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Arbeitstage zu zahlen, und zwar auch bei teil-
weiser Erwerbsunfähigkeit (s. d.) und bei Fort-
bezug des Lohnes oder Gehalts (ogl. OV#.
vom 16. Aov. 1893— Arbeiterversorgung 11,170).
Unter „Arbeitstag" kann nur ein solcher Tag
verstanden werden, an dem der Erkrankte nach
der Art seiner versicherungspflichtigen Beschäf-
tigung gearbeitet haben würde, so daß unter
dieser Voraussetzung auch der Sonn= und
Feiertag, wie bei Kellnern und Dienstboten,
unter den Begriff des Arbeitstages fällt (OVG.
vom 24. Sept. 1894 — Pr VWl. 16, 183). Die G.
kann beschließen, daß das Krankengeld all-
gemein oder unter bestimmten Voraussetzungen
schon vom Tage des Eintritts der Erwerbs-
fähigkeit ab, sowie für Sonn= und Festtage
zu zahlen ist (KVG. § 6a Abs. 1 Ziff. 4). Das
Krankengeld, das für Sonn= und Festtage ge-
währt wird, darf seiner Höhe nach nicht anders
bemessen sein, als dasfenige für Arbeitstage
(OB. 41, 343). Andererseits Kkann bestimmt
werden, daß Versicherten, welche die G. durch
eine mit dem Verlust der bürgerlichen Ehren-
rechte bedrohte strafbare Handlung geschädigt
haben, für die Dauer von zwölf Monaten seit
Begehung der Straftat, sowie daß Versicher-
ten, welche sich eine Krankheit vorsätzlich oder
durch schuldhafte Beteiligung bei Schlägereien
oder Raufhändeln, oder durch Trunkfällig-
keit zugezogen haben, für diese Krankheit das
Krankengeld gar nicht oder nur teilweise zu
gewähren ist (KVG. 8 6a Abs. 1 Ziff. 2). Eine
vorsätzlich zugezogene Krantkheit liegt nur vor,
wenn die Absicht des Erkrankten auf die
Herbeiführung der Krankheit selbst, nicht aber
auf die Herbeiführung des hörperschädigenden
Ereignisses gerichtet war. Ein Versicherter,
der in selbstmörderischer Absicht aus dem Fen-
ster springt und dabei ein Bein bricht, hat
Anspruch auf Krankengeld, während ein Ver-
sicherter, der sich lediglich aus Schönheits-
rücksichten ein krummes Bein brechen läßt,
Krankengeld nicht beanspruchen kann (O.
13, 374; 24, 327; OV. vom 11. Febr. 1892 —
(Pr BB. 13, 315 — und vom 14. Juni 1899
— Arbeiterversorgung 16, 330). Unter einer
„Schlägerei“ oder einem „Raufhandel“
ist ein in Tätlichkeiten übergegangener Streit
mehrerer Personen, eine wechselseitige, wider-
rechtliche Tätigkeit, ein feindseliges Gegen-
übertreten aus Anlaß eines Streites oder An-
griffes, also nicht jedes Ringen, insbesondere
nicht ein zur Erprobung der Kräfte unter-
nommenes, zu verstehen. Eine Schlägerei oder
ein Raufhandel liegt auch dann nicht vor, wenn
Beamten Widerstand geleistet wird und diese
zur Uberwindung desselben zu Körperverletzun-
gen schreiten (OV. vom 26. Sept. und 21. Aov.
1895 — Pr VWBl. 17 S. 225, 373). Unter Trunk-=
fälligkeit ist ein gewohnheitsmäßiges, über-
mäßiges Trinken zu verstehen. Es ist jedoch
unerheblich, ob die Krankheit die notwendige
unabwendbare Folge der Trunkfälligkeit ge-
wesen ist, und es genügt, daß die Kranhheit
tatsächlich durch Trunkfälligkeit herbeigeführt
worden ist (O#. 23, 291; 24, 332, sowie
OVE. vom 25. Sept. 1893 — Pr. 15, 124
— und vom Sept. 1895 — Pr VBl. 17, 225).
