Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Familienstammbücher — Familienunterstützungen. 
Familienstammbücher. In der RMhein- 
provinz und im Reg-Bez. Wiesbaden sind seit 
einer Reihe von Jahren sog. F. in Gebrauch, 
die bei Eheschließungen den Aeuverheirateten 
durch die Standesbeamten ausgehändigt wer- 
den. Sie dienen zunächst zur Bescheinigung 
der Eheschließung und sodann zur Eintragung 
der in der Familie eintretenden Geburten und 
Sterbefälle durch den Standesbeamten, freilich 
ohne daß diesen Bescheinigungen die im § 15 
PöStö. vom 6. Febr. 1875 (Rel. 23) festgesetzte 
formelle Beweiskraft zukommt. Da sie jedoch 
trotzdem im gewöhnlichen Verkehr meist als 
genügende Beweismittel angesehen werden und 
ihre Vorlage das Auffinden der eingetragenen 
Vorkommnisse in den Personenstandsregistern, 
eine richtige Schreibweise der Namen usw. be- 
fördert, auch sedem Familienhaupte die Mög- 
lichkeit gewährt, sich über seinen Familienstand 
jederzeit mit Leichtigkeit auszuweisen, sind sie 
durch Md JZirk. vom 29. April 1895 (M Bl. 135) 
zur allgemeinen Einführung empfohlen worden. 
ie Einführung setzt jedoch einen Beschluß 
der betreffenden Gemeindeverwaltung voraus. 
Die Standesbeamten sind ermächtigt worden, 
die Eintragungen in den Stammbüchern mit 
ihrer amtlichen Unterschrift und ihrem Dienst- 
siegel zu versehen. Sie dürfen hierfür Reinerlei 
Vergütung für sich oder ihr Bureaupersonal 
verlangen oder annehmen. 
Familienstiftungen. l. Die F. ist eine be- BRB 
sondere Art der in §§ 80—88 BoB. geregelten 
privatrechtlichen Stiftungen (s. Stiftungen). 
Sie unterliegt daher diesen Bestimmungen, so- 
weit nicht das AG. z. BGB. vom 20. Sept. 
1899 (GS. 177) in den Art. 1—3, 5 8§ 2 nebst 
Ergänzungsvorschriften etwas Besonderes an- 
ordnet; namentlich ist ihre rechtliche Konstrun- 
tion jetzt dieselbe wie die der Stiftung. Als 
F. gilt rechtlich nur eine solche Stiftung, die 
nach der Stiftungsurkunde ausschließlich dem 
Interesse der Mitglieder einer bestimmten 
Familie oder mehrerer bestimmten Familien 
dient. Familienfideikommisse gehören nicht 
hierher. Die F. tritt erst durch Genehmigung 
in Kraft, die regelmäßig von dem Amtsgericht, 
in dessen Bezirke die Stiftung ihren Sitz haben 
soll, ausnahmsweise von einem Landgericht 
oder Oberlandesgericht (Art. 1 § 1 Abs. 2), 
nach einer Prüfung, deren Richtungen Art. 1 
2 bezeichnet, zu erteilen oder zu versagen ist. 
Dagegen ist die sofortige Beschwerde gegeben. 
ür die Verfassung einer F., namentlich auch 
für den dabei notwendigen Familienbeschluß, 
trifft Art. 2 nähere Vorschriften. Art. 3 ent- 
hält eine Ubergangsbestimmung hinsichtlich 
der älteren F.; Art. 5 § 2, der auch für F. 
gilt, bestimmt über das Vermögen einer 
Stiftung bei ihrem Erlöschen. In den Fällen 
des § 87 Be#. entscheidet über die Um- 
wandlung des Zweckes, die Anderung der 
Verfassung und die Aufhebung der F. der 
* (V. vom 16. Aov. 1899 — GS. 562 — 
ttt. 5 Abs. 2). Die F. stehen unter der Auf- 
cht der Amtsgerichte (AG. z. GV. vom 
K# April 1878 — GES. 230 — 9 29). Die Ur- 
nunde eüber die F. unterliegt einem Stempel 
n 3 ° des Gesamtwerts der gewidmeten 
egenstände ohne Abzug der Schulden. Wegen 
  
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der Eigenschaft des Kapitalwerts der Hebungen 
aus F. als Kapitalvermögen bei der Ergän- 
zungssteuer s. Art. 13, 15 der Anw. vom 6. Juli 
1900 zur Ausführung des ErgS tG. S. auch Zu- 
wendungen an juristische Personen IV. 
