Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

658 Gemeinheitsteilungen u. Grundstüchszusammenlegungen in den landrechtl. Provinzen. 
dem Zweche der Auseinandersetzung hinderlich 
sind, also auch diejenigen, welche nicht selb- 
ständig ablösbar sind, so kann bei den aus 
einer Gem T. herrührenden Abfindungen ver- 
mutet werden, daß sie von allen derartigen 
Belastungen frei sind. Im übrigen tritt die 
Entschädigung, die jeder Teilnehmer durch 
die Auseinandersetzung erhält, rechtlich an die 
Stelle der Grundstücke oder Berechti- 
gungen; für die sie gewährt ist, sie ist deren 
urrogat. Bei den im Grundbuch auf den 
zum Auseinandersetzungsverfahren gezogenen 
Grundstücken oder Berechtigungen eingetrage- 
nen hypothekarischen Belastungen entstehen die- 
serhalb keine Schwierigkheiten, wenn Landabfin- 
dung gewährt wird; tritt aber Entschädigung 
durch Kapital oder Rente ein, so muß Vor- 
sorge getroffen werden, daß diese nicht den 
Gläubigern und sonstigen dinglich Berechtigten 
durch Auszahlung entzogen wird. Zu dem 
Zwecke sind besondere eingehende Bestimmun- 
gen über das sog. Verwendungsverfahren 
gegeben (Gem TO. 8§§ 141 ff.; AblO. vom 
7. Juni 1821 — GS. 77 — 5 38; G. vom 
29. Juni 1835 — GS. 135; Abl?S. vom 2. März 
1850 § 110; Ergänzungsgesetz vom 2. März 1850 
Art. 15; ALR. I, 20 88 460 ff.; AG. z. GB0O. 
Art. 20; EGBGB. Art. 118; AG. z. BGB. Art. 88; 
V. vom 30. Juni 1834 — GS. 96 — 8 59). 
Das Eigentum oder erbliche Autzungsrecht 
an Abfindungsstücken geht schon vor der Be— 
stätigung des über die Auseinandersetzung 
aufzunehmenden Rezesses mit der Ausführung 
des endgültig festgestellten Auseinandersetzungs- 
planes auf die Besitznehmer über, und ebenso 
kann schon vor der Rezeßbestätigung das 
Grundbuch auf Grund eines von der General- 
kommission auf Antrag auszustellenden „Plan- 
überweisungsattestes“ berichtigt werden. Vor- 
aussetzung für dieses ist aber, daß das Grund- 
steuerkataster bereits fortgeschrieben ist; vor 
diesem Zeitpunkte pflegen die Generalkom- 
missionen durch Ausstellung von „Abfindungs- 
bescheinigungen“ einen grundbuchmäßigen Ver- 
kehr über die neuen Planstücke zu ermöglichen 
(G. vom 26. Juni 1875 — EGS. 325). 
6. Einführung neuer Gemeinheiten. 
Aeue Gemeinheiten, deren Aufhebung die 
Gem TO. und das Ergänzungsgesetz bezwecken, 
können seit Erlaß dieser Gesetze nur noch 
durch schriftlichen Vertrag errichtet, dann aber 
auch nach den Regeln der Gem T. abgelöst 
werden. Erwerb durch Verjährung ist also 
ausgeschlossen. Durch G. vom 31. März 1841 
(GS.75) sind aber für den vor Erlaß der 
Gem TO. angefangenen Besitz erleichternde 
Ubergangsbestimmungen getroffen. Wo es an 
einer Eintragung im Grundbuch oder einem 
sicheren Urkundenbeweis fehlt, ist hiernach der 
Beweis für das Bestehen einer bestrittenen ablös- 
baren Grundgerechtigkeit Kaum noch zu erbrin- 
gen. Gemeinschaftliches Eigentum kann zwar 
nach wie vor entstehen; das nach Erlaß der 
Gem TO. entstandene kann aber nicht durch 
die Auseinandersetzun Ssbehörde, sondern nur 
nach den allgemeinen Regeln über die Teilung 
gemeinschaftlichen Eigentums, also durch den 
ordentlichen Richter, aufgelöst werden (Gem- 
TO. 8§ 164, 165; Ergänzungsgesetz Art. 12). 
  
