Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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praktische Vorbereitungszeit in einer von dem 
betreffenden Oberforstmeister bezeichneten Ober— 
försterei vorangehen. Der vorgeschriebene 
Unterricht an den Forstakademien umfaßt an 
Hilfswissenschaften, welche mit besonderer Rüchk- 
sicht auf die Forstwirtschaft vorgetragen wer- 
den: anorganische und organische Chemie, 
Bodenkunde, Mineralogie und Geologie, 
Meteorologie und Klimalehre, Botanik, Zoo- 
logie, Rechtskunde und Geodäsie, an forstlichen 
Gebieten: Waldbau, Forstschutz, Forsteinrich- 
tung und Holzmeßkunde, Waldwertrechnung 
und forstliche Statik, Forstgeschichte, Forstver- 
waltungslehre und Forststatistik, Forstpolitik, 
Waldwegebaukunde und Jagdkunde. Außer- 
dem werden zur freiwilligen Benutzung der Stu- 
dierenden noch Mathematik, Physik, Mechanik, 
Nationalökonomie und Finanzwissenschaften, 
Landwirtschaftslehre und Heilkunde bei Un- 
glücksfällen vorgetragen. Nach Beendigung 
des Studiums auf den Forstakademien wird 
die erste forstliche Prüfung durch eine vom 
Minister berufene Kommission unter dem Vor- 
sitz eines Ministerialktommissars in Berlin und 
in einem Berlin benachbarten Walde abge- 
halten. Sie ist eine schriftliche und eine münd- 
liche, erstrecht sich auf die Mehrzahl der 
vorgeschriebenen Unterrichtsfächer an der Forst- 
akademie und soll hauptsächlich das theore- 
tische Wissen feststellen. ANach bestandener 
Prüfung erfolgt die Ernennung zum Forst- 
referendar durch den MAinister. Der JForst- 
referendar hat während zweier zusammen- 
hängender Semester auf deutschen Universi- 
täten Staatsrecht, allgemeine Wirtschaftslehre, 
Wirtschaftspolitik und Finanzwissenschaften zu 
hören und vor seiner Meldung zur zweiten 
forstlichen Prüfung zwei Jahre in lehrreichen 
Forsten durch Teilnahme an allen Waldge- 
schäften sich die erforderlichen praktischen 
Kenntnisse für seinen späteren Beruf anzu- 
eignen. Außerdem muß vor Ableistung der 
zweiten forstlichen Prüfung der Miilitärpflicht 
genügt sein. Die zweite forstliche Prüfung 
findet ebenfalls in Berlin, und zwar vor der 
vom Minister bestellten „Forstoberexamina- 
tionskommission“" statt. Sie soll vornehmlich 
die praktische Wirtschafts= und Verwaltungs- 
tüchtigkeit erforschen. Aach bestandener zweiten. 
Prüfung wird der Forstreferendar vom Minister 
zum Forstassessor ernannt. Bis zu ihrer An- 
stellung als Oberförster werden die Forst- 
assessoren, soweit sich Gelegenheit bietet, bei 
der Staatsforstverwaltung gegen Entschädi- 
gung beschäftigt. Durch die Vf. vom 17. Mai 
1904 hat die Stellung der älteren Forst- 
assessoren gegenüber den §§ 31 u. 33 der Be- 
stimmungen vom 25. Jan. 1903 eine Ver- 
änderung erfahren. Die Forstassessoren werden 
zunächst außeretatsmäßig auf Widerruf ange- 
stellt, erhalten bei Beschäftigung in der Staats- 
forstverwaltung Tagesdiäten und können, so- 
fern sie sich für den Staatsdienst als nicht 
geeignet erweisen, durch Verfügung des 
Ministers entlassen werden. Nach Vollendung 
einer sechsjährigen Staatsdienstzeit seit Ab- 
legung der Forstassessorenprüfung — unter 
Berücksichtigung der Vordatierung wegen Er- 
füllung der aktiven Militärdienstzeit gemäß 
  
Forstdienst (staatlicher). 
