Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Geistliche (Emeritierung). 
hältnis zwischen Amtsnachfolger und Emeri— 
tus drängte auch hier die ev. Landeskirchen 
zu einer neuen Regelung. Für die alten 
rovinzen ist das KirchG6. vom 26. Jan. 
1880 (RGVBlI. 37) — abgeändert durch die 
KirchG6. vom 16. März 1892, 10. Okt. 1898, 
6. Aug. 1900, 25. März 1904 (00 VWBl. 1892, 49; 
1898, 173; 1900, 57; 1904, 7)0 — ergangen. Durch 
diese Gesetze wird die Emeritenversorgung 
unter Befreiung des Stelleninhabers als sol- 
chen aus einem der Landestkirche ge- 
hörigen und von ihren Organen ver- 
walteten Pensionsfonds bestritten. Im 
einzelnen ist zu bemerken: 
I. Anspruch auf Ruhegehalt. Jeder in 
dem Pfarramt einer Kirchengemeinde oder als 
Lehrer einer theologischen Lehranstalt der 
Landeskirche unter Bestätigung des Kirchen- 
regiments auf Lebenszeit angestellte G. erhält, 
wenn er infolge eines körperlichen Gebrechens 
oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder 
geistigen Kräfte zu der Erfüllung seiner Amts- 
pflichten dauernd unfähig und deshalb von 
der zuständigen Kirchenbehörde in den Ruhe- 
stand versetzt ½ ein lebenslängliches Ruhe- 
gehalt (Pension) aus dem Pensionsfonds der 
ev. Landeskirche (Kirch G. von 1880 § 1). Durch 
Beschluß des Ev. Oberkirchenrats kann auch 
außer dem Falle der Amtsenthebung im Dis- 
ziplinarverfahren (§ 11 Abs. 2 Kirch G., betr. 
die Dienstvergehen der Kirchenbeamten, vom 
16. Juli 1886 — fO#VBl. 81) solchen G. der 
vorbezeichneten Art, welche sich der Amtsent- 
hebung zur Vermeidung eines förmlichen Dis- 
ziplinarverfahrens freiwillig unterwerfen, 
auch wenn sie noch dienstfähig sind, ein mäßiges 
Ruhegehalt auf Zeit oder Lebensdauer be- 
willigt werden, falls Umstände vorliegen, 
welche die Abstandnahme von einem förm- 
lichen Disziplinarverfahren im keirchlichen 
Iuteress angezeigt erscheinen lassen (Kirch G. 
2 in der Fassung des Kirch S. vom 16. März 
1892). S. auch V a. E. 
II. Höhe des Ruhegehaltes. Das BRuhe- 
Kbalt beträgt, wenn die Versetzung in den 
uhestand vor vollendetem sechzehnten Dienst- 
jahre eintritt, 3%0 und steigt von da ab mit 
ledem weiter zurüchgelegten Dienstjahre um 
80 bis zum Höchstbetrage von 5% des an- 
rechnungsfähigen Diensteinkommens (Kirch G. 
§ 4 desgl.). Die Berechnung der Dienstzeit 
eines G. erfolgt nach den Bestimmungen des 
Kirchcb., betr. das Dienstalter der G., vom 
17. April 1886 (§ 5 a. a. O.; s. auch Geist- 
liche, Anstellung IV). 
III. Enadenkompetenz. Hinterläßt ein 
G., welcher Ruhegehalt bezieht, eine Witwe 
oder eheliche Machkommen, so wird dasselbe, 
falls der G. im zweiten Monat des Kalender- 
vierteljahres verstorben ist, noch für einen auf 
das Viertelfjahr folgenden Kalendermonat, 
falls der G. im dritten Monat des Ralender- 
vierteljahres verstorben ist, noch für zwei auf 
das Vierteljahr folgende Monate gezahlt 
irch G. § 8 desgl.). 
