Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gemeindedienste — Gemeindeeinnehmer. 
streckt sich nicht auf die Vergangenheit (OVG. 
33, 148). In dem Verwaltungsstreitverfahren 
braucht der Antrag des Klägers nicht stets 
auf eine positive Feststellung gerichtet zu 
sein. Er kann auch auf die Feststellung gehen, 
daß ein Grundstück zu einem bestimmten 
Gutsbezirk nicht gehört oder nicht die Eigen- 
schaft eines Gutsbezir#s hat. Der Beklagte 
kann mittels einer Widerklage einen selb- 
ständigen Antrag stellen. Bei dem Streit 
zwischen Gemeinden oder Gutsbezirken über 
ihre Grenzen sind die Gemeinden und die 
Gutsbesitzer (Gutsherren) als Parteien zu be- 
teiligen und die Eigentümer der von dem 
Streite betroffenen Grundstücke beizuladen. 
Zandelt es sich um die Eigenschaft eines 
brts als Gemeinde oder Gutsbezirk, so muß 
ein Vertreter des öffentlichen Interesses in 
einer Parteirolle bei dem Verfahren beteiligt 
werden (vgl. O. 8. 98; 10, 92; 12, 181; 
20, 174). Der Gemeindevorsteher ist zur An- 
stellung der Klage auf Anerkennung der Ge- 
meindeeigenschaft auch dann noch befugt, wenn 
im Beschlußverfahren diese Eigenschaft verneint 
worden war (OV. 40, 151). — Für die 
Feststellung der streitigen Grenzen im Ver- 
waltungsstreitverfahren haben die Eintragun- 
gen im Grundbuch oder Grundsteuerkataster 
Rkeine entscheidende Bedeutung (O. 30, 131; 
Pr Vil. 23, 37). 
V. Uber die Erklärung von Stadtgemein- 
den zu Landgemeinden und die von Land- 
gemeinden zu Stadtgemeinden s. Städte- 
ordnungen. 
Gemeindedienste s. Aaturaldienste. 
Gemeindeeinkommensteuer darf im Gegen- 
satze zu den Realsteuern in der Regel nur in 
Form von Zuschlägen zur Staatseinkommen- 
steuer erhoben werden, und diese Zuschläge 
müssen gleichmäßig sein. Werden ausnahms- 
weise besondere G., die, wie alle besonderen 
Gemeindesteuern, durch Steuerordnung zu 
regeln sind, zugelassen, so müssen doch auch 
bei diesen die für die Staatssteuer erfolgte 
Feststellung des Einkommens und deren Tarif 
beibehalten werden; es dürfen nur die Sätze 
des Tarifs geändert werden, aber auch nur 
mit der Maßgabe, daß kleinere Einkommen 
nicht prozentual stärker als höhere belastet 
werden, und daß die Progression nicht stärker 
als bei der Staatssteuer ist. Ausnahmsweise 
können die BRessortminister die Beibehaltun 
bereits bestehender, hiervon abweichender E# 
zulassen (&KA. §§ 36, 37; AusfAnw. hierzu 
rt. 28 u. 29). Die G. kann zum Teil durch 
Aufwandsteuern ersetzt werden, welche aber die 
geringen Einkommen nicht grundsätzlich höher 
als die höheren belasten dürfen (J 23; AusfAnw. 
Art. 15). Der G. unterliegen, gleichviel, ob sie 
in Zuschlägen zur Staatssteuer oder als be- 
sondere Steuer erhoben wird, a) physische Per- 
sonen, welche in der Gemeinde ihren Wohnsitz 
haben, mit ihrem gesamten Einkommen, soweit 
es nicht nach den Bestimmungen zur Ver- 
meidung von Doppelbesteuerungen, über die 
Besteuerung der Beamten und Mlilitärpersonen 
oder endlich, weil es aus gemeindegrund- 
steuerfreiem Grundbesitz fließt, freizulassen ist 
Doppelbesteuerung, Beamte (Ge- 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 
  
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meindebesteuerungl, Militärpersonen, 
Grundsteuer, Gebäudesteuer); b) Foren- 
sen (). d. Besteuerung); c) gewisse Er- 
werbsgesellschaften und Konsumvereine sowie 
juristische Personen (s. diese Artikel); ch der 
Staatsfiskus ([. Fiskus). Befreit sind die 
Mitglieder des Kgl. und des Fürstl. Hohenzoll. 
