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die Aufnahme äußerer Nahrung. Die fernere
Aufzucht im ersten Sommer gehört zu den
schwierigsten Aufgaben der Forellenzucht, weil
in dieser Periode die Brut Gefahren aller Art
ausgesetzt ist. Sie wird, wie bei der Karpfen-
zucht, zunächst in Brutteichen oder Gräben
untergebracht und gelangt zu Beginn des
Winters in die tieferen Strechteiche. Beson-
dere Winterteiche sind für die Forellen meist
nicht nötig, weil die Teiche ihrer Anlage nach
dem Zufrieren nicht so ausgesetzt sind. Wie
bereits erwähnt, ist die Einteilung in Alters-
klassen bei der Unterbringung in die Teiche
von großer Bedeutung, deshalb werden auch
von Zeit zu Zeit die Teiche zum Zwecke der
Auslesung durchgemustert. Die Behandlung
der Lachsbrut ist von der vorbeschriebenen
der Forellen und Saiblinge insofern verschie-
den, als die jungen Lachse möglichst früh in
Freiheit gesetzt werden müssen, da sie in Tei-
chen verktümmern würden. Seiner Lebens-
gewohnheit nach zieht der Lachs im ersten
oder zweiten Jahre zum MUleere, von wo er
im geschlechtsreifen Alter zum Laichen in die
Flüsse zurüchkehrt. Mit Rüchsicht hierauf wer-
den von zahlreichen Brutanstalten zur Ver-
besserung des Lachsbestandes in den Strömen
alljährlich Millionen von Brut in die öffent-
lichen Gewässer gesetzt. Die Aussetzung in
den Rhein ist durch den zwischen den BRhein-
Uferstaaten vereinbarten Vertrag vom 30. Juni
1885 (RE#l. 1886, 192) festgelegt.
IV. Dem Fischereiwesen wird auf allen Ge-
bieten eine stets gesteigerte staatliche Auf-
merksamkeit und Fürsorge zuteil. Wenn
hierbei zwischen Hochseefischerei einerseits und
Küsten-- und Binnenfischerei andererseits unter-
schieden wird, weil die Förderung der ersteren
hauptsächlich dem Reiche überlassen ist, so ist
das nicht so zu verstehen, als ob hierin eine
genaue sachliche und ziffernmäßige Scheidung
stattfände; eine solche ist, da die Interessen
der Hochsee= und Küstenfischerei ineinander
übergeben, nicht möglich, vielmehr stellt sich
das Verhältnis im allgemeinen so, daß die
unmittelbare Förderung der Ausübung der
Seefischerei, so z. B. die Fürsorge für die
Interessen der Fischereigesellschaften an der
Aordsee und für die Leistungsfähigkeit und
Schulung der Segelfischerei auf hoher See, dem
Reiche obliegt. Es gehört hierher auch die
reichliche Unterstützung des Deutschen See-
fischervereins und seiner Bestrebungen, unter
denen die an zahlreichen Orten der Seeküste
veranstalteten Unterrichtskurse in den für den
Fischerberuf wichtigen Fächern, die Sorge
für die Seetüchtigkeit der Fahrzeuge, die
Förderung der mit der Seefischerei zusammen-
hängenden Industriezweige und der Fischer-
versicherungskassen eine besondere Anerkennung
verdienen. Andererseits kommen der See-
fischerei auch preußische, zum Teil mit erheb-
lichen Kosten hergestellte und unterhaltene Ein-
richtungen zugute, die an und für sich meistens
zunächst im Interesse der Küstenfischerei ge-
troffen sind. So die Anlage und Unterhal-
tung der Fischereihäfen, die Offenhaltung der
Hafeneinfahrten, die Seezeichen und Sturm-
signalstationen. Es kommen hier weiter in
Fischerei.
Betracht die staatlichen Ausgaben für die
Fischereiaufsicht (s. d.) im Küstengebiete, die aus
preuß. Al#tteln gewährten Zuschüsse an den
Seefischereiverein und die Ausgaben für die
wissenschaftlichen Stationen auf Helgoland und
in Kiel, deren auf Erforschung der Nordmeere
und deren Lebewesen gerichtete Arbeiten wesent-
lich der Seefischerei dienen. Bei den staatlichen
Veranstaltungen zur Förderung der Binnen-
fischerei ist zunächst die gesetzliche Neuordnung
des gesamten Fischereiwesens hervorzuheben
(s. Fischereigesetz und Fischereiverord-
nungen). Die staatliche Förderung beschränkt
sich aber nicht hierauf. Schon in den 70er Jah-
ren des vergangenen Jahrhunderts machte sich
die Uberzeugung geltend, daß es nicht genüge,
ein hinreichendes Aufsichtspersonal zur Ver-
fügung zu stellen, daß vielmehr auf die Hebung
des Verständnisses für F. und Fischzucht in
weiteren Kreisen durch Aufwendung staatlicher
Miittel hingewirkt werden müsse. Man begann
zu wissenschaftlichen Untersuchungen, Versuchen
mit hünstlicher Fischzucht, Aussetzung von Fisch-
brut, zur Anlage von Fischpässen und Schon-
revieren an Fischereivereine und Genossen-
schaften oder an Gemeinden Beihilfen zu ge-
währen, um die Erhaltung und Vermehrung
des Fischbestandes zu sichern. Denn während
es bei der Hochsee= und im wesentlichen auch
noch bei der Küstenfischerei hauptsächlich
darauf ankommt, den Gewässern einen Teil
ihres vorhandenen Fischbestandes abzuringen,
besteht in der Binnenfischerei überwiegend die
Aufgabe darin, Fischbestände neu zu erzielen,
vorhandene zu heben und den Edelfischarten
eine größere Verbreitung zu verschaffen. Unter
diesem Gesichtspunkte werden alljährlich Staats-
mittel in steigendem Maße zur Verfügung ge-
stellt. Die Verwendungszwecke dieser Miittel
sind: Verbesserung der Fahrzeuge, Fanggeräte
und Räuchermethoden, Ankauf und Verteilung
von Fischeiern und Aussetzung von Fischbrut,
Unterstützung der Fischereivereine, Bau und
Unterhaltung von Fischwegen, Beihilfen zur
Errichtung und zum Betrieb von Fischzucht-
anstalten, namentlich solchen, die von Ver-
einen und öffentlichen VBerbänden unterhalten
werden, Entschädigungen bei Anlage von
Schonrevieren und bei Aufhebung nach-
teiliger Fischereiberechtigungen, Förderung der
fischereiwissenschaftlichen Forschungen, beson-
ders auf dem Gebiete der Ernährung der
Fische, der Fischkrankheiten und der Fluß-
verunreinigungen. Aeuerdings ist auch für
die Binnenfischerei eine wissenschaftliche Ver-
suchsanstalt am Müggelsee bei Berlin in Aus-
sicht genommen. Abgesehen von den Aus-
gaben für die Fischereiaufsicht werden die
Staatsmittel überwiegend im Interesse der
Binnenfischerei verwandt, was sich aus der
oben dargelegten Beteiligung des Reiches bei
Förderung der Seefischerei erklärt. Ungeachtet
dieser umfangreichen staatlichen Fürsorge ist
ein Rüchgang der Flußfischerei nicht zu ver-
kennen; das ist eine unvermeidliche Folge der
vielfachen kulturellen M#aßnahmen, der Stau-
werke, Ent= und Bewässerungen, Flußregu-
lierungen, vor allem aber der Anlage gewerb-
licher Betriebe. Je mehr die Flüsse durch das