Gemeindekassenrevisionen — Gemeindekirchenrat und Kirchengemeindevertretung. 617
führung ist nach C 8 a. a. O. durch regelmäßige
und außerordentliche Kassenrevisionen zu Ron-
trollieren. Bei Bestellung eines besonderen
Kassenbeamten sind die regelmäßigen alle drei
Monate, die außerordentlichen Revisionen
mindestens einmal im Jahre vorzunehmen.
Führt der Gemeindevorsteher die Kasse, so hat
der Landrat als Vorsitzender des KrA. die
Revision mindestens einmal im Jahre selbst
oder durch einen Beauftragten zu bewirken.
Bei allen Kassenrevisionen sind die Eintra-
gungen im Gemeinderechnungsbuche, vom
letzten Abschlusse ab, mit den Belegen zu
vergleichen, zusammenzurechnen und der Kassen-
bestand, welcher danach vorhanden sein muß,
festzustellen, auch der wirkliche Bestand nach-
zuzählen; über das Ergebnis ist ein Protokoll
aufzunehmen. Die Kassenrevisionen können mit
den Rechnungsrevisionen verbunden werden.
II. In Westfalen hat der Gemeinde-
vorsteher nach § 49 WestfLEO. vom 19. März
1856 (GS. 265) unter Mitwirkung des Amt-
manns die Einkünfte der Gemeinde zu ver-
walten, die auf dem Etat oder besonderen
Gemeinderatsbeschlüssen beruhenden Einnah-
men und Ausgaben anzuweisen und das
Rechnungs= und Kassenwesen zu überwachen.
Die von ihm vorgenommenen Verwaltungs-
akte sind auch ohne Mitwirkung des Amt-
manns rechtsgültig. Für die Rechnungs= und
Kassenführung hat die einzelne Gemeinde für
sich oder in Gemeinschaft mit anderen Gemein-
den einen Gemeindeeinnehmer anzustellen ((.
Gemeindeeinnehmer). Die Revision der
Gemeindekasse erfolgt durch den Gemeinde-
vorsteher unter Mitwirkung des Amtmanns.
. In den Landgemeinden der Rhein-
provinz erfolgt die Verwaltung der Ge-
meindekassen durch den für die Gemeinden
der Bürgermeisterei zu bestellenden Gemeinde-
erheber (s. Gemeindeeinnehmer Ih. Grund-
sätzlich bilden sämtliche Gemeinden der Bürger-
meisterei einen gemeinsamen Erhebungsbezirk.
Der letztere kann indessen durch Beschluß der
Bürgermeistereiversammlung in mehrere Er-
hebungsbezirke geteilt werden. Die Beaussich-
tigung der Kassenverwaltung erfolgt durch den
Bürgermeister, dessen Organ für die Verwal= w#
tung der Gemeindeangelegenheiten der Vor-
steher ist. Das Etats-, Kassen= und Bech-
nungewelen darf der Bürgermeister nach § 76
L. auf den Vorsteher nicht übertragen.
. Die einschlagenden Vorschriften für
Schleswig-Holstein sind dieselben wie für
die östlichen Provinzen (SchlHolst GSO. vom
4. Juli 1892 — GS. 155 — 88 88 Ab. 4
Ziff. 4, 113, 103, 120; C 6, 7, 10 AusfAnw. III
vom 25. Juli 1892).
V. In der Prov. Hannover liegt dem Vor-
steher der Landgemeinde die Verwaltung des
Gemeindevermögens und die Verteilung der
Gemeindeabgaben und Dienste ob. Da,. wo
ein besonderer Rechnungsführer angestellt ist,
hat der Korkteher dessen Dienstführung zu be-
aufsichtigen (Hann MBek. vom 28. April 1859
— Hann GS. 409 — 88 38, 39).
