Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gemeindeerheber, Gemeinderechner, Gemeinderechnungsführer — Gemeindegewerbesteuer. 611 
28. April 1859 (Hann GS. 393) 8§ 23, 42 Abs. 1 
Ziff. 9; MBek. z. Hann LGO. vom 28. April 1859 
(Hann GS. 409) § 39; Sommunalbeamtengesetz 
vom 30. Juli 1899 (GS. 141) §§ 1—7, 18—20; 
36G. §§ 32 Ziff. 4, 24 Abs. 1. S. auch Ge- 
meindebeamte, Gemeindehaushalt, Ge- 
meindekassen= und Rechnungswesen 
(Landg.), Gemeinderechnungen, Ge- 
meinderechnungsbuch, Kämmerer, 
Städtisches Kassen= und Rechnungs- 
wesen. 
Gemeindeerheber, Gemeinderechner, Ge- 
meinderechnungsführer s. Gemeindeein- 
nehmer I. 
Gemeindegewerbesteuer. I. Den Gemeinden 
ist die Wahl gestellt, ob sie die Kkommunale 
Besteuerung des stehenden Gewerbebetriebes 
durch besondere, mittels Steuerordnung, welche 
der Genehmigung des Kr A. für Landgemein- 
den, des Bez A. für Stadtgemeinden (für Ber- 
lin des Oberpräsidenten) unter Zustimmung 
des Md J. und des VMl. bedarf (KAG. 88 23 
Abs. 4 u. 5, 77 Abs. 3), einzuführende Gewerbe- 
steuer oder in Prozenten der vom Staate nach 
dem GewöSto. vom 24. Juni 1891 veranlagten 
Gewerbesteuer bewirken wollen. Jedoch dürfen 
die besonderen Gewerbesteuern sich nur auf 
die nach dem GewStG. bzw. § 28 KUW#. 
steuerpflichtigen Betriebe (vgl.“ Gewerbe- 
steuer) erstrecken, insbeson dere also nicht auf 
die wegen eines Ertrages von weniger als 
1500 Ml. und eines Anlage-= und Betriebs- 
kapitals von weniger als 3000 Ml. nach dem 
Gew St G. steuerfreien Betriebe, nicht auf das 
Hausiergewerbe, die Staats= und eisenbahn- 
abgabepflichtigen Privateisenbahnen usw. Da- 
gegen können sie sich auf gewisse Arten von 
Gewerbebetrieben oder auf Gewerbebetriebe 
mit einer bestimmten Höhe des Ertrages, des 
Anlage= und Betriebskapitals oder eines sonst- 
wie, z. B. nach der Arbeiterzahl, bestimmten 
Umfanges beschränken, sofern in der Steuer- 
ordnung zum Ausdruck gelangt, daß die 
übrigen nach dem GewöStö. bzw. 8 28 KAG. 
steuerpflichtigen Betriebe in Prozenten der 
staatlich veranlagten Gewerbesteuer heran- 
gezogen werden (OV#. 34, 53; 39, 72; 
40, 72). Im übrigen haben sowohl der 
Gesetzgeber dadurch, dag im 8. sowie in 
dessen Materialien an erster Stelle auf die 
besondere Gewerbesteuer verwiesen wird, wie 
auch der Md J. und der FM. in wiederholten 
Rund= und Einzelerlassen und im Landtage 
darauf aufmerksam gemacht, daß die Gewerbe- 
steuer in der Gestalt des G. vom 24. Juni 1891 
in größern oder gewerbreicheren Gemeinden 
im allgemeinen nicht als Grundlage der Ge- 
meindebesteuerung des stehenden Gewerbes ge- 
eignet sei. Denn die nach dem Ertrage des 
letzten Jahrs bemessene Gewerbesteuer unter- 
liegt mit diesem Ertrage von Jahr zu Jahr noch 
größeren Schwankungen, wie die größtenteils 
nach dem dreijährigen Durchschnitt bemessene 
Einkommensteuer, während gerade die Beal-= 
steuern das stabilere Element im Gemeinde- 
steuersyostem gegenüber dem schwankenden der 
inkommensteuerzuschläge darstellen sollen. 
