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unfähige ev. Kirchengemeinden, welche zur
Aufbringung der Grundgehälter, Alterszulage—
kassenbeiträge und Zuschüsse für die beim In—
krafttreten dieses Gesetzes bestehenden, bei der
Alterszulagekasse versicherten Pfarrstellen Um—
lagen ausschreiben müssen, ist eine Summe
von 6508903 M. jährlich aus Staatsmitteln
bereit gestellt. Der Anteil an dieser Summe
ist bestimmt: I. für die ev. Landeskirche
der älteren Provinzen auf 4277237 M., II. für
die ev.-luth. Kirche der Prov. Hannover auf
610979 M., III. für die ev.-luth. Kirche der
Prov. Schleswig-Holstein auf 188 880 Ml.,
IV. für die ev. Kirchengemeinschaften des Kon-
sistorialbezirktes Kassel auf 664513 M., V. für
die ev. Kirche des Konsistorialbezirks Wies-
baden auf 367 189 Ml., VI. für die ev.-reform.
Kirche der Prov. Hannover auf 100105 M.
Der Anteil der vorbezeichneten Landeskirchen
an der durch die Verteilung unter I—VI nicht
gedechkten Summe von 300000 M. wird in
festen Beträgen von dem FM. und dem
Mdg A. bestimmt. Der nach den vorstehenden
Bestimmungen auf die ev. Landeskirche der
älteren Provinzen entfallende Betrag wird
durch eine von dem FM. und dem Modg .
nach Benehmen mit dem Env. Oberkirchenrat
festzusetzende Matrikel auf die einzelnen Kon-
sistorialbezirte verteilt. Desgleichen wird der
auf die ev.-luth. Kirche der Prov. Hannover
entfallende Betrag auf die einzelnen Kon-
sistorialbezirte durch eine von dem FM. und
dem Mdy# A. festzusetzende Matrikel verteilt,
wobei der Mdg A. die Kirchenbehörden der
ev.-luth. Kirche der Prov. Hannover anhört.
Eine Revision der hiernach festzustellenden
Matrikeln kann von denselben Ministern
nach Anhörung des Ev. Obertirchenrats bzw.
der Kirchenbehörden der ev.-luth. Kirche der
Prov. Hannover vorgenommen werden. Die
jährlichen Ersparnisse an den hiernach auf
die einzelnen Landeskirchen entfallenden Be-
trägen werden behufs Verwendung zu gleichen
Zwecken in den betreffenden Landeskirchen in
das nächste Jahr ohne Anrechnung auf die
für die betreffende Landeskirche entfallende
Jahresquote übertragen. Dabei verbleiben
die jährlichen Ersparnisse an den innerhalb
der Landeskirchen zu 1 u. II verteilten Be-
trägen densenigen Konsistorialbezirten, in
denen die Ersparnisse eingetreten sind. Dem
JFM.und dem AUdg A. ist alljährlich eine
Nachweisung über die Verwendung der Teil-
beträge und der Ersparnisse vorzulegen (Staats-
geses vom 1. Juli 1898 Art. 3). Uber die
ewilligung, die Versagung, den Widerruf
und die Kürzung von Beihilfen beschließt
die in den Kirch G. hierzu berufene Kirchen-
behörde auf Grund eingehender Prüfung der
Leistungsfähigkeit der Gemeinden. Bei dieser
Prüfung sind neben der Steuerkraft auch die
vorhandene Belastung zu öffentlichen Zwecken
und die gesamte wirtschaftliche und kirchliche
Lage der Gemeinde zu berüchsichtigen (Staats-
gesetz Art. 4). Behufs Gewährung von Beihilfen
für neu zu errichtende Pfarrstellen an leistungs-
unfähige ev. Kirchengemeinden, welche zur
Aufbringung der Grundgehälter, Alterszulage-
kassenbeiträge und Zuschüsse Umlagen aus-
Geistliche (Emeritierung).