Hauses, ferner, soweit ihr Einkommen nicht 
aus Grundbesitz oder Gewerbebetrieb fließt, 
und unter Voraussetzung der Gegenseitigkeit 
nach völkerrechtlichen Grundsätzen oder beson- 
dern völkerrechtlichen Abmachungen die Ge- 
sandten und die Bevollmächtigten anderer 
Bundesstaaten zum BR. nebst ihren Beamten 
und den nicht reichsangehörigen, in ihren und 
ihrer Beamten Diensten stehenden Personen. 
Die Gemeinde kann auch andere Reichsaus- 
länder und Angehörige anderer Bundesstaaten 
bis zur Dauer von drei Jahren freilassen oder 
geringer belasten. Steuerpflichtige physische 
wie nichtphysische Personen mit Einkommen 
von nicht mehr als 900 M. können mit Geneh- 
migung des BezA. bzw. Kr A. durch Gemeinde- 
beschluß freigelassen oder geringer belastet 
werden, wenn die Deckung des Bedarfs der Ge- 
meinde ohnehin gesichert ist, und müssen frei- 
gelassen werden, wenn sie fortlaufende Armen- 
unterstützung beziehen; über ihre Veranlagung 
zu Vormalsteuersätzen s. Fingierte Einkom- 
mensteuer (5833, 34, 38—40; AusfAnw. Art. 23 
bis 25, 30). Die Gemeindeeinkommensteuerpflicht 
beginnt und erlischt, soweit sie sich an die Staats- 
steuerpflicht anschließt, mit dieser; im übrigen 
beginnt sie mit dem Monat, der auf die Wohn- 
sitzuahme oder den Ablauf einer dreimonat- 
lichen Aufenthaltsfrist folgt, für Forensen mit 
Beginn des auf die Begründung des Forensal- 
verhältnisses folgenden Monats; jedoch ist, 
wenn die Steuerpflicht durch Aufenthalt be- 
ründet ist, die Steuer für die drei ersten 
onate des Aufenthalts nachzuentrichten. 
Die Gemeindeeinkommensteuerpflicht erlischt 
mit dem Beginn des auf das Aufhören des 
Bechtsgrundes der Steuerpflicht folgenden 
Monats, jedoch bei Aufgabe des Wohnsitzes 
oder Aufenthalts erst mit Beginn des auf 
die Anzeige hiervon folgenden Monats ( 60; 
AusfAnw. Art. 41). Wegen der formellen 
Bestimmungen vgl. den Artikel Kommunal= 
abgabengesetz ID. 
Gemeindeeinnehmer. I. Stadtgemein- 
den. Für die Verwaltung des städtischen 
Kassen= und Rechnungswesens (s. d.) ist ein 
besoldeter Beamter zu bestellen, welcher in 
den östlichen Provinzen, Westfalen, der 
Rheinprovinz und Hessen-Aassau als G., 
in Schleswig-Holstein als Stadtbassierer, 
in Hannover als Kämmerer bezeichnet wird. 
Der letztere ist nicht mit dem als Alagistrats- 
mitglied fungierenden Rämmerer zu verwechseln, 
der die Aufsicht über das ganze Rechnungs- 
wesen der Gemeinde führt und dem im Bereiche 
der St O. f. d. ö. Pr. vom 30. Mai 1853 (CS. 261) 
nach § 56 Ziff.6, in demjenigen der Hess Mass St. 
vom 4. Aug. 1897 (GS. 254) nach 8 61 Ziff. 
Abs. 4, in Städten bis zu 10000 Einw. die Ge- 
schäfte des G. nach Anhörung der Stadtver- 
ordnetenversammlung und mit Zustimmung des 
BezA. übertragen werden dürfen. Die Anstellung 
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