Auch wenn das Krankengeld versagt wird,
Gemeindekrankenversicherung.
sind die übrigen Leistungen zu gewähren (OV.
24, 327). Bei Krankheiten, die durch einen
Unfall in versicherungspflichtigen Betrieben,
mit Ausnahme der land= und forstwirtschaft-
lichen Betriebe, herbeigeführt sind, ist das Kran-
kengeld von der fünften Woche ab zu erhöhen.
S. Unfallversicherung l.
5. Krankenhausbehandlung zu ge-
währen ist die G. nicht verpflichtet, sie hat
wenigstens das formale Recht, im Fall einer
dringend notwendigen Krankenhauspflege den
Erkrankten an den A#. zu verweisen (O.
44, 378). Wohl aber kann sie an Stelle der
ärztlichen Fürsorge, der Lieferung von Arz-
neien und Heilmitteln und des Krankengelds
Verpflegung im Krankenhause gewähren, je-
doch ist sie hierbei an die Zustimmung der-
jenigen Personen gebunden, welche verhei-
ratet sind, oder eine eigene Haushaltung
haben, oder Mitglieder der Haushaltung ihrer
Familie sind. ei den übrigen Versicherten
und in Fällen, wo die Art der Krankheit Anfor-
derungen an die Behandlung oder die Ver-
pflegung stellt, welchen in der Familie des
Erkrankten nicht genügt werden kann, wo die
Krantkheit eine ansteckende ist, wo der Erkrankte
wiederholt den Vorschriften über das Verhal-
ten der Kranken zuwidergehandelt hat, oder wo
dessen Zustand oder Verhalten eine fortgesetzte
Beobachtung erfordert, ist eine Zustimmung
nicht erforderlich. Hat der in einem Kranken-
hause Untergebrachte Angehörige, deren Unter-
halt er bisher aus seinem Arbeitsverdienst be-
stritten hat, so ist neben der freien Kur und
Verpflegung die Hälfte des Krankengelds für
diese Angehörigen zu zahlen. Die Zahlung
kann unmittelbar an die Angehörigen erfol-
en (&VS. 8 7). Hat die G. einmal sich für
rankenhauspflege entschieden, so muß sie
alle Leistungen gewähren, die erforderlich sind,
um den Erkrankten der Verpflegung im Kran-
kenhause teilhaft werden zu lassen. Sie hat
also den Kranken, wenn er nicht gehen Rkann,
auf ihre Kosten unter Anwendung geeigneter
Transportmittel in das Krankenhaus zu
schaffen (OVG. 22, 352; 27, 362). Verweigert
der Erkrankte die Annahme der Kranken-
hauspflege, so geht er für die Dauer der Wei-
gerung des Alnterstützungsanspruch= verlustig
(OV#. 16, 378). Die G. kann jederzeit die
Krankenhausbehandlung aufhören lassen und
zur Gewährung von Dctt, Arznei und Kran-
kengeld zurüchkehren (OV. 27, 362). Für
die Gewährung der Angehörigenunterstützung
ist nur erforderlich, daß der Erkrankte seine
Angehörigen tatsächlich aus seinem Arbeits-
verdienst unterhalten hat; der Bezugsberech-
tigte ist auch hier der Versicherte, so daß der
Anspruch auf den unterstützenden AV. übergeht
d. Krankenversicherung IX; O. 41, 345).
Hinsichtlich der Wahl des Krankenhauses gilt
dasselbe wie für die Auswahl der Arzte (&VS.
§ 6a Abs. 1 Ziff. 6). · »
6. Dauer der Krankenunterstützung.
Die längste Dauer der Krantzenunterstützung
infolge späteren Eintritts der Erwerbsunfähig-
bkeit beträgt 51 Wochen 6 Tage seit dem Be-
ginn der Krankheit und der Gewährung freier
ärztlicher Behandlung und Arznei (O#.