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geachtet, wenn ein Beamter (8§ 359 das.) eine
amtliche Versicherung unter Berufung auf
seinen Diensteid abgibt. Unter einer „amtlichen“
Versicherung ist eine solche zu verstehen, die
einen Gegenstand der amtlichen Tätigkeit be-
trifft. Ob sie mündlich oder schriftlich abgegeben
wird, ist gleichgültig. S. im übrigen unter
Vereidigung.
Amtsentsetzung s. Disziplinarver-=
fahren.
Amtsgerichte. I. Die A. üben als Gerichte
erster Instanz neben und unter den Land-
gerichten die ordentliche streitige und die
berlige Gerichtsbarkeit aus (GVb.
8 12; FGG. 88 1ff.; GBO. 88 72, 79). Ihre
Sitze und Bezirke können seit dem 1. Okt. 1882
nur noch durch Gesetz verändert werden, jedoch
ziehen Veränderungen solcher Gemeinde= oder
Gutsbezirksgrenzen, welche zugleich die Grenzen
von Amtsgerichtsbezirken bilden, von selbsft
die Veränderung der letzteren Grenzen nach
sich (AG zum GV. vom 24. April 1878 —
GS. 230 — 821). Jede solche Bezirksveränderung
ist deshalb unverzüglich nach ihrer endgültigen
eststellung dem Präsidenten des zuständigen
Landgerichts mitzuteilen, damit er rechtzeitig
die erforderlichen Anordnungen treffen hann
(ME. vom 2. Juli 1889 — I. 127). Den A.
stehen Einzelrichter vor. Ist ein A. mit mehreren
Richtern besetzt, so erledigt gleichwohl jeder
Amtsrichter die ihm obliegenden Geschäfte als
Einzelrichter (G.G. § 22).
II. In dem letzteren Falle werden die Ge-
schäfte nach örtlich abgegrenzten Be-
zirken oder, wenn das Interesse der Rechts-
pflege dies erfordert, nach Gattungen oder
nach Gattungen und Bezirken verteilt. Die
Verteilung erfolgt durch das Präsidium des
Landgerichts im voraus auf die Dauer eines
Geschäftsjahres nach den vom JM. (Allg Vf.
vom 21. Juli 1879 und vom 29. Mai 1885 —
I#l.# 1879 S. 198, 212; 1885, 174) fest-
estellten Grundsätzen. Die Eültigkeit der
andlung eines Amtsrichters wird dadurch
nicht berührt, daß die Handlung nach der
Geschäftsverteilung von einem der anderen
Amtsrichter wahrzunehmen gewesen wäre (AG.
um Eb. 8 23; vgl. jedoch wegen einer
usnahme bei der Entgegennahme von An-
trägen oder Ersuchen auf Eintragungen in
das Grundbuch den Art. 4 AG. zur GEBO. vom
26. Sept. 18999 — GS. 307); die Geschäfts-
verteilung ist also lediglich eine innere An-
gelegenheit der Behörde. Miehrere Richter des-
selben A. vertreten sich wechselleitig in der
durch das Präsidium des Landgerichts im
voraus bestimmten BReihenfolge. Die Ver-
tretung der Amtsrichter durch Richter benach-
barter A. kann von der Justizverwaltung im
voraus angeordnet werden. Eine solche An-
ordnung muß erfolgen bei A., welche nur mit
einem Richter besetzt sind (AG. z. GVG. 8 24
Abs. 2; weitere Bestimmungen über die Ver—
tretung finden sich im Satz 2 und Abs. 3 das.
und Pr FG. Art. 130 NAr. IV, sowie in den
Allg Vf. vom 10. Sept. 1879 und 22. Dez. 1893
— Illl Bl. 1879, 340; 1893, 361).
