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deckhen sich die Vorschriften für die Stadtge-
meinden mit denjenigen für die Landgemein-
den. Anur findet eine Nachprüfung durch den
Amtsausschuß in ersteren nicht statt, und die
Abschrift des Feststellungsbeschlusses ist dem
Regierungspräsidenten einzureichen. S. vor-
stehend I; vgl. auch Gemeindehaushalt,
Gemeindekassen= und Rechnungswesen
(Landg.), Städtisches Kassen= und Rech-
nungswesen.
Gemeinderechnungsbuch. Aach § 120 Abs. 1
Los. für die sieben östlichen Provinzen vom
3. Juli 1891 (G. 233) ist über alle Einnahmen
und Ausgaben der Gemeinde ein nach Vor-
schrift angelegtes G. zu führen, in welches alle
Beträge sofort nach der Vereinnahmung und
Verausgabung einzutragen sind. In C'7 der
AusfAnw. III vom 29. Dez. 1891 (MBl. 92, 9)
wird empfohlen, diesem Buche ein Register der
von den Pflichtigen reihenweise geleisteten Hand-
und Spanndienste sowie eine Rechnung über
Einnahmen und Ausgaben des Jagdbezirks,
bei welchen es sich nicht um Gemeinde-, son-
dern um Interessentenvermögen handelt, und
andere laufende Aufzeichnungen als Anhang an-
zuschließen. Für größere Gemeinden wird die
Anlegung eines nach den Einnahme= und Aus-
gabetiteln des Voranschlages geordneten Hand-
buches neben dem Rechnungsbuche und die Füh-
rungeiner Hebeliste als wünschenswert bezeichnet.
Dieselben Vorschriften finden sich im 8 120 Abs.1
Schl HolstLG. vom 4. Juli 1892 (GS. 147) und
C 7 AusfAnw. III vom 25. Juli 1892. Aach
§ 91 Hess Nasso GCO. vom 4. Aug. 1897 (GS.
301) haben die Gemeinden über ihre Ein-
nahmen und Ausgaben nach näherer Vor-
schrift der Aufsichtsbehörde die erforderlichen
Rechnungs= und Kassenbücher zu führen. In
B 7 Ausf Anw. II vom 30. Nov. 1897 ist für
jede Gemeinde die Führung eines G. vorge-
schrieben, in welches alle Einnahmen und Aus-
gaben sofort nach der Vereinnahmung und
erausgabung einzutragen sind. Für größere
Gemeinden sollen hierneben Handbuch und
Hebeliste in derselben Weise wie in den östlichen
Provinzen obligatorisch sein. Für Hohenzollern
bestehen dieselben Vorschriften wie für Hessen-
Aassau (HohenzollGemO. vom 2. Juli 1900 —
GS. 189 — § 94; C7 AusfAnw. II vom 9. Okt.
1900 — Anmtl. Ausg. der Hohenzoll bem O.
S.98). S. Hemeindehaushalt, Gemeinde-
kassen= und Rechnungswesen [(Landg.)),
Gemeinderechnungen (s. auch Landge-
meinden).
Gemeinderecht in den Landgemeinden ist
der Inbegriff der Befugnisse, die den Gemeinde-
angehörigen (s. d.) hinsichtlich der Teilnahme
an den öffentlichen Angelegenheiten der Ge-
meinde zustehen. Es besteht erstens in dem
Stimmrecht in der Gemeindeversammlung, wo
diese nicht durch eine Gemeindevertretung (s. d.
Landg,) ersetzt ist, und in dem Wahlrecht bei
den Gemeindewahlen (s. d. Landg.), wo aber
eine Gemeindevertretung besteht, in dem Wahl-
recht bei der Wahl der Gemeindeverordneten,
und zweitens in der Befähigung zur Bekleidung
unbesoldeter Amter in der Verrbchtung und Ver-
tretung der Gemeinde. S. Gemeinde-(Kom-
munal-Jämter und Gemeindevertretung
Gemeinderechnungsbuch — Gemeinderecht in den Landgemeinden.
