Gemeindestatuten.
Staatsgewalt eingeschränkt und in neuerer
Zeit durch die Städteordnungen geregelt wor-
den ist. Auch den Kandgemeinden kommt die
Befugnis, statutarische Anordnungen zu er-
lassen, nach Maßgabe der LEO. zu. Diese
Befugnis ist aber sowohl durch einzelne StO.
als auch durch die LoO. dahin beschränkt,
daß durch G. keine den Staatsgesetzen (oder
Reichsgesetzen) zuwiderlaufende Bestimmung
getroffen werden darf. G. dürfen hiernach in
den betreffenden Rechtsgebieten nur intra legem
oder praeter legem, aber nicht contra legem
erlassen werden. Sie dürfen ferner nur An-
gelegenheiten der Gemeinde betreffen. Den
Inhalt der G. können daher nur Anordnungen
über die Zusammensetzung und den Wirkungs-
kreis der Gemeindeverwaltungsorgane und
über die Beziehungen zwischen der Gemeinde
und ihren Angehörigen bilden. Dagegen kön-
nen sie über die Rechtsbeziehungen der Ge-
meindeangehörigen zu anderen Verbänden oder
anderen Behörden (z. B. zu der Polizeibehörde)
keine Bestimmung treffen (ogl. O. 16, 50)
und nur für die innerhalb des Gemeindebe-
zirks bestehenden Rechtsverhältnisse maßgebend
sein. Eine Ausnahme hiervon bildet das Orts-
statut einer Stadtgemeinde über die Regelung
der Einquartierungslast, das auch für einen
benachbarten Gutsbezirk Geltung hat, wenn
dessen Besitzer den Anschluß an die Stadtge-
meinde mit dieser vereinbart hat (ogl. G., betr.
Quartierleistung für die bewaffnete Macht, vom
25. Juni 1868 § 7 letzter Abs.). G. können
auch für einzelne Teile von Gemeindebezirken
erlassen werden, wie z. B. Ortsstatuten über
den Ausschluß gewisser gewerblicher Anlagen
von bestimmten Ortsteilen gemäß Gew. 23,
und über die Einführung des Schlachthaus-
zwanges, der Fleischbeschau usw. für Teile des
Gemeidebezirks gemäß 88§ 1 u. 2 der G. vom
18. März 1868 und 9. Aüärz 1881. Strafen
Rkönnen für den Fall der Ubertretung orts-
statutarischer Vorschriften durch das Ortsstatut
selbst nicht angedroht werden, dies kann nur
durch eine Polizeiverordnung geschehen (OV.
3, 286). — Zum Erlaß von G. bedarf es eines
übereinstimmenden Beschlusses des Gemeinde-
vorstandes und der Gemeindevertretung sowie
der Bestätigung der Aufsichtsbehörde, die hier-
bei für Städte der BezA. (in Berlin gemäß
LVG. 8 43 der Oberpräsident), für Land-
gemeinden der Kr A. (in Hohenzollern Amts-
ausschuß) ist. Diese Behörden #önnen nur die
Bestätigung erteilen oder versagen, aber nicht
die Bestimmungen des G. ändern. Selbst-
verständlich dürfen sie aber bei Verfagung
der Bestätigung angeben, von welchen Ande-
rungen des G. sie die Erteilung der Bestätigung
abhängig machen wollen. — Rechtswirk-
sam werden die G. mit dem Tage der Bestä-
tigung, sofern nicht in ihnen ein späterer Zeit-
punkt hierfür vorgesehen ist. Besondere Vor-
schriften gelten für die auf dem Gebiete des
Gemeindeabgabenwesens erlassenen G. (Steuer-
ordnungen, Gebührenordnungen usw.).
