Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Forstdienst (staatlicher). 
gesammelt sind, oder sich nicht auf umschlosse- 
nen Ablagen befinden, an anderen noch nicht 
geworbenen oder eingesammelten Walderzeug- 
nissen. Die Tat bleibt unter obigen Voraus- 
setzungen auch dann Forstdiebstahl, wenn die 
im 8 243 StGB. Ziff. 2, 5 u. 6 aufgeführten 
Merkmale eines schweren Diebstahls vorliegen. 
Andererseits ist sie ohne Rücksicht auf geringen 
Wert des entwendeten Holzes als gemeiner 
Diebstahl zu bestrafen, wenn das Holz schon 
eworben war. Unbefugtes Sammeln von 
eeren, Kräutern, Pilzen dagegen kann nicht 
als Forstdiebstahl angesehen, sondern nur aus 
forstpolizeilichen Gesichtspunkten bestraft wer— 
den. Die Geldstrafe des Forstdiebstahls 
steht zu dem Werte des entwendeten Gegen— 
standes in einem gesetzlich bestimmten Ver— 
hältnis. Sie beträgt bei einfachen Forstdieb— 
stählen (6 2) das 5fache, bei Vorhandensein 
erschwerender Umstände (§ 3) oder beim ersten 
und zweiten Rüchkfall (§ 7) das 10fache des 
Wertes. Aeben der Strafe wird die Ver- 
pflichtung zum Ersatz des Wertes des Ent- 
wendeten an den Bestohlenen ausgesprochen 
(§9). Diesem fließen auch die eingezogenen 
Geldstrafen zu (§ 34), ausschließlich der Zusatz- 
geldstrafe (§ 8) (s. auch Forstarbeiten!j. 
III. Aeben der Geldstrafe kennt das F. Zu- 
satzstrafen in Form von Gefängnis (88 6, 8) 
oder in Form einer Geldbuße (8 8). Eine 
solche Gefängnisstrafe bis zu 6 Monaten kann 
eintreten, wenn der Forstdiebstahl von drei 
oder mehr Personen gemeinschaftlich, oder 
wenn er zum Zweckhe der Veräußerung be- 
gangen ist, wenn die Hehlerei gewerbs= oder 
gewohnheitsmäßig betrieben wird. Die Zusatz- 
strafe muß eintreten wegen des dritten Rüchk- 
falls, und zwar im allgemeinen Gefängnis bis 
zu 2 Jahren. Bei einer Geldstrafe unter 10 Ml. 
kann statt Gefängnis eine Zusatzgeldstrafe von 
3—100 M. verhängt werden. Versuch des 
Forstdiebstahls und Teilnahme an dem Forst- 
diebstahl oder an dem Versuche unterliegen 
der vollen Strafe des Forstdiebstahls auch 
dann, wenn es sich nur um eine Ubertretung 
handelt. Im Falle des Unvermögens des 
Verurteilten tritt an Stelle der Geldstrafe 
Gefängnis oder nach dem Ermessen des Rich- 
ters Strafarbeit, niemals Haft (88 13, 14). 
IV. Weitere Besonderheiten des F. sind 
die Haftbarkeit der Eltern und Aufsichtsper- 
sonen bei Unvermögen der Verurteilten oder 
Strafunmündigkeit der Täter für Geldstrafen, 
Wertsersatz und Kosten unabhäng von etwaigen 
Strafen des § 361 Ziff. 9 StebB. (58 11, 12), 
die Einziehung der zur Begehung eines Forst- 
diebstahls geeigneten Werkzeuge, welche der 
Täter bei der Zuwiderhandlung bei sich ge- 
führt hat, ohne BRücksicht auf deren Eigen- 
tümer (8 15), die nach Art. 89 EGBB. un- 
berührt gebliebene Befugnis zur Pfändung 
der zur Begehung des Forstdiebstahls geeig= h 
neten Werkzeuge, welche der betroffene oder 
verfolgte Täter mit sich führt (8 16), die Ver- 
jährungsfrist der Strafverfolgung (8 18) gegen- 
über den Bestimmungen des § 67 StGB., die 
zugunsten der Ortsarmenkasse erfolgende Ein- 
ziehung von frisch gefälltem, nicht forstmäßig 
zugerichtetem Holz, welches in dem Gewahr- 
  
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sam eines innerhalb der letzten 2 Jahre wegen 
Forstdiebsstahls rechtskräftig Verurteilten ge- 
funden wird, ohne daß dieser den redlichen 
Erwerb nachweisen kann (8 17), schließlich das 
esamte Verfahren in Forstdiebstahlssachen 
& 19—306). 