(Landg.), sowie Gemeindewahlen (Landg.).
Hiermit entspricht es im wesentlichen dem
Bürgerrecht in den Stadtgemeinden. Im ein-
zelnen weichen seine Voraussetzungen und seine
Gestaltung in den verschiedenen Rechtsgebieten
des preuß. Staates voneinander ab.
I. In den sieben östlichen Provinzen,
in Schleswig-Holstein (LO. 8§§ 41—44),
in Hessen-Aassau (LGO. 8§#§# 11—14) und
in den Hohenzollernschen Landen (Gem).
§8 11—15), wo die Gemeindeangehörigkeit von
dem Wohnsitz in der Gemeinde abhängt (Ein-
wohnergemeinde),wird das G. kraft Gesetzes
von jedem männlichen selbständigen Gemeinde-
angehörigen erworben, der Angehöriger des
Deutschen Reiches ist, die bürgerlichen Ehren-
rechte besitzt, seit einem Jahre (in Hessen-Aassau
und in Hohenzollern seit zwei Jahren) in dem
Gemeindebezirke einen Wohnsitz hat, zeine
Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln
empfängt, die schuldigen Gemeindeabgaben ge-
zahlt hat und außerdem eine der folgenden Be-
dingungen erfüllt: entweder a) ein Wohnhaus
in dem Gemeindebezirke besitzt, oder b) von sei-
nem gesamten innerhalb des Gemeindebezirks
belegenen Grundbesitze zu einem Jahresbetrag
von mindestens 3 M. (in Hohenzollern 2 M.)
an Grund= und Gebäudesteuer veranlagt ist,
oder c) zur Staatseinkommensteuer veranlagt
oder zu den Gemeindeabgaben nach einem
Jahreseinkommen von mindestens 660 M. her-
angezogen wird (in Hessen-êAassau und in Hohen-
zollern zur Staatseinkommensteuer oder zu
einem fingierten Normalsteuersatze von min-
destens 4 Ml. veranlagt ist oder, wenn eine
fingierte Veranlagung nicht erfolgt ist, ein
Einkommen von mehr als 660 Ml. hat). Steht
ein Wohnhaus in geteiltem oder ungeteiltem
Miteigentum mehrerer, so kann das G. auf
Grund dieses Besitzes nur von einem unter
ihnen ausgeübt werden. Falls die Miteigen-
tümer sich über die Person des Berechtigten
nicht einigen können, ist derjenige befugt, das
G. auszuüben, der den größten Anteil besitzt.
Bei gleichen Anteilen wird die Person des
Berechtigten durch das Los bestimmt, welches
durch die Hand des Gemeindevorstehers ge-
zogen wird. In den Fällen, wo ein Wohn-
haus durch Vererbung auf einen anderen über-
geht, kommt den Erben bei Berechnung der
Dauer des einjährigen (zweijährigen) Wohn-
sitzes die Besitzzeit des Erblassers zugute. Die
Ubertragung unter den Lebenden an Verwandte
in absteigender Linie steht der Vererbung gleich.
Steuerzahlungen, Einkommen und Grundbesitz
der Ehefrau werden dem Ehemanne, Steuer-
zahlungen, Einkommen und Grundbesitz der
in elterlicher Gewalt befindlichen Kinder wer-
den dem Vater angerechnet. Als selbständig
wird betrachtet, wer das 24. Lebenssahr voll-
endet hat und einen eigenen Hausstand (s. d.)
besitzt, sofern ihm nicht das Verfügungsrecht
über die Verwaltung seines Vermögens durch
richterlichen Beschluß entzogen ist. Inwiefern
über die Erlangung des G. von dem Gemeinde-
vorsteher eine Urkunde zu erteilen ist, bleibt
statutarischen Anordnungen vorbehalten. Eine
Verleihung des G. kann durch den Gemeinde-
vorsteher im Einverständnis mit der Gemeinde-