Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

626 
deckhen sich die Vorschriften für die Stadtge- 
meinden mit denjenigen für die Landgemein- 
den. Anur findet eine Nachprüfung durch den 
Amtsausschuß in ersteren nicht statt, und die 
Abschrift des Feststellungsbeschlusses ist dem 
Regierungspräsidenten einzureichen. S. vor- 
stehend I; vgl. auch Gemeindehaushalt, 
Gemeindekassen= und Rechnungswesen 
(Landg.), Städtisches Kassen= und Rech- 
nungswesen. 
Gemeinderechnungsbuch. Aach § 120 Abs. 1 
Los. für die sieben östlichen Provinzen vom 
3. Juli 1891 (G. 233) ist über alle Einnahmen 
und Ausgaben der Gemeinde ein nach Vor- 
schrift angelegtes G. zu führen, in welches alle 
Beträge sofort nach der Vereinnahmung und 
Verausgabung einzutragen sind. In C'7 der 
AusfAnw. III vom 29. Dez. 1891 (MBl. 92, 9) 
wird empfohlen, diesem Buche ein Register der 
von den Pflichtigen reihenweise geleisteten Hand- 
und Spanndienste sowie eine Rechnung über 
Einnahmen und Ausgaben des Jagdbezirks, 
bei welchen es sich nicht um Gemeinde-, son- 
dern um Interessentenvermögen handelt, und 
andere laufende Aufzeichnungen als Anhang an- 
zuschließen. Für größere Gemeinden wird die 
Anlegung eines nach den Einnahme= und Aus- 
gabetiteln des Voranschlages geordneten Hand- 
buches neben dem Rechnungsbuche und die Füh- 
rungeiner Hebeliste als wünschenswert bezeichnet. 
Dieselben Vorschriften finden sich im 8 120 Abs.1 
Schl HolstLG. vom 4. Juli 1892 (GS. 147) und 
C 7 AusfAnw. III vom 25. Juli 1892. Aach 
§ 91 Hess Nasso GCO. vom 4. Aug. 1897 (GS. 
301) haben die Gemeinden über ihre Ein- 
nahmen und Ausgaben nach näherer Vor- 
schrift der Aufsichtsbehörde die erforderlichen 
Rechnungs= und Kassenbücher zu führen. In 
B 7 Ausf Anw. II vom 30. Nov. 1897 ist für 
jede Gemeinde die Führung eines G. vorge- 
schrieben, in welches alle Einnahmen und Aus- 
gaben sofort nach der Vereinnahmung und 
erausgabung einzutragen sind. Für größere 
Gemeinden sollen hierneben Handbuch und 
Hebeliste in derselben Weise wie in den östlichen 
Provinzen obligatorisch sein. Für Hohenzollern 
bestehen dieselben Vorschriften wie für Hessen- 
Aassau (HohenzollGemO. vom 2. Juli 1900 — 
GS. 189 — § 94; C7 AusfAnw. II vom 9. Okt. 
1900 — Anmtl. Ausg. der Hohenzoll bem O. 
S.98). S. Hemeindehaushalt, Gemeinde- 
kassen= und Rechnungswesen [(Landg.)), 
Gemeinderechnungen (s. auch Landge- 
meinden). 
Gemeinderecht in den Landgemeinden ist 
der Inbegriff der Befugnisse, die den Gemeinde- 
angehörigen (s. d.) hinsichtlich der Teilnahme 
an den öffentlichen Angelegenheiten der Ge- 
meinde zustehen. Es besteht erstens in dem 
Stimmrecht in der Gemeindeversammlung, wo 
diese nicht durch eine Gemeindevertretung (s. d. 
Landg,) ersetzt ist, und in dem Wahlrecht bei 
den Gemeindewahlen (s. d. Landg.), wo aber 
eine Gemeindevertretung besteht, in dem Wahl- 
recht bei der Wahl der Gemeindeverordneten, 
und zweitens in der Befähigung zur Bekleidung 
unbesoldeter Amter in der Verrbchtung und Ver- 
tretung der Gemeinde. S. Gemeinde-(Kom- 
munal-Jämter und Gemeindevertretung 
  
Gemeinderechnungsbuch — Gemeinderecht in den Landgemeinden. 
