Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gemeindewahlen in Landgemeinden. 
vorgenommen, von denen die Ausgeschiedenen 
gewählt waren. Ist die Zahl der zu wählen- 
den Gemeindeverordneten nicht durch 3 teil- 
bar, so ist, wenn nur einer übrigbleibt, dieser 
von der zweiten Abteilung zu wählen. Bleiben 
zwei übrig, so wählt die erste Abteilung den 
einen und die dritte Abteilung den anderen. 
Der Wahltermin ist vier Wochen vorher in 
ortsüblicher Weise bekanntzumachen. Zugleich 
ist ein Verzeichnis der Stimmberechtigten zur 
Einsicht der Beteiligten auszulegen. Uber 
Einsprüche gegen dieses Verzeichnis muß vor 
der Wahl entschieden werden (ebenso wie in 
den östlichen Provinzen). Die Wahlhandlung 
wird dadurch, daß nachher eine solche Ab- 
änderung des Verzeichnisses verfügt wird, 
durch welche der Gewählte die absolute Stim- 
menmehrheit verliert, nicht ungültig. Eine 
nochmalige Auslegung der berichtigten Liste 
findet nicht statt (OVG. 36, 118). — Bei der 
Wahl hat jeder Wähler den Wahlvorsteher 
mündlich und vernehmlich zu Protokoll zu 
erklären, wem er seine Stimme geben will. 
Er hat so viel Personen zu bezeichnen, als zu 
wählen sind. Als gewählt ist derjenige zu 
betrachten, der die absolute Stimmenmehrheit 
für sich hat. Wo diese fehlt, sind von den- 
jenigen Kandidaten, welche die meisten Stim- 
men für sich haben, so viele auf die engere 
Wahl zu bringen, als die doppelte Zahl der 
noch zu Wählenden beträgt. Bei der zweiten 
Wahl ist die absolute Stimmenmehrheit nicht 
erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet 
das Los. Das Ergebnis der Wahl ist sofort 
bekanntzumachen. Durch ein Gemeindestatut 
Können nähere oder abweichende Bestim- 
mungen über das Wahlverfahren getroffen 
werden. — Auf Beschwerden und Einsprüche, 
betreffend das Gemeindewahlrecht, die Wähl- 
barkeit, die Ausübung des Stimmrechts durch 
einen Dritten, über die Richtigkeit der Wähler- 
liste und über die Gültigkeit der Wahlen be- 
schließt auch hier die Gemeindevertretung und, 
wo eine solche nicht besteht, der Gemeindevor- 
stand. Gegen die Beschlüsse findet innerhalb 
zwei Wochen die Klage im Verwaltungsstreit- 
verfahren statt, die, wenn der Beschluß von der 
Gemeindeversammlung gefaßt ist, auch dem Ge- 
meindevorsteher und außerdem hier auch dem 
Amtmanne zusteht. Hinsichtlich ihrer Wirkung 
gilt dasselbe, wie in den ersterwähnten Pro- 
vinzen (3G. 8§§ 27, 28, 37), ebenso hinsichtlich 
der Gründe für die Ungültigkeit der Wahlen. 
3 der Rheinprovinz (Gem. 88 53—58; 
Kr O. § 29; G. vom 15. Mai 1856 Art. 14) ist 
der Wahltermin ebenfalls vier Wochen vor- 
her in ortsüblicher Weise bekanntzumachen. 
Die Wahlberechtigten müssen persönlich er- 
scheinen. Die Ausgebliebenen sind an die Be- 
schlüsse der Anwesenden gebunden und zur 
Einsendung schriftlicher Abstimmungen nicht 
befugt. Stimmenthaltung gilt dem Ausbleiben 
gleich. Die Wahl erfolgt unter Leitung des 
Bürgermeisters im Beistand zweier von der 
ahlversammlung zu bestimmender Skruta- 
toren. Der Bürgermeister kann sich durch den 
Gemeindevorsteher vertreten lassen. Die Zu- 
ziehung eines Protokollführers ist nicht un- 
statthaft (OV#. 38, 20). Jeder Wähler muß 
  
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mündlich und laut zu Protokoll erklären, 
wem er seine Stimme geben will. Er hat 
so viele Personen zu bezeichnen, als zu wählen 
sind. Als erwählt ist derjenige anzusehen, der 
die absolute Stimmenmehrheit für sich hat. 