Erl. vom 14. Dez. 1891 (Ml. 1892, 80) — 
kann der Minister die Unwiderruflichkeit aus- 
sprechen. Diese Erklärung schließt die dauernde 
Beschäftigung gegen fixierte Remuneration im 
Sinne des § 3 des Umzugskostengesetzes vom 
24. Febr. 1877 (GS. 15) in sich. Die Forst- 
assessoren erlangen hierdurch Pensionsberechti- 
gung einschließlich des Anspruchs ihrer Hinter- 
bliebenen auf Witwen= und Waisengeld, sowie 
das Recht auf den Bezug der gesetzlichen Um- 
zugskosten. Aus dem Staatsdienst können 
sie dann nur noch im Wege des ordentlichen 
Disziplinarverfahrens entlassen werden. Zur 
Entlassung der Mitglieder des reitenden Feld- 
jägerkorps aus der forstlichen Laufbahn — 
bzw. der Feldjägerlaufbahn — ist die Mit- 
wirkung der Miilitärbehörde erforderlich (s. 
Feldjäger). Eine weitere Veränderung der 
Stellung der Forstassessoren brachte der Etat 
des Jahres 1906. Durch ihn wurden 122 
neue Oberförsterstellen geschaffen, die der Mini- 
ster mit densenigen im unmittelbaren oder 
mittelbaren Staatsdienst beschäftigten Forst- 
assessoren besetzen kann, die eine 8- bzw. bei 
abgeleisteter militärischer Dienstpflicht 7jährige 
Assessorendienstzeit zurüchgelegt haben. Eine 
derartige Ernennung zum Oberförster gewährt 
Anspruch auf das Anfangsgehalt der Ober- 
förster von 2700 Ml., auf den gesetzlichen 
Wohnungsgeldzuschuß und auf freies Feue- 
rungsmaterial, dessen Höhe von der KRKgl. 
Regierung festgesetzt wird, und verschafft im 
übrigen die Rechtsstellung des etatsmäßigen 
Staatsbeamten. Ein Revier ist mit einer 
solchen Oberförsterstelle jedoch nicht verbunden. 
. Für die Ausbildung, Prüfung und 
Anstellung für den staatlichen Forstschutz- 
dienst gelten in der Hauptsache die Bestim- 
mungen über Prüfung und Anstellung im 
k#gl. Forstschutzdienst vom 1. Okt. 1905 (Mhl. 
f. d. landw. Verwaltung 1906, 78). Die Er- 
füllung dieser Bestimmungen gewährt einen 
Anspruch auf Anstellung im Forstschutz- 
dienste des Staates, der Hofkammer der Kgl. 
Familiengüter, deren Beamte den Staats- 
beamten gleichstehen, und bei denjenigen Vorst- 
beamtenstellen der Gemeinden und öffentlichen 
Anstalten mit mindestens 750 Ml. Gesamt- 
jahreseinkommen, welche eine höhere Ausbil- 
dung als diejenige eines kgl. Försters nicht er- 
fordern. Es genügt die Schulbildung. einer 
guten Volksschule. Bezüglich der Körper- 
beschaffenheit werden etwa dieselben Anforde- 
rungen wie bei den Anwärtern für den Forst- 
verwaltungsdienst (s. unter 1) gestellt. Wenn 
von der verhältnismäßig geringen Anzahl der 
in den Forstschulen zu Groß-Schönebech und 
Proskau unterrichteten Forstlehrlinge abgesehen. 
wird, so lag die Unterweisung der Lehrlinge 
während ihrer mindestens zweijährigen prak- 
tischen Forstlehre bisher in der Hand der 
Revierverwalter. Vom 1. Okt. 1905 ab 
ist, wie AlfLÖ Vf. vom 24. Juni 1904 (Danchel- 
mann, Jahrb. 36, 227) und der Etat der Forst- 
verwaltung für das Jahr 1905 näher aus- 
führen, eine Anderung der Ausbildung der 
Forstlehrlinge insoweit eingetreten, als unter 
Beibehaltung einer praktischen Lehrzeit von 
mindestens einjähriger Dauer in einer kgl.
	        
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