(insbesondere Steuerordnungen) dürfen sich
selbst rüchwirkende Kraft beilegen, indem sie
estimmen, von welchem Zeitpunkte ab Ereig-
nisse, die in der Vergangenheit liegen, ihren
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Vorschriften unterliegen sollen (OV#G. 28, 80;
32, 45). Ob sie zur Rechtswirksamkeit einer
öffentlichen Bekanntmachung bedürfen, ist strei-
tig. Das O. hält eine solche nicht für er-
forderlich (OV. 17, 210; 25, 17; Pr Vl. 21,
267), sofern sie nicht für bestimmte Fälle aus-
drüchlich gesetzlich (wie für Ortsstatute, die
gemäß § 12 des Straßenfluchtliniengesetzes vom
2. Juli 1875 erlassen werden) oder in dem Orts-
statute selbst vorgeschrieben ist. — Die Fälle, in
denen der Erlaß von G. in solchen Gemeinde-
angelegenheiten, die nicht (wie das Kommunal-=
abgabenwesen, die Anlegung von Straßen usw.)
durch besondere Gesetze geregelt sind, gesetzlich
zulässig oder notwendig ist, sind auf den ein-
zelnen Rechtsgebieten besonders bestimmt und
für Stadt= und Landgemeinden nicht einheit-
lich geregelt.
II. Für Stadtgemeinden ist die Abfas-
sung von Ortsstatuten durch ausdrückliche ge-
setzliche Vorschrift als notwendig nur in der
Prov. Schleswig-Holstein vorgeschrieben,
in der Prov. Hannover ist sie in der St.
als Regel vorausgesetzt. In Schleswig-
Holstein soll nämlich nach der dortigen StO.
vom 14. April 1869 (§§ 17, 18) für jede einzelne
Stadt ein besonderes Ortsstatut abgefaßt wer-
den, das die nötigen Festsetzungen über alle
Bunbte enthalten muß, für welche nach der
tO. nähere statutarische Bestimmungen er-
forderlich sind. Uber andere die städtische Ver-
fassung und Verwaltung betreffenden Punkte,
hinsichtlich deren die StO. Verschiedenheiten
gestattet oder keine ausdrüchlichen Bestimmun-
gen enthält, Kkann das Statut solche Festsetzun-
gen treffen, die den bestehenden Gesetzen nicht
widersprechen. Es ist durch gemeinschaftlichen
Beschluß beider städtischen Kollegien festzu-
stellen und bedarf der Bestätigung des Bez.
(36G. 8 16). Das gleiche gilt für seine spätere
Abänderung. In ““n* regelt nach der
dortigen StO. vom 24. Juni 1858 (§88 1—3)
das Ortsstatut jeder Stadt die Gegenstände,
über welche die St O. besondere Bestimmung
offen läßt. Es darf aber der St. nicht wider-
sprechen und bedarf ebenfalls der Genehmigung
des BezuA. (3G. § 16). In den übrigen Pro-
vinzen steht der Erlaß von Ortsstatuten in dem
Belieben jeder Stadt. Aach der St. für die
östlichen Provinzen vom 30. Mai 1853
8 11), und für Westfalen vom 19. März 1856
(§ 11) ist jede Stadt befugt, besondere statuta-
rische Anordnungen zu treffen: 1. über solche
Angelegenheiten der Stadtgemeinde, sowie über
solche Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder,
hinsichtlich deren die StO. Verschiedenheiten
gestattet oder keine ausdrücklichen Bestim-
mungen enthält; 2. über sonstige eigentümliche
Verhältnisse und Einrichtungen, insbesondere
hinsichtlich der den gewerblichen Genossenschaf-
ten bei Einteilung der stimmfähigen Bürger und
bei Bildung von Wahlversammlungen und der
städtischen Vertretung zu L#ewährenden angemes-
senen Berüchsichtigung. Diese Anordnungen be-
G. dürfen der Genehmigung des Bez. (Z. 8 16).
Die St O. für die beinprovinz vom 15. Mai
1856 (§ 10) erstrecht die Befugnis der Stadtge-
meinden auf den Erlaß solcher Anordnungen,
die den bestehenden Gesetzen nicht widersprechen.