikommißrechts in den ein- 
zelnen Landesteilen der Monarchie eine sehr 
verschiedenartige und hat einen außerordent- 
lich buntgestalteten Rechtszustand gezeitigt 
Dieser Rechtszustand hat durch das BGB. 
keine Anderung erfahren, da es die landes- 
gesetzlichen Vorschriften über F. unberührt ge- 
lassen hat (EcBe#B. Art. 59). Eine um- 
fassende Neuregelung des gesamten Familien- 
fideikommißrechts ist im Werke, die bereits 
bis zur Veröffentlichung eines „vorläufigen 
Gesetzentwurfs über F.“ nebst eingehender Be- 
gründung gediehen ist (erschienen 1903 im 
erlage der „Post“). 
II. Die Vorschriften für die F. in den 
sog. alten Provinzen (Ost= und Westpreußen, 
Pommern mit Ausnahme von -Neuvorpommern 
und Rügen, Posen, Schlesien, Brandenburg, 
Sachsen und Westfalen) sowie in den land- 
rechtlichen Gebietsteilen der Prov. Hannover 
(Ostfriesland, Lingen, Eichsfeld, Jadegebiet) 
und der Rheinprovinz (Kreise Rees, Essen 
Stadt und Land, Duisburg, Mülheim a. d. 
Ruhr, Ruhrort) sind im wesentlichen im AL. 
II. 4 88 47—226 und den späteren, dieselben 
ergänzenden Bestimmungen enthalten (s. unter 
# In ANeuvorpommern und Rügen, in
	        
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