Ergibt sich eine solche nicht, so sind von den- 
jenigen Kandidaten, welche die meisten Stimmen 
für sich haben, so viele auf die engere Wahl 
zu bringen, als die doppelte Zahl der zu 
ählenden beträgt. Wird auch hierbei nach 
zweimaligen Versuchen Reine absolute Mehr- 
heit erreicht, so entscheidet das Los. Diese 
Stichwahl muß sich unmittelbar an die erste 
Wahl anschließen (OV. 4, 134). Fallen die 
meisten Stimmen in gleicher Zahl auf mehr 
Kandidaten, so ist unter ihnen zunächst eine 
Vorwahl zu veranstalten, bei welcher die 
relative Mehrheit entscheidet. Ergibt die Vor- 
wahl Rein Resultat, so entscheidet unter denen, 
welche von ihr gleich viel Stimmen bekommen 
haben, das Los darüber, welche Kandidaten 
auf die engere Wahl zu bringen sind. Hin- 
sichtlich der Einsprüche, ihrer Wirkung und 
der weiteren Rechtsmittel gilt hier dasselbe 
wie in Westfalen (s. o.), doch tritt an die Stelle 
des Gemeindevorstehers hier überall der Bürger- 
meister. 
g) In der Prov. Hannover (LGO. 88 47, 
53—55; MBek. vom 28. April 1859 88§ 23, 24) 
werden die Mitglieder der dort Gemeindeaus- 
schuß oder Gemeinderat genannten Gemeinde- 
vertretung von den Stimmberechtigten ge- 
wählt. Wählbar sind dielenigen Stimmberech- 
tigten, welche die für das Stimmrecht Aicht- 
ansässiger erforderlichen Eigenschaften besitzen 
und zur Bekleidung öffentlicher Amter ge- 
setzlich nicht unfähig sind (LGO. 8§ 25). ie 
Wahl soll in der Regel nach Abteilungen ge- 
schehen, für welche die in der Gemeinde be- 
stehenden Stimmrechtsklassen als Anhalt dienen, 
und zwar in der Weise, daß das Stimmver-- 
hältnis im Ausschusse dem in der Gemeinde 
bestehenden tunlichst entspricht. Zu diesem 
Zwecke muß die Zahl der zu wählenden Ge- 
meindeausschußmitglieder auf die verschiedenen 
Hauptklassen der Stimmberechtigten angemessen 
verteilt werden. Auch kann die Gemeinde, wo 
örtliche Verhältnisse es erfordern, in Wahl- 
bezirke geteilt werden, von denen jeder für 
sich eine angemessene Zahl der Ausschußmit- 
glieder wählt. Als gewählt gilt derzjenige, 
der die meisten Stimmen erhalten hat, wenn 
diese auch nicht die Hälfte überschreiten (rela- 
tive Mehrheit). Bei Stimmengleichheit ist die 
Abstimmung zu wiederholen. Wird auch da- 
durch Mehrheit nicht erlangt, so entscheidet 
das Los. Die Abstimmung muß auch dann 
wiederholt werden, wenn der, welcher die 
meisten Stimmen hat, nicht ein Drittel aller 
Stimmen in sich vereinigt. Bei der wieder- 
holten Abstimmung entscheidet dann unbedingt 
die relative Mehrheit oder das Los. — Hin- 
sichtlich der Beschlußfassung über die Gültig- 
keit der Wahlen und ihre Anfechtung gelten 
dieselben Vorschriften wie in den anderen Pro- 
vinzen (3G. 88 27, 28, 37). 
III. Wahl der Gemeindebeamten. 
a) In den sieben östlichen Provinzen 
und in Schleswig-Holstein (LGO. 8§ 75
	        
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