schreiben müssen, wird ein Betrag von
600000 M. jährlich aus Staatsmitteln bereit
gestellt. Die Bewilligung der Beihilfen hat
zur Voraussetzung, daß die Kirchenbehörde
auch ihrerseits Mittel für diesen Zweck zur Ver-
fügung stellt und die Kirchengemeinde nach
Mahgabe ihrer Leistungsfähigkeit zu den Lasten
der Aeugründung beiträgt. Die Bewilligung
erfolgt durch den FM. und den Mdg A. Die
jährlichen Ersparnisse an dem nach vorstehendem
bereit gestellten Betrage fließen in die allge-
meinen Staatsfonds zurück (Staatsgesetz Art. 5).
B. Einfacher sind die Verhältnisse für
die kath. Pfarrgeistlichen gestaltet. Auch
hier war das System der Alterszulagen, wie
erwähnt, bereits durch staatliche Zuschüsse vor-
bereitet. Das Staatsgesetz vom 2. Juli 1898
(G. 260) setzt das Stelleneinkommen überall
auf 1500 M. fest. Unter besonders schwie-
rigen Verhältnissen kann es auf 2100 Ml. ge-
steigert werden. Die Erhöhung tritt mit je
fünf Jahren auf 1900, 2300, 2600, 2900, 3200 M.
ein. Die Pfarrgemeinde ist zur Zahlung ver-
pflichtet. An leistungsunfähige Pfarrgemeinden
werden Beihilfen aus einem staatlicherseits ge-
währten Fonds (3438 400 Ml.) gewährt (Art. 1
a. a. O.). Für neu errichtete Pfarrstellen ist
leicherweise ein Staatsfonds bereit gestellt
200000 M.). Die Anordnungen der bischöflichen
Behörde über eine Ortszulage und über die Be-
willigung, Versagung, Widerruf und Kündi-
gung von Beihilfen, sowie über die Feststel-
lung des Stelleneinkommens und die Festsetzung
der Zuschüsse der Gemeinde zu den Orts= und
Alterszulagen bedürfen der Zustimmung des
Regierungspräsidenten bzw. des Polizeipräsi-
denten von Berlin; bei erhobenem Widerspruch
oder auf Beschwerde entscheidet der Mdg .
Der ordentliche Rechtsweg ist dagegen aus-
eschlossen. Den Stelleninhabern steht der
Rechtsweg offen. Für die Beitreibung der
Zulagen ist das Verwaltungszwangsverfahren
gegeben. Das Gesetz ist auf Dom--, Militär-
und Anstaltsgemeinden nicht anwendbar. Das
Gesetz bildet die frühere Verwaltungspraxis
bezüglich der staatlichen Zulagen organisch
weiter, läßt das Pfründensystem unberührt
und vermeidet so alle auf ev. Seite mit
dem tiefen Eingriff in dasselbe verbundenen
Schwierigkeiten (s. o.).
Geistliche (Emeritierung). A. Schon das
ältere Recht hatte den wegen Alters und
Krankheit amtsunfähigen ev. Geistlichen Unter-
stützung gewährt. Dies erfuhr durch das ALr.
eine genauere Regelung und wesentliche Ver-
besserung. — „Einem Pfarrer, der sein untadel-
haft geführtes Amt wegen Alters oder Krank-
heit niederlegen muß, gebührt ein lebens-
wieriges Gnadengehalt“ (ALR. I, 11 §8 5289.
„Bei ermangelnder Vereinigung über den
Betrag und Fonds desselben, muß das Ge-
halt auf ein Drittel der sämtlichen Pfarr-
einkünfte nach einem gemäßigten Anschlage
festgesetzt und der Amtsfolger zu dessen Ent-
richtung angewiesen werden“ (§ 529 a. a. O.).
Das Unzureichende dieser Pension und die
Ungewißheit der Dauer der Pffründenab-
gabe sowie das sich aus der Teilung des
Einkommens ergebende unerquickliche Ver-