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treten zu lassen (§ 53). Das Teilnahmerecht
der Gemeindeangehörigen kann durch Her-
kommen bestimmt sein (OV. 42, 139) und
auch durch Bildung eines neuen Herkommens
abgeändert werden (OV. 38, 52). — Auch in
den Landgemeinden der Rheinprovinz ist
durch die Gem O. vom 23. Juli 1845 das ältere
Teilnahmerecht aufrechterhalten worden (8 17),
das dort ebenfalls meist auf Herkommen be-
ruht. Uber die Art der Autzung und die
Teilnahme hieran beschließt der Gemeinderat,
dessen Beschlüsse, soweit sie Anderungen des
bisherigen Rechtes herbeiführen sollen, der Ge-
nehmigung des Kr A. unterliegen (OV#.35, 150;
OV. vom 14. Febr. 1902 — Pr VBl. 24, 87).
uagn der Prov. Hannover besteht nach der
LöO. vom 28. April 1859 Gemeindevermögen,
bei dem das Verfügungsrecht durch BRechte der
Gemeindeglieder beschränkt ist § 60). Es fehlt
aber an weiteren Vorschriften über die
Autzungsrechte der Gemeindeangehörigen am
Gemeindevermögen. Dies erklärt sich daraus,
daß dort das Eigentum an dem gemeinschaft-
lichen Grundbesitze der alten Landgemeinde
den angesessenen Hofbesitzern zustand und nach
der dortigen Rechtsentwickhlung nicht auf die
neue politische Gemeinde übergegangen ist,
sondern jenen, die jetzt die Realgemeinde (s. d.)
bilden, als Interessentenvermögen (s. d.) verblie-
ben ist. Dieses Genossenschaftsvermögen der
Realgemeinde ist bisweilen mit Leistungen zu
Gemeindezwecken belastet ([s. Gemeinde-
vermögen II). — In den Gemeinden der
Hohenzollernschen Lande, wo das G.
Allmandgut genannt wird, sind durch die
LöO. vom 2. Juli 1900 besondere Bestim-
mungen über die Teilnahme an den Allmand-
nutzungen und den Erwerb des Allmandrechts
erlassen worden (s. Allmandgut). Die Ge-
meinden sind in den meisten Rechtsgebieten
befugt, die Teilnahme an den Gemeinde-
nutzungen von der Entrichtung eines Ein-
Raufsgeldes, anstatt oder neben einer jähr-
lichen Abgabe, abhängig zu machen (s. Ein-
Raufsgelder).
Gemeindegrenzen s. Gemeindebezirke.
Gemeindegrundsteuer. Das K2. (88 25
bis 27) läßt den Gemeinden die Wahl zwischen
der Einführung besonderer Gemeindesteuern
vom Grundbesitz und der Erhebung von Pro-
zenten der staatlich veranlagten Grund= und
Gebäudesteuer. Schon indem das &2#. die
besonderen Steuern zuerst nennt, weist es
darauf hin, daß sie vor den Prozenten der
Staatssteuern den Vorzug verdienen. Dies
ist auch in den Materialien des KA., bei
dessen Beratung und später im Landtag und
in Ministerialerlassen wiederholt betont. Denn
namentlich in rasch sich entwickelnden Gemein-
den eignen sich weder die Grund= noch die
Gebäudesteuer nach dem G. vom 21. Alai 1861
zur Grundlage der Gemeindebesteuerung des
Grundbesitzes. Zunächst schon wegen des un-
gleichen Steuermaßstabes, sodann wegen der
absoluten Unbeweglichkeit der Grundsteuer und
ihrer Basierung auf viele Jahrzehnte zurück-
liegenden Verhältnissen, die Gebäudesteuer
wegen ihrer 15jährigen Veranlagungsperioden.
Ferner führt das System des Parzellar=
Gemeindegrenzen — Gemeindegrundsteuer.
katasters zu einer Benachteiligung des grö-
dern gegenüber dem kleinern Grunddbesitz.
