Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gemeinde (Kommunal-)ämter. 
während der vorgeschriebenen regelmäßigen 
Amtsdauer versehen worden ist), 5. die Ver- 
waltung eines anderen öffentlichen Amts (in 
Hessen-Nassau und in Hohenzollern eines un- 
mittelbaren Staatsamts), 6. ärztliche oder 
wundärztliche Praxis (in der StO. für Hessen- 
Aassau und in Hohenzoll GSem O. nicht besonders 
erwähnt), 7. sonstige besondere Verhältnisse, 
die nach dem Ermessen der Stadtverordneten- 
versammlung (in Schleswig-Holstein der städti- 
schen Kollegien) eine gültige Entschuldigung 
begründen. Wer sich ohne einen dieser Ent- 
schuldigungsgründe weigert, eine unbesoldete 
Stelle der bezeichneten Art anzunehmen oder 
die noch nicht drei Jahre lang versehene Stelle 
ferner zu versehen, sowie derjenige, der sich der 
Verwaltung solcher Stellen tatsächlich entzieht, 
kann durch Beschluß der Stadtverordneten 
auf drei bis sechs Jahre der Ausübung des 
Bürgerrechts verlustig erklärt und um ein 
Achtel bis ein Viertel stärker zu den direkten 
Gemeindeabgaben herangezogen werden. Ein 
solcher Beschluß bedarf keiner Genehmigung 
oder Bestätigung der Aussichtsbehörde. Doch 
findet gegen ihn innerhalb zwei Wochen die 
Klage im Verwaltungsstreitverfahren bei dem 
BezA. statt, die auch dem Gemeindevorstande 
zusteht (ZG. § 11). In der Prov. Hannover 
(Hann St O. 8 31) ist jeder Bürger verpflichtet, 
städtische Ehrenämter, zu denen er durch Wahl 
berufen wird, zu übernehmen. Ausgenommen 
hiervon sind kgl. Zivil= und Hofdiener, 
Militärpersonen im Dienst, Geistliche und 
Schullehrer, Arzte, Wundärzte und Apotheker, 
Bürger im Lebensalter von über 60 Jahren 
und Personen, die durch Gebrechlichkeit oder 
anhaltende Krankheit verhindert sind. Tritt 
eines dieser Verhältnisse nach der Annahme 
der Wahl ein, so kann Miederlegung des 
städtischen Amts erfolgen. Die bereits geführte 
Verwaltung eines solchen Amts ist nur bei 
den Bürgervorstehern ein Grund zur Ableh- 
nung. Die ausgetretenen Bürgervorsteher sind 
nur dann verpflichtet, eine Wiederwahl anzu- 
nehmen, wenn seit ihrem Austritt sechs bzw. 
vier Jahre (je nach dem regelmäßigen Amts- 
wechsel) verflossen sind. Bürger, welche zwölf 
Jahre nacheinander das Amt eines Bürger- 
vorstehers bekleidet haben, sind dadurch von 
der Verpflichtung zur Annahme einer ferneren 
Wahl befreit (St O. 8§ 89). Uber die Berechti- 
gung zur Ablehnung oder UNiederlegung des 
mts beschließt das Bürgervorsteherkollegium, 
das jedoch Nachteile hierfür nicht verhängen 
darf. Gegen den Beschluß findet ebenso wie 
in den anderen Provinzen die Klage im Ver- 
waltungsstreitverfahren statt. 
b) In den Landgemeinden, abgesehen von 
der Prov. Hannover (s. u.), besteht für die Ge- 
meindeglieder überall eine uneingeschränkte Ver- 
pflichtung, unbesoldete Amter in der Verwaltung 
und in der Vertretung der Gemeinde zu überneh- 
men, sowie ein angenommenes Amt mindestens 
drei Jahre lang zu versehen. Zur Ablehnung 
oder früheren Niederlegung solcher Amter berech- 
tigen folgende Entschuldigungsgründe: 1. an- 
haltende Krankheit, Geschäfte, die eine häufige 
oder lange dauernde Abwesenheit vom Wohn- 
orte mit sich bringen, 2. ein Alter von 60 Jahren 
  
597 
(in Westfalen über 60 Jahre), 3. die Verwal- 
tung eines unmittelbaren Staatsamts (in 
Westfalen eines anderen öffentlichen Amts), 
4. sonstige besondere Verhältnisse, welche nach 
dem Ermessen der Gemeindevertretung oder, 
wo eine solche nicht besteht, des Gemeindevor- 
tehers, eine gültige Entschuldigung begründen. 