III. Zustän digkeit der A. A. In bür-
gerlichen Rechtsstreitigkeiten gehören
Amtsentsetzung — Amtzgerichte.
vor die A.: 1. Die Streitigkeiten über alle ver-
mögensrechtlichen Ansprüche, deren Gegenstand
an Geld oder Geldeswert die Summe von 300 M.
nicht übersteigt, soweit sie nicht ohne Rüchsicht
auf den Wert des Streitgegenstandes den
Landgerichten ausschließlich zugewiesen sind,
und 2. ohne Rüchksicht auf den Wert des Streit-
gegenstandes eine Anzahl einzeln bezeichneter
Angelegenheiten, so besonders die Streitigkeiten
zwischen Vermieter und Mlieter, zwischen Dienst-
herrschaft und Gesinde und wegen Viehmängel
und Wildschadens, soweit die letzteren nicht den
Verwaltungsgerichten zugewiesen sind (Wild-
schadengesetz vom 11. Juli 1891 - GS. 307 — 810);
die Ansprüche aus einem außerehelichen Bei—
schlafe, das Aufgebotsverfahren (GVG. 8 23),
Entmündigungsbeschlüsse und deren Wieder—
aufhebung, wenn diese im Wege des Beschlusses
erfolgt (3P. 8§§ 645, 675, 676, 680, 685), das
Sühneverfahren in Ehesachen (ZPO. 8 609).
das Mahnverfahren (ZPO. 8 689), die den
Gerichten zugewiesene Anordnung von Zwangs-
vollstrechungshandlungen und Mitwirkung
bei solchen (ZP. 88 764, 828, 848, 899; ZV.
vom 24. März 1897/20. Mai 1898 — RögBl.
1897, 97; 1898, 713 — 88§ 1, 146, 163, 171,
172, 176, 180; EGBGB. Art. 53, 54, 67, 109)
und neben dem Gerichte der Hauptsache die
Anordnung von Arresten und in dringenden
Fällen der Erlaß einstweiliger Verfügungen
9## §§ 919, 942; BöEB. 88 230 Abs. 3, 1134
bs. 2). B. In Strafsachen ist der Amts-
richter für eine Reihe von einzelnen Verrich-
tungen, namentlich im Vorverfahren, zuständig,
z. B. für den Erlaß des Haftbefehls vor Er-
hebung der öffentlichen Klage (St PO. 88§ 125,
126), die erste Vernehmung eines Festgenom-
menen (§8 128, 129, 132), die Vornahme rich-
terlicher Untersuchungshandlungen im vor-
bereitenden Verfahren (88 160, 163, 164) und
die Erledigung von Ersuchen um Rechthilfe
(6V6. 8 158; St PO. 8§ 183, 184 Abf. 3, 222,
232), die Eröffnung des Hauptverfahrens vor
dem Schöffengerichte (§8 197, 207) und den
Erlaß von Strafbefehlen (88 447 ff.). Ferner
kann einem Anmtsrichter, welcher nicht mit
dem Untersuchungsrichter denselben Amtssttz
hat, die Führung einer Voruntersuchung über-
tragen werden (§8 183, 184 Abs. 2) und hat
er für diejenigen Sachen, in welchen das A.
(Schöffengericht) in erster Instanz erkannt hat,
und in Forstdiebstahlssachen die Strafvoll-
streckung (St pO. 8§ 483 Abs. 3; Allg Vf. vom
14. Aug. 1879 — JIll l. 237 — Mr. I Forst-
diebstahlsgesetz vom 15. April 1878 — GC6
222 — § 33). Die Verhandlung und Ent-
scheidung in Strafsachen liegt den A. ohne
Zuziehung von Schöffen ob a) im Falle der
Vorführung des Beschuldigten, wenn er nur
wegen Ubertretung verfolgt wird und die ihm
zur Last gelegte Tat eingesteht, auch d
Staatsanwaltschaft zustimmt (StPO. 8 21
Abs. 2); b) in einfachen Forstdiebstahlsfachen
EG. z. Sth. g 3 Abs. 3; Vorstdiebstahlsgeses
8 19 Äbf. h und o) soweit fie als Rheinschiff-
fahrts= und Elbzollgerichte tätig sind. Wege
der Zuständigheit der Schöffengerichte s. U
C. Die A. sind ferner zuständig für das Kon-
Rkursverfahren (8KO. 8 71; Genossenschafts