Vor allem aber hindert die Besteuerung nach
dem land= und forstwirtschaftlichen Ertrage eine
auch nur einigermaßen angemessene Heran-
ziehung des, zum großen Teil dank der Ent-
wichlung der Gemeinde, hochwertigen Bau-
geländes. Die Gebäudesteuer nach dem Brutto-
nutzungswert benachteiligt die einer höhern
Abnutzung unterworfenen, häufigere Miets-
ausfälle tragenden Wohngebäude für die min-
der bemittelten Klassen. Das KV6. spricht
nur von „besonderen Steuern vom Grund-
besitz“, nicht von besonderen Grund= und be-
sonderen Gebäudesteuern. Hieraus haben manche
gefolgert, daß es nur eine einheitliche Be-
steuerung des bebauten und unbebauten Grund-
besitzes zulassen wolle, indes zu Unrecht; auch
O. 33, 205 bezeichnet eine solche einheitliche
Besteuerung nur als „zulässig“., Das K2.
(§ 27) verlangt für besondere G. wie für Pro-
zente der staatlichen Steuern Umlegung „nach
gleichen Normen und Sätzen“ (wegen der
Bauplatzsteuer s. den besond. Artikel); hierin
1 nach der — bestrittenen und vom O#.
(Pr VWBl. 27, 64) reprobierten — Ansicht der
Ressortminister nur das Verbot individueller
Verschiedenheiten der Normen und Sältze ent-
halten. Als Maßstäbe besonderer G. nennt es
(§25 Abs. 2), aber nur als Beispiele, den Rein-
ertrag bzw. Autzungswert eines oder mehrerer
Jahre, den Pacht= bzw. Mietswert, den ge-
meinen Wert, die in der Gemeinde stattfinden-
den Abstufungen des Grundbesitzes (3. B. in
Vollbauern, Halbbauern, Kossäten usw.) und
Verbindungen mehrerer dieser Maßstäbe. Der
AusfAnw. zum KRV. ist das Muluster einer
Steuerordnung für eine G. nach dem Ertrage,
welcher für den gemeingewöhnlichen Gebrauch
oder die gemeingewöhnliche Autzung im Durch-
schnitt der drei letzten Jahre aufgekommen oder
durch Schätzung ermittelt ist, beigefügt. Später,
durch Erl. vom 2. Okt. 1899 (MBl. 160), ist den
Gemeinden insbesondere der gemeine Wert
als Maßstab empfohlen und das Muster einer
entsprechenden Steuerordnung mitgeteilt. Die-
ses sieht die Besteuerung aller bebauten und
unbebauten Grundstüche mit einem jährlich
festzustellenden Satze von jedem Tausend des
gemeinen Werts vor, jedoch für Gebäude
1. solcher Aktiengesellschaften, Genossenschaften
und Gesellschaften m. b. H., deren statutarischer
Zweck ausschließlich in der wohlfeilen Schaf-
fung gesunder und zwechmäßig eingerichteter
Wohnungen für unbemittelte oder minder-
bemittelte Familien in eigens erbauten oder
angekauften Häusern besteht, und deren Statut
Dividenden von mehr als 4% und bei Auf-
lösung eine Verteilung des den Nennwert der
Aktien usw. übersteigenden Vermögens an die
Aktionäre ausschließt; 2. der Arbeiter, Hand-
werker und diesen wirtschaftlich gleichzustellen-
den Personen, wenn die Gebäude zur Woh-
nung nur für sie selbst und höchstens zwei
andere Familien dieser Stände bestimmt sind,
eine Besteuerung nur mit 84 oder ½/ des ge-
meinen Werts. Diese Winderbelastungen sind je-
doch nach OV. a. a. O. nicht zulässig. Die Fest-
stellung des gemeinen Werts erfolgt alljährlich