Gemeindewahlen in Landgemeinden.
wird, die nach Wahlabteilungen (s. Drei—
klassenwahlsystem) und gegebenenfalls auch
nach Wahlbezirken (s. o. 0) eingeteilt ist. Diese
Wählerliste wird in dem Zeitraum vom 15. bis
30. Jan. jeden Jahres in einem vorher zur
öffentlichen Kenntnis zu bringenden Raume
ausgelegt. Während dieser Zeit kann jeder
Stimmberechtigte gegen die Richtigkeit der
Liste bei dem Gemeindevorsteher Einspruch er-
heben. Auf den Einspruch hat der Gemeinde-
vorsteher, wo aber eine Gemeindevertretung
besteht, diese zu beschließen. Gegen den Be-
schluß findet die Klage im Verwaltungsstreit-
verfahren statt, die auch dem Gemeindevor-
steher zusteht, wenn der Beschluß von der Ge-
meindevertretung gefaßt worden ist (L .
§§ 66, 67 bzw. 37). oll der Name eines
einmal in die Liste Aufgenommenen wieder
gelöscht werden, so ist ihm dies unter Angabe
der Gründe acht Tage vorher durch den Ge-
meindevorsteher (Bürgermeister) mitzuteilen.
Ohne rechtzeitigen und formgerechten Einspruch
darf eine Berichtigung der bereits ausgelegien
Wählerliste nicht angeordnet werden (O##.
45, 131). Ist die Liste nach Erledigung der
Einsprüche festgestellt, so findet eine noch-
malige Auslegung nicht statt (O###. 36, 180).
Sie bildet dann die unabänderliche Grund-
lage für die Vornahme der Wahlen. Ihre
Eintragungen sind hierfür, auch wenn sie un-
richtig sind, derart maßgebend, daß einge-
tragene Personen, auch wenn sie das Stimm-
recht inzwischen verloren haben, wahlberechtigt
sind und daß Unrichtigkeit der Liste, sofern
sie nicht erst durch die vermeintliche Berichti-
gung der Liste selbst bewirkt worden sind, bei
späterer Anfechtung der Wahl zu deren Be-
gründung nicht mehr geltend gemacht werden
können (OV#. 31, 8; 34, 158). Durch die
Wählerliste soll der Kreis der Wahlberechtigten
und das Maß ihrer Berechtigung nicht nur
für die nächste Wahl, sondern für den ganzen
Zeitraum bis zur nächsten Auslegung der Liste
festgestellt werden (OV. 36, 188). Die Ein-
sicht in die offengelegte Liste darf den Stimm-
berechtigten nicht verweigert werden. Eine
Abschrift der Liste oder deren Uberlassung zur
Anfertigung einer Abschrift dürfen sie nicht
verlangen. Wohl aber muß ihnen gestattet
werden, über das Ergebnis ihrer Einsicht-
nahme sich Aufzeichnungen zu machen, soweit
hierdurch nicht die Rechte anderer Personen
auf Einsichtnahme beeinträchtigt werden. Auch
darf der Einsichtnahme nichts von dem vor-
enthalten werden, was die Liste enthalten soll,
besonders nicht die Eintragung der Steuer-
beträge, von denen die Einteilung der Liste
abhängt (OV. 27 S. 16 u. 21). Es soll aber
bei sedem Wähler nur der Gesamtbetrag der
von ihm zu zahlenden Steuern (nicht die Be-
träge der einzelnen Steuerarten) in die Liste
eingetragen werden (Erl. vom 1. Sept. 1902
— A. —R. 175). Von der Eintragung in die
Liste ist nur das aktive Wahlrecht, aber nicht
die Wählbarkeit abhängig (O#. 31, 110;
34, 153). — Die regelmäßigen Ergänzungs-
wahlen (s. o. e) finden alle zwei Jahre im
März statt. Sie werden, ebenso wie die außer-
gewöhnlichen Ersatzwahlen für einzelne aus-
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geschiedene Gemeindeverordnete von densel-
ben Abteilungen vorgenommen, von denen
der Auzgeschiedene Fewählt worden war.