VI. Im Bereiche der LEO. für die Prov.
Hessen-Aassau vom 4. Aug. 1897 (GS. 301)
hat der Bürgermeister das Rechnungs= und
Kassenwesen zu beaufsichtigen und die auf dem
Voranschlage (s. Gemeindehaushalt) oder
auf Beschlüssen der Gemeindeversammlung (Ge-
meindevertretung) beruhenden Einnahmen und
Ausgaben anzuweisen (§ 59 Abs. 4 Ziff. 4).
Da, wo ein Gemeinderat besteht, ist die An-
weisung dessen Sache, doch genügt alsdann in
größeren Gemeinden die Unterschrift des Bürger-
meisters und zweier Schöffen (8 60 Abs. 2),
in dringenden Fällen ersetzt die Anweisung
des Bürgermeisters allein diejenige des Ge-
meinderats, die Dringlichkeit ist dann aber
auf der Anweisung zu vermerken und dem-
nächst die Unterschrift von zwei Schöffen nach-
zuholen (§ 61 Abs. 2). Ohne vorschriftsmäßige
Anweisung darf der Gemeinderechner für die
Gemeinde weder Einnahmen erheben noch
Ausgaben leisten. Das Rechnungs= und
Kassenwesen ist nach der von dem Regierungs-
präsidenten für die Gemeinderechner zu er-
lassenden Dienstanweisung zu verwalten, in
welcher auch gemäß § 91 Abs. 1 die von dem
Gemeinderechner zu führenden Bücher zu be-
zeichnen sind. Die regelmäßigen und außer-
ordentlichen Kassenrevisionen sind in derselben
Weise vorzunehmen, wie in dem Bereiche der
L O. vom 3. Juli 1891. In Gemeinden mit
einem Gemeinderat hat der Bürgermeister zwei
Schöffen zuzuziehen; der Landrat soll als Vor-
sitzender des Kr A. alljährlich bei mehreren
Gemeinden eine unvermutete Kassenprüfung
selbst vornehmen oder durch einen Beauftragten
vornehmen lassen (s. A III B 7 u. 8 Ausf-
Anw. II vom 30. Aov. 1897 — M.l. der Be-
gierung zu Kassel S. 285).
VII. Für Hohenzollern finden sich die im
wesentlichen gleichartigen Vorschriften unter
C 7u. 8 AusfAnw. II vom 9. Okt. 1900 (Amtl.
Ausg. der HohenzollSem O. S. 98 u. 99).
S. auch GSemeindeeinnehmer, Gemeinde-
haushalt, Gemeinderechnungen, Ge-
meinderechnungsbuch, Rechnungsjahr,
sowie hinsichtlich der Städte Städtisches
Kassen= und Rechnungswesen.
Gemeindekassenrevisionen s. Gemeinde-
kassen= und Rechnungswesen (Landg.),
Städtisches Kassen= und Rechnungs-
esen.
Gemeindekirchenrat und Kirchengemeinde-
vertretung. A. Altere Provinzen. Das
ALR. beschränkt sich auf wenige Vorschrif-
ten über die „Kirchenkollegia“: II, 11 § 156:
„Die Kollegia einzelner Kirchen bestehen aus
den Geistlichen und den ihnen zugeordneten
Vorstehern.“ § 157: „Diesen kommt die Ver-
waltung der äußeren Rechte der Kirchen-
esellschaften (d. h. Kirchengemeinden) zu.“
. 158: „Sie sind der Aufsicht der Erzpriester und
Inspektoren unterworfen.“ § 159: „In außer-
ordentlichen Fällen und Angelegenheiten
müssen von der Gemeine Bevollmächtigte und
Repräsentanten gewählt und mit der erfor-
derlichen Bollmacht versehen werden.“ Auf
breiterer Grundlage hatte, der geschichtlichen
Entwicklung in den westlichen Provinzen ent-
sprechend ((l. Evangelische Landeskirche,
die in einzelnen Punkten später abgeänderte
Kirchenordnung für die ev. Gemeinden der
Prov. Westfalen und der Rheinprovinz