odann nimmt das Gewötb. keine Büchsicht 
auf den die Gemeindebesteuerung beherrschen- 
  
den Grundsatz von Leistung und Gegenleistung 
(ogl. den Artinel Kommunalabgaben- 
gesetz), der es erfordert, daß die Gewerbe- 
betriebe, je nachdem sie vermöge Art und Um- 
sang größere oder geringere Vorteile von den 
eranstaltungen der Gemeinde haben oder ihr 
Kosten verursachen, steuerlich verschieden be- 
handelt werden. Endlich steht die einheitliche 
Besteuerung aller in derselben Hand befind- 
lichen Betriebe und die Bildung von Steuer- 
kllassen, welche über den Bereich einer Ge- 
meinde hinausgehen, mit einer den örtlichen 
Verhältnissen anzupassenden Besteuerung nicht 
im Einklang. — Das KW. (6 29) nennt als 
Maßstäbe für besondere G. den Ertrag des 
letzten Jahrs oder einer Reihe von Jahren, 
das Anlage= oder das Anlage= und Betriebs- 
kapital, sonstige Merkmale für den Umfang 
des Betriebes oder eine Verbindung mehrerer 
dieser Maßstäbe. 
II. Die Ressortminister haben den Gemeinden 
drei Muster von Gewerbesteuerordnungen an 
die Hand gegeben: I. Das Muster vom 27. Nov. 
1894 hält an der Veranlagung des GewöStö. 
fest und sieht nur für solche Gewerbearten, die 
in besonderem Maße von den Gemeindever- 
anstaltungen Vorteil haben oder der Gemeinde 
Kosten verursachen, Erhöhungen der nach dem 
Gewöt. veranlagten Steuersätze vor. Vach 
dem Maße der Erhöhung werden drei Grup- 
pen von Gewerbearten unterschieden: a) in 
der ersten, mit der geringsten Steuererhö- 
hung, werden aufgeführt 1. Bierbrauereien, 
2. Branntweinbrennereien, 3. Eisenbahnen — 
soweit sie gewerbesteuerpflichtig sind, also be- 
sonders Klein= und Privatanschlußbahnen —, 
4. Fuhrwerks= und Speditionsbetriebe, 5. Gas- 
anstalten, 6. größere Gast= und Schankbwirt- 
schaftsbetriebe, 7. Mahlmühlen mit Ausschluß 
der Windmühlen, 8. Reederei= und Schiffahrts- 
betriebe, 9. Sägewerke, 10. Speichereibetriebe, 
11. nicht mehr als 10 Arbeiter beschäftigende 
Stärkefabriken, 12. andere mehr als 10, aber 
nicht mehr als 100 Arbeiter beschäftigende 
fabrikmäßige Betriebe; b) in der zweiten 
1. die unter I 1—11 bezeichneten Betriebe, 
wenn sie mehr als 10, aber nicht mehr als 
100 Arbeiter beschäftigen, 2. Bergwerke, Sa- 
linen, Aufbereitungsanstalten, Gruben, Brüche, 
Kalk- und Gipsbrennereien, Zementfabriken, 
Werften, Bauhöfe, Bauunternehmungen, Zie- 
eleien und Zuchkerfabriken, sofern in diesen 
etrieben nicht mehr als 100 Arbeiter beschäf- 
tigt werden, 3. andere fabrikmäßige Betriebe, 
die mehr als 100, aber nicht mehr als 500 Ar- 
beiter beschäftigen; c) in der dritten Gruppe 
1. die unter 1 1—11 und 1 12 bezeichneten Be- 
triebe, welche mehr als 100 und 2. andere 
fabrikmäßige Betriebe, welche mehr als 500 Ar- 
beiter beschäftigen. II. Mit Runderlaß vom 
21. Juni 1897 (MBl. 150) sind zwei Muster 
mit einer ausführlichen Denkschrift den Ge- 
meinden mitgeteilt worden. A. Das erste der- 
selben beruht auf einer Kombination von 
Ertrag, Anlage= und Betriebskapital und 
äußern Merkmalen als Steuermaßstab. Zu- 
grunde Flegt wird die Veranlagung nach dem 
GewtS., jedoch unter Erhöhung der Steuer- 
sätze in den Gewerbesteuerklassen I und II z. B. 
39°“
	        
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