Die Verbindung von Ergänzungs= und Ersatz-
wahlen in einer Wahlhandlung ist unzulässig
(OB. 45, 136). Die Wahlen der dritten Ab-
teilung erfolgen stets zuerst, die der ersten
zuletzt. Eine Woche (spätestens am 7. Tage)
vor dem Wahltage (ogl. O#. 25, 110)
werden die in der Wählerliste verzeichneten
Wähler mittels ortsüblicher Bekanntmachun
durch den Gemeindevorsteher Gürgermeiste
zu den Wahlen berufen. Die Bekanntmachung
muß den Raum, den Tag und die Stunden
(oder die Stunde; OW. 19, 7), in welchen
die Stimmen bei dem Wahlvorstande abzu-
geben sind, genau bezeichnen. Die Bestim-
mung einer gänzlich ungeeigneten Zeit (Mitter-
nacht) oder eines völlig unzureichenden Wahl-
raumes kann unter Umständen eine derartige
Verkümmerung des Wahlrechts zur Jolge
haben, daß die Wahl demnächst für ungültig
erklärt werden muß (O##. 25, 7; 26, 125;
27, 24). — Der Wahlvorstand besteht in
jedem Wahlbezirke aus dem Gemeindevor-
steher (Bürgermei#ster) oder einem von ihm zu
seinem Stellvertreter ernannten Schöffen als
Vorsitzenden und zwei von der Wahlversamm-
lung (d. h. den bei Beginn der Wahl an-
wesenden Wählern) gewählten Beisitzern. Die
Lo#. für Hessen-Nassau und für Hohenzollern
(§ 31) bestimmen noch, daß der Vorsitzende
einen der Beisitzer zum Schriftführer zu er-
nennen hat. — Die Mablhandlung felöst
geht in der Weise vor sich, daß jeder Wähler
dem Wahlvorstande mündlich erklärt, wem
er seine Stimme geben will, und daß dann
diese Stimmabgabe in das Wahlprotokoll
ausgenommen wird. Der Wähler hat so viele
Personen zu bezeichnen, als zu wählen sind.
Gelangt der Wahlvorstand bei pflichtmäßiger
Prüfung zu der Uberzeugung, daß ein Wähler
wegen seines geistigen Zustands (Trunkenheit,
Geisteskrankheit) zur Stimmabgabe unfähig
ist, so darf er ihm die Zulassung zur Stimm-
abgabe versagen (O#. 34, 154). AUber die
ulässigkeit einer Stellvertretung bei der
timmabgabe s. Gemeindestimmrecht
und Gemeindewahlrecht (Landg.) II. Ge-
wählt sind diesenigen, welche bei der ersten
Abstimmung die meisten Stimmen und zu-
gleich mehr als die Hälfte der abgegebenen
Stimmen (vgl. O. 19, 21) erhalten haben.
Hat sich eine solche Stimmenmehrheit nicht er-
geben, so muß eine engere Wahl stattfinden.
Zu diesem Zweck werden von denjenigen Per-
sonen, welche die meisten Stimmen erhalten
haben, so viele auf die engere Wahl gebracht,
daß die doppelte Anzahl der noch zu wählen-
den Mitglieder der Gemeindevertretung er-
reicht wird. Bei dieser zweiten Wahl ist die
unbedingte Stimmenmehrheit erforderlich. Bei
Stimmengleichheit entscheidet das Los. Die
engere Wahl darf nicht im unmittelbaren An-
schluß an die erste Wahl stattfinden, da sich
bei ihr auch solche Wähler beteiligen dürfen,
die bei der ersten Wahl nicht mitgestimmt
haben (OV. 20, 21). Vielmehr sind die
Wähler zu der engeren Wahl durch eine das