II. Die Errichtung von F. ist in gleicher 
Weise stempelpflichtig wie die Errichtung 
von Fideikommißstiftungen (TSt. 23 LSt.); f. 
unter Fideikommißstempel. Die Anfälle 
von Hebungen aus F., welche infolge Todes- 
falles auf den vermöge stiftungsmäßiger oder 
gesetzlicher Sutzzessionsordnung erufenen 
übergehen, unterliegen der Erbschaftssteuer (8 1 
Ziff. 3 Erb Stch). Der Wert der Anfälle wird 
nach Maßgabe des Wertes der einjährigen 
Autzung und des Lebensalters des Erwerben- 
den berechnet (8 26 a. a. O.). Die Höhe des 
Steuersatzes richtet sich nach dem Erbschafts- 
steuertarif. S. Erbschaftssteuer unter 
IIa u. d. 
Familienunterstützungen (eingezogener 
Mannschaften). Für die Familien sowohl 
der im Falle einer Mobilmachung, wie 
auch der zu Friedensübungen eingezogenen 
AMannschaften des Heeres und der Marine 
werden Unterstützungen gewährt, und zwar 
für erstere auf Grund des G. vom 28. Febr. 
1888 (REGl. 59), für letztere auf Grund des 
G. vom 10. Mai 1892 (Rl. 661; Aus- 
führungsvorschriften zu letzterem Gesetze in der 
ek. vom 2. Juni 1892 — MEEnl. 668, 
vom 12. Dez. 1898 — RösBl. 1305 — und 
vom 15. Nov. 1902 — R#l. 278). 
I. Die Unterstützung wird nur gewährt 
im Falle der Bedürftigkeit, und zwar im 
Kriege an Familien der Moannschaften der 
Reserve, Landwehr, Ersatzreserve, Seewehr 
und des Landsturmes, auch der freiwillig ein- 
getretenen, im Frieden aber nur auf Ver- 
langen an die Familien der Mannschaften der 
Reserve, Landwehr und Seewehr, sowie der Er- 
satzreserve für die zweite und dritte Ubung, in 
beiden Fällen mit Ausschluß derjenigen Reichs-, 
Staats- oder Kommunalbeamten, denen in der 
Zeit der Einberufung zum Militärdienste ihr 
persönliches Diensteinkommen gewahrt ist (8 1 
beider Gesetze bzw. § 66 Abs. 2 — MilS. 
vom 5. Mai 1874). 
II. Anspruch auf Unterstützung haben die 
Ehefrau des Eingetretenen und seine ehelichen, 
bzw. den ehelichen gleichstehende Kinder unter 
15 Jahren, sowie Kinder über 15 Jahren, Ver- 
wandte in aufsteigender Linie und Geschwister, 
insofern sie von ihm unterhalten wurden oder 
das Unterhaltungsbedürfnis erst nach dem 
Diensteintritt hervorgetreten ist (G. vom 28. Febr. 
1888 § 2; G. vom 10. Mai 1892 § 1 Abs. 4). 
III. Die Höhe der Unterstützungen soll be- 
tragen im Kriege für die Ehefrau in den 
Monaten Mai bis Oktober monatlich minde- 
stens 6 M., für die übrigen Monate minde- 
stens 9 M. und für jede weiter in Betracht 
kommende Person mindestens monatlich 4 M., 
welche ünterstützung auch teilweise durch Brot- 
korn, Kartoffeln, Brennmaterial usw. ersetzt 
werden kann, wogegen, soweit es sich um die 
Mindestbeträge handelt, die von Privatvereini- 
gungen und Privatpersonen gewährten Unter- 
stützungen nicht angerechnet werden dürfen;
	        
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