er ein unbesoldetes Amt in der Verwaltung 
oder in der Vertretung der Gemeinde während 
der vorgeschriebenen regelmäßigen Amtsdauer 
versehen hat, darf die Ubernahme desselben 
oder eines gleichartigen für die nächsten drei 
Jahre ablehnen (Le##. f. d. ö. Pr. 85, für West- 
falen § 78; Kr O. f. d. Rheinprovinz § 25; LG0. 
für Schleswig-Holstein § 65, für Hessen-Aassau 
§ 36, für Hohenzollern § 36). In der Prov. 
Hannover ist die Verpflichtung der Gemeinde- 
mitglieder beschränkt auf die Annahme ihrer 
Wahl in den Gemeindeausschuß und der Amter 
des Gemeindevorstehers und Beigeordneten 
(L. für Hannover 857, Kr O. f. Hannover 833). 
— Wer sich in den Landgemeinden ohne einen 
der bezeichneten Entschuldigungsgründe weigert, 
ein ihm übertragenes Amt zu übernehmen oder 
das übernommene drei Jahre hindurch zu ver- 
sehen, sowie derjenige, der sich der Verwaltung des 
Amts tatsächlich entzieht, kann denselben Nach- 
teilen unterworfen werden, wie in den Stadt- 
gemeinden. Uber die Berechtigung der Ab- 
lehnung oder Aiederlegung einer Stelle in der 
Gemeindeverwaltung oder Gemeindevertretung 
und über die Nachteile, die gegen Gemeinde- 
glieder wegen Aichterfüllung der ihnen nach 
den Gemeindeverfassungsgesetzen obliegenden 
Pflichten zu verhängen sind, entscheidet die 
Gemeindevertretung und, wo eine solche nicht 
besteht, der Gemeindevorstand. Ihre Beschlüsse 
bedürfen Keiner Genehmigung oder Bestätigung, 
doch ist gegen sie innerhalb zwei Wochen die 
Klage bei dem KrA. zulässig. Diese steht, 
wenn der Beschluß von der Gemeindevertre- 
tung gefaßt worden ist, auch dem Gemeinde- 
vorstande, in der Prov. Westfalen auch dem 
Amtmanne zu (836. 8§ 27, 28). In Westfalen 
finden die erwähnten Vorschriften auch auf 
die Verpflichtung zur Ubernahme der Stelle 
eines gewählten Amtsverordneten (s. Amts- 
verfassung) Anwendung (KrO. 8 24). 
c) In den westfälischen Amtern und den 
rheinischen Landbürgermeistereien sind die 
Eingesessenen des Amts und der Bürger- 
meisterei zur Ubernahme des Ehrenamts des 
Amtmannes oder des Bürgermeisters ebenso 
verpflichtet und zur Vermeidung der gleichen 
Dachteile zur Ablehnung nur unter denselben 
Voraussetzungen berechtigt, wie bei den G. 
Außerdem gilt aber als genügender Ableh- 
nungsgrund auch ein Geschäftsumfang, der 
nach dem Ermessen des Kreistags die an ein 
Ehrenamt zu stellenden Ansprüche übersteigt. 
In Westfalen ist dieser Dblehnungsgrund in- 
nerhalb zwei Wochen nach der Bekanntmachung 
der Ernennung an die Beteiligten durch Klage 
bei dem Kr A. geltend zu machen (Westfkr. 
§ 8; Bhein###rO. § 25). 
d) In den Kreisen (außer in der Prov. 
Tolen besteht ebenfalls eine Verpflichtung der 
reisangehörigen zur Ubernahme unbesoldeter 
Amter in der Verwaltung und Vertretung des
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.