V. Dem Verfahren liegt das monatliche, vom 
Forsschutbeammen zu führende Verzeichnis über 
uwiderhandlungen gegen das F. (die Forststraf- 
liste) zugrunde. Der Forstamtsanwalt (s. Forst- 
beamte VI) erhebt unter HUberreichung der 
ausgefüllten Forststraflisten öffentliche Anklage 
durch Antrag auf richterliche Strafbefehle. Die 
von dem Amtsrichter erlassenen Strafbefehle 
werden vollstreckbar, wenn der Beschuldigte 
nicht in einem ihm bezeichneten Termine vor 
dem Amtsrichter Einspruch erhebt. In diesem 
Termin findet zugleich die Hauptverhandlung 
durch den Amtsrichter ohne Zuziehung von 
Schöffen bezüglich derjenigen Fälle statt, in 
denen Einspruch erhoben ist. Hiervon ab- 
weichend ist das Verfahren in den schweren 
Fällen der §8 6, 8 des F. Hier vertritt nicht der 
Forstamtsanwalt, sondern der Amtsanwalt 
die Anklage vor dem Schäöffengericht unter 
Vorlage einer mit dem Auszuge aus der Forst- 
liste belegten Anklageschrift. 
Forstdienst (staatlicher). Unter F. versteht 
man den Inbegriff der den Forstbeamten ob- 
liegenden Pflichten und deren Erfüllung. Je 
nachdem es sich hierbei um die Forsten des 
Staates, von Gemeinden oder Privatpersonen 
handelt, spricht man von Staats-, Gemeinde- 
oder Privatforstdienst. 
I. Für die Ausbildung der staatlichen 
Forstverwaltungsbeamten sind die Be- 
stimmungen über Vorbereitung für den kgl. 
Forstverwaltungsdienst vom 25. Jan. 1903 
(MBl. 41) maßgebend, dazu die Abänderungs- 
vorschriften vom 17. Mai 1904 (MBl. 146), 
6. Dez. 1904 (AVBlI. 1905, 16), 10. Nov. 1905 
(Ml. f. d. landw. Verwaltung 1906, 6) und 
4. Dez. 1905 (das. 8). Im Anschluß hieran 
regeln die Bestimmungen für die kgl. Forst- 
akademien zu Eberswalde und Münden vom 
14. März 1903 (Danckelmann, Jahrb. 35, 151) 
den Unterricht an den Forstakademien (s. d.). 
Die Zulassung zur Forstverwaltungslauf- 
bahn erfolgt durch den M'L. auf Grund 
eines von dem Oberforstmeister derjenigen 
Regierung vorgelegten, von den erforder- 
lichen Zeugnissen begleiteten Aufnahmean= 
trages, in deren Bezirk der Anwärter die 
vorgeschriebene einjährige praktische Lehr- 
zeit durchzumachen wünscht. Der Anwärter 
muß das Zeugnis der Beife auf einem deut- 
schen GEymnasium oder Realgymnasium oder 
auf einer preußischen oder einer dieser gleich- 
stehenden deutschen Oberrealschule mit einem 
genügenden Urteil in der Mathematik erlangt 
und darf das 22. Lebensjahr nicht überschritten 
aben. Bei völliger körperlicher Gesundheit 
muß er ein scharfes Auge mit deutlichem Unter- 
scheidungsvermögen für sämtliche Farben, gutes 
Gehör und fehlerfreie Sprache besitzen und 
nach seiner Körperbeschaffenheit die Erwartung 
rechtfertigen, daß er zum Militärdienst taug- 
lich sein wird. Dem zweijährigen Studium 
auf der Forstakademie muß eine einjährige
	        
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