(Landg.), sowie Gemeindewahlen (Landg.). 
Hiermit entspricht es im wesentlichen dem 
Bürgerrecht in den Stadtgemeinden. Im ein- 
zelnen weichen seine Voraussetzungen und seine 
Gestaltung in den verschiedenen Rechtsgebieten 
des preuß. Staates voneinander ab. 
I. In den sieben östlichen Provinzen, 
in Schleswig-Holstein (LO. 8§§ 41—44), 
in Hessen-Aassau (LGO. 8§#§# 11—14) und 
in den Hohenzollernschen Landen (Gem). 
§8 11—15), wo die Gemeindeangehörigkeit von 
dem Wohnsitz in der Gemeinde abhängt (Ein- 
wohnergemeinde),wird das G. kraft Gesetzes 
von jedem männlichen selbständigen Gemeinde- 
angehörigen erworben, der Angehöriger des 
Deutschen Reiches ist, die bürgerlichen Ehren- 
rechte besitzt, seit einem Jahre (in Hessen-Aassau 
und in Hohenzollern seit zwei Jahren) in dem 
Gemeindebezirke einen Wohnsitz hat, zeine 
Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln 
empfängt, die schuldigen Gemeindeabgaben ge- 
zahlt hat und außerdem eine der folgenden Be- 
dingungen erfüllt: entweder a) ein Wohnhaus 
in dem Gemeindebezirke besitzt, oder b) von sei- 
nem gesamten innerhalb des Gemeindebezirks 
belegenen Grundbesitze zu einem Jahresbetrag 
von mindestens 3 M. (in Hohenzollern 2 M.) 
an Grund= und Gebäudesteuer veranlagt ist, 
oder c) zur Staatseinkommensteuer veranlagt 
oder zu den Gemeindeabgaben nach einem 
Jahreseinkommen von mindestens 660 M. her- 
angezogen wird (in Hessen-êAassau und in Hohen- 
zollern zur Staatseinkommensteuer oder zu 
einem fingierten Normalsteuersatze von min- 
destens 4 Ml. veranlagt ist oder, wenn eine 
fingierte Veranlagung nicht erfolgt ist, ein 
Einkommen von mehr als 660 Ml. hat). Steht 
ein Wohnhaus in geteiltem oder ungeteiltem 
Miteigentum mehrerer, so kann das G. auf 
Grund dieses Besitzes nur von einem unter 
ihnen ausgeübt werden. Falls die Miteigen- 
tümer sich über die Person des Berechtigten 
nicht einigen können, ist derjenige befugt, das 
G. auszuüben, der den größten Anteil besitzt. 
Bei gleichen Anteilen wird die Person des 
Berechtigten durch das Los bestimmt, welches 
durch die Hand des Gemeindevorstehers ge- 
zogen wird. In den Fällen, wo ein Wohn- 
haus durch Vererbung auf einen anderen über- 
geht, kommt den Erben bei Berechnung der 
Dauer des einjährigen (zweijährigen) Wohn- 
sitzes die Besitzzeit des Erblassers zugute. Die 
Ubertragung unter den Lebenden an Verwandte 
in absteigender Linie steht der Vererbung gleich. 
Steuerzahlungen, Einkommen und Grundbesitz 
der Ehefrau werden dem Ehemanne, Steuer- 
zahlungen, Einkommen und Grundbesitz der 
in elterlicher Gewalt befindlichen Kinder wer- 
den dem Vater angerechnet. Als selbständig 
wird betrachtet, wer das 24. Lebenssahr voll- 
endet hat und einen eigenen Hausstand (s. d.) 
besitzt, sofern ihm nicht das Verfügungsrecht 
über die Verwaltung seines Vermögens durch 
richterlichen Beschluß entzogen ist. Inwiefern 
über die Erlangung des G. von dem Gemeinde- 
vorsteher eine Urkunde zu erteilen ist, bleibt 
statutarischen Anordnungen vorbehalten. Eine 
Verleihung des G. kann durch den Gemeinde- 
vorsteher im Einverständnis mit der Gemeinde-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.