  
7. Einschränkungbestehender Gemein- 
heiten. Nach dem Landeskulturedikt vom 
14. Sept. 1811 (GS. 300) § 10 sollten die 
kulturschädlichen Gemeinheiten, soweit sie nicht 
zum Besten der Landkultur mit einem Male 
aufgehoben werden konnten, nach und nach 
gelöst und hierfür zunächst in die gesetzlichen 
Schranken gewiesen werden. Demgemäß gibt 
die Gem TO. in den §§ 166—191 eingehende 
Vorschriften über eine Festsetzung der Dienst- 
barkeitsrechte auf ein bestimmtes Maß, sowie 
über die Zulässigkeit der Einführung einer 
Autzungsordnung, die Ausweisung eines „hut- 
freien Drittels“ u. dgl. m. Diese Vorschriften 
haben, nachdem im Laufe der Jahre der über- 
wiegend größte Teil der Gemeinheiten beseitigt 
ist, Kaum noch praktische Bedeutung. 
Zusammenlegung. Die bloß ver- 
mengte Lage der Grundstücke ohne gemein- 
schaftliche Benutzung begründete keine Aus- 
einandersetzung nach der Gem TO. Wenn nun 
auch nach dieser eine Aufhebung einzelner ge- 
meinschaftlicher Berechtigungen gegen Abfin- 
dung in Kapital oder Rente stattfinden konnte, 
so ergab sich doch bald die Verbindung einer 
zwechmäßigen Grundstüchszusammenlegung mit 
der Gem T. als Regel. Mit der höheren Ent- 
wichlung der Landwirtschaft wurde die Zu- 
sammenlegung sogar meistens Hauptzweck des 
Verfahrens, und um dieses auch bei Grund- 
stüchen zu ermöglichen, welche einer gemein- 
schaftlichen Bemutzung nicht unterliegen, erging 
das G. vom 2. April 1872 (GS. 329). Danach 
findet die wirtschaftliche Zusammenlegung der 
in vermengter Lage befindlichen Grundstücke 
verschiedener Eigentümer einer Feldmark oder 
— unter bestimmten Umständen — eines durch 
natürliche Begrenzung oder besondere Bewirt- 
schaftung als Feldabschnitt kenntlich werdenden 
Teiles einer Feldmark auf den Antrag von 
mehr als der Hälfte — nach Größe und Rein- 
ertrag berechnet — der betroffenen Grund- 
stüchseigentümer statt, wenn sie durch Beschluß 
der Kreisversammlung nach Begutachtung durch 
die Kreisvermittlungsbehörde mit Büchsicht 
auf die davon zu erwartende erhebliche Ber- 
besserung der Landeskultur für zulässig er- 
klärt wird. Der „Umlegungsbezirk"“", inner- 
halb dessen die wirtschaftliche Zusammenlegung 
vorgenommen werden soll, ist vor der Beschluß- 
fassung des Kreistages durch die Auseinander- 
setzungsbehörde festzustellen. Jene Beschluß- 
fassung unterbleibt, wenn alle beteiligten Grund- 
besitzer des festgestellten Umlegungsbezirks mit 
der Umlegung ausdrücklich — nicht etwa nur 
auf Versäumnis hin — einverstanden sind. 
Die Entscheidung über die Zulässigkeit des 
Verfahrens ist also der Auseinandersetzungs- 
behörde, trotzdem sie doch die sachverständige 
und dazu eine unabhängige Behörde ist, ent- 
zogen und in die Hand des Kreistags gelegt. 
Bei der Zusammenlegung Rkommen im allge- 
meinen dieselben Vorschriften wie bei den Gem T. 
zur Anwendung, insbesondere müssen auch die 
auf den zur Umlegung Rkommenden Grund- 
stücken etwa haftenden Grundgerechtigkeiten 
mit zur Aufhebung gebracht werden. Gebäude, 
Hoflagen, Hausgärten, Kunstwiesen, Parkan- 
lagen und solche Anlagen, deren Hauptbestim-
	        
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