IV. Aufhören der Ruhegehaltszahlung. 
Bezieht ein Emeritus infolge anderweiter An- 
stellung in einem öffentlichen Amte ein Dienst- 
einkommen, so ruht das Recht auf Ruhegehalt, 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 
  
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soweit der Betrag des neuen Einkommens mit 
dem ARuhegehalt zusammen das zuletzt be- 
zogene Pfarreinkommen übersteigt. Der An- 
spruch auf Ruhegehalt hört auf, wenn dem 
Emeritus strafrechtlich die bürgerlichen Ehren- 
rechte aberkannt werden, oder wenn derselbe 
durch eine im Disziplinarverfahren ergangene 
rechtskräftige Entscheidung der Kirchenbehörde 
oder durch Entsagung die Rechte des geist- 
lichen Standes in der ev. Kirche verliert 
(KirchG. 8#9. 
V. Aufbringung des Ruhegehaltes. 
Die Einnahmen des Pensionsfonds der ev. 
Landeskirche bestehen, abgesehen von den ihm 
etwa zufließenden Geschenken und Vermächt- 
nissen, aus: 1. den Zuschüssen, welche ihm aus 
Staatsfonds gewährt werden, 2. den Zinsen 
und sonstigen Einkünften der bisherigen Pro- 
vinzial-Emeriten-Zuschußfonds und den Zinsen 
der sonst bei ihm anzusammelnden Kapitalien, 
3. den dauernden Pfarrbeiträgen, 4. den zeit- 
weiligen Pfründenabgaben, 5. den durch Um- 
lage aufzubringenden Leistungen der Kirchen- 
emeinden (Kirch GS. § 10). Von jedem gemäß 
1 Rechte auf Ruhegehalt gewährenden geist- 
lichen Amte ist nach Höhe des Diensteinkom- 
mens ein jährlicher Beitrag zu dem Pensions- 
fonds zu leisten. Derselbe wird, wenn das 
Einkommen unter 4000 M. beträgt, auf 10½, 
wenn es höher ist, aber unter 6000 M. bleibt, 
auf 11/2% , und bei noch höherem Einkommen 
auf 2% des durch 100 M. teilbaren Gesamt- 
betrages berechnet (Kirchcb. § 12). Vom Tage 
der Emeritierung eines G. ab hat dessen letzte 
Stelle acht Jahre lang ein Biertel ihres ge- 
samten Pfründen= oder etatsmäßigen Ein- 
kommens in einem nach Alark abgerundeten 
Betrage an den Pensionsfonds abzugeben 
(KirchG. § 14). Der Ev. Oberkirchenrat war 
ermächtigt, bei denjenigen Pfarrstellen, auf 
welche das KirchEb. vom 2. Juli 1898, betr. 
das Diensteinkommen der G. (KS#l. 61; 
s. Geistliche, Diensteinkommen Ag), An- 
wendung findet, die gesetzliche Pfründen- 
abgabe bis zur Hälfte auf weiteres außer 
Hebung zu setzen (Art. III des vom 
25. März 1904). Dies ist durch Erl. vom 
15. Juli 1904 geschehen. Die aus anderen 
Quellen nicht zu deckenden Beträge sind 
durch Umlage von den Kirchengemeinden der 
Landeskirche aufzubringen (KirchG 8# 16). — 
Der Pensionsfonds der ev. Landeskirche wird 
von dem Evp. Obertkirchenrate verwaltet. Die 
Mitwirkung des Generalsynodalvorstandes 
ist erforderlich bei Aufstellung des Etats 
und im übrigen nach Alaßgabe der Ausfüh- 
rungsinstruktion (§ 18 a. a. O.; Instr. vom 
29. Aov. 1880 — KEBl. 153 — 1 3B). Zur 
Wahrnehmung der Interessen des landeskirch- 
lichen Pensiomalond wird von dem Ev. Ober- 
kirchenrat ein Kassenanwalt bestellt. Dem 
Kassenanwalt ist von jeder Versetzung in den 
Ruhestand und — mit Ausnahme der Fälle 
der §8 10 u. 11 Kirch G., betr. die Dienst- 
vergehen der G., vom 16. Juli 1886 — von 
jeder Ruhegehaltsfestsetzung vor Ausfertigung 
der Entscheidung des Konsistoriums unter 
Mitteilung der zur Prüfung erforderlichen 
Unterlagen Kenntnis zu